Turnover-Immobilien – eine neue Anlageklasse


Immobilienanlagen sind in den europäischen Kernländern gefragt wie seit langem nicht mehr. Die Investoren suchen Schutz vor Inflationsgefahren. Neben den üblichen Risiken der Bestandshaltung zeigt sich immer mehr eine bislang wenig beachtete Gefahr: Die Zeit ist das größte Risiko bei Immobilieninvestments. Turnover-Strategien bringen sichere Abhilfe.

 

Immobilien gelten per se als sichere Investments. Die Argumente lauten: Gewohnt werde immer. Wohnen sei nicht zu ersetzen. Ganz allgemein gelte für Gewerbe wie Wohnen: Es handele sich um ein dauerhaft knappes Wirtschaftsgut. Denn Boden sei nicht beliebig vermehrbar. Daher gäbe es i. d. R. nur geringe Wertschwankungen, ein guter Werterhalt sei also sicher, und börsenunabhängig noch dazu. Ergänzt werden die Argumente zumeist noch mit der Möglichkeit eines Inflationsausgleichs oder gar eines Wertzuwachses.

Anschließend bekräftigen sich die Menschen gegenseitig noch mit empirischen Miniaturbeispielen von Freunden und Bekannten, die mit einer Wohnung oder einem Haus ‚ganz kürzlich erst’ einen außergewöhnlichen Gewinn gemacht hätten. Spätestens jetzt haben kritische bzw. wissenschaftliche Argumente keine Bedeutung mehr.

Es sei darum klar gesagt: Immobilien sind keine inhärent sichere Geldanlage. Von Prof. Loritz (Universität Bayreuth) stammt das Diktum: “Die Zeit ist das am meisten unterschätzte Risiko bei Immobilieninvestitionen.”

 

Immobilien sind keine per se sichere Investition

Um hier mehr Durchblick zu finden genügt bereits eine kurze Recherche. Die Hinweise gegen die ‘allgemeinmenschliche’ Auffassung quasi inhärenter Sicherheit von Betongold sind erdrückend. So haben Rendite-Liegenschaften in der Schweiz ab 1990 innerhalb von nicht einmal acht Jahren Preisrückgänge von über 30% hinnehmen müssen. Es dauerte ganze 23 Jahre, bis Investoren, die zum Hochpunkt eingestiegen waren, nur schon den Kaufpreis wiedersahen. Bilanziell waren viele Investoren langjährig ‘unter Wasser’ und wurden oft hohen Nachbesicherungspflichten oder gar dem Konkurs ausgesetzt.

Zähe Seitwärtsbewegungen

Auch bei Eigentumswohnungen und -häusern wuchsen die Bäume lange nicht in den Himmel. Durch mehr als 16 Jahre hindurch gab es im Durchschnitt eine zähe Seitwärtsentwicklung. Erst die Finanzkrise mit ihren Ultraniedrigzinsen brachte hier Bewegung ins Spiel, wie die folgende Graphik zeigt. Deutet man die lange Seitwärtsbewegung des Gesamtmarkts, so wird zweierlei deutlich: Einige wenige Regionen verzeichneten die bekannten und vieldiskutierten Preiszuwächse, etwa das Zürichseebecken, die Genferseeregion, Zug oder Basel. Und es bedeutet gleichzeitig, dass in den meisten ‘normalen’ Regionen der Schweiz nur sehr geringe Preissteigerungen, oft aber eben auch Preisrückgänge zu verzeichnen waren, zumindest inflationsbereinigt.

Dies gilt für die Schweiz und für Deutschland, viel schärfer aber noch für den Rest von Europa. Spanien, Frankreich, England, Irland etc. durchleben aktuell massive Preiskorrekturen, sowohl bei privaten als auch gewerblichen Immobilien. Und dies trotz der Inflationsgefahren und der niedrigen Zinsen. Damit fällt zunächst das ebenso häufig wie kritiklos bemühte Standardargument, Immobilien seien per se eine gute und sichere Geldanlage.

In Europa wird ansonsten in den meisten Märkten im Durchschnitt Geld verloren. Die untenstehende Graphik zeigt eine schmerzliche Entwicklung. Auch echte Inflationsgefahren helfen hier den Preisen nicht mehr auf.

Damit ist natürlich nicht gesagt, dass man in Spanien oder Irland o. ä. mit Immobilien kein Geld mehr verdienen kann. Aber: Viele Investoren verlieren Geld und zwar weitaus mehr als nötig wären, um die Annahme, Immobilien seien per se sicher aufrechterhalten zu können.

 Risiko und Rendite nicht symmetrisch

Wir wollen hier aber noch tiefer gehen. Dabei lassen wir die allgemein bekannten wertmindernden Aspekte bei Immobilien wie etwa Lageverschlechterung u.ä. ausser Betracht. Tatsächlich ist es offenbar so, dass die Mehrheit der Immobilieninvestments ein negatives Ergebnis zeigt, wenn man wirklich hart und richtig rechnet. Schauen wir uns dazu zunächst in der nachfolgenden Graphik den allgemein vermuteten Risiko-Rendite-Verlauf von Immobilieninvestments in der Bestandeshaltung an.

Es gilt bekanntlich bis jetzt das Axiom, dass Risiko und Rendite stets streng positiv korreliert sind. Dementsprechend gelten Sondersituationen, etwa Immobilienentwicklung oder Sanierungsprojekte, zwar als hochrentierlich, jedoch auch hochriskant. Dergleichen sei daher nur von Topinvestmentprofis zu geniessen, und auch dann nur in homöopathischen Dosen. Demgegenüber sei Bestandeshaltung zwar bescheiden in der Rendite, jedoch sei eben auch das Risiko überschaubar.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Dies ist eine Annahme, die in sehr vielen Fällen nicht zutrifft. Dies hat mit Entwicklungen zu tun, die man bereits heute kennen kann, deren weitreichende Konsequenzen bislang offenbar aber nicht in ein allgemeines wirtschaftliches Kalkül eingegangen sind.

Unbekannt bekannter Investitionsbedarf

Fangen wir mit den kleineren Dingen an: Der Wohnflächenbedarf pro Kopf hat sich in Deutschland und der Schweiz in den vergangenen 25 Jahren von ca. 27qm auf deutlich über 40qm erhöht. In anderen Länder West-Europas war diese Entwicklung teilweise noch stärker. Sie wird sich weiter beschleunigen. Die Zahl der Singlehaushalte überschreitet bereits heute in vielen Städten die 50%-Grenze. Küchenbedarfe, mehr noch aber Bad- und Sanitäransprüche haben sich im Zuge des Megatrends Wellness massiv erhöht. Bestandeswohnungen mit 25-30 Jahre alten Grundrissen und entsprechend geschnittenen Bädern liegen schon heute in den Mietpreisen am unteren Ende der Nahrungskette. Zwar wurden i. d. R. laufende Instandhaltungen durchgeführt. Man ist also lege artis vorgegangen. Es ist aber gleichzeitig offensichtlich, dass der aktuelle Wert der Immobilie massiv reduziert werden wird, um den dann nötigen Qualitätssprung zu finanzieren.

Fachleute rechnen zudem damit, dass in der thermischen Verbesserung der Häuser in den nächsten Jahren nochmals massive Fortschritte erzielt werden (im 50-70%-Bereich). Hier baut sich unterschwellig ein unausweichlicher Zusatzinvestitionsbedarf auf. Ein Bedarf, der heute nicht in Mieten und Kaufpreisen sichtbar wird. Der zukünftige Verkaufspreis ist damit nicht nur nicht zuverlässig kalkulierbar. Es ist klar, dass es massiven Zusatzinvestitionsbedarf bzw. massive Preissenkungen geben wird, sobald diese thermischen Verbesserungen marktreif werden.

Schliesslich ist unter dem Stichwort ‚intelligente Immobilie eine Kostenlawine im Anmarsch, deren Höhe man heute noch nicht einmal näherungsweise schätzen kann. Immobilien aller Art, gewerblich und privat, werden in Zukunft umfangreich mit elektronischen Features ausgestattet sein müssen, um attraktiv und dauerhaft vermietet werden zu können. Auch dies ist ein enormer absehbarer (Zusatz-)Investitionsbedarf, der weit über das romantische Anbringen von Kabelkanälen unter Putz hinausgehen wird. Es bauen sich also auch hier Risiken auf, die einerseits eine spätere Nachvermietung, andererseits eine auch nur annähernd realistische Schätzung eines späteren Verkaufspreises unmöglich machen.

Latente Risikoblasen

Wenn wir nur ganz global eine kleine Rechnung aufmachen, dann ist die Evidenz nicht sehr beruhigend. Angenommen, ein institutioneller Investor kauft heute eine nach herrschender Meinung fehlerfreie Immobilie. Die Immobilie sei fünfzehn Jahre alt, also vergleichsweise jung, wenn man weiss, dass die durchschnittliche Haltedauer etwa 23 Jahre beträgt. Der Preis sei 100. Die Mieteinnahmen seien 4% pro Jahr (heute ein erfreulicher Wert). Nach Abzug der üblichen Kosten für die übliche Instandhaltung, Abschreibung, Bewirtschaftung etc. mögen dem Investor 2,5% pro Jahr verbleiben.

Über die kommenden fünfzehn Jahre fliessen dem Investor kumuliert 37,5% zu (Diskontierung auf den Barwert etc. vernachlässigen wir hier). Eine echte Inflation i. H.v. 2-2,5% p. a. ist nicht unrealistisch, kann aber hier zunächst ebenfalls ausser Betracht bleiben.

Nach angenommenen fünfzehn Jahren kommen nun die oben beschriebenen Zusatzinvestitionen ziemlich unausweichlich auf den Investor zu: Änderung aller Grundrisse und der gesamten Sanitärausstattung, thermische Verbesserung des Gesamtgebäudes sowie Ausstattung mit einer dann angemessenen Gebäudeelektronik zu Handen der Nutzer. Es ist ohne weiteres realistisch, für solche notwendigen Verbesserungen 40, 50 oder auch 60% des Gebäudewertes anzusetzen.

Nehmen wir unrealistischerweise den niedrigsten Wert, 40% Zusatzinvestitionen, dann ist unser institioneller Investor bereits im roten Bereich. Allerdings: Die Ansprüche der Nutzer an gemieteten Raum werden u. E. eher stärker als schwächer steigen. Auch die öffentlichen Auflagen an die thermische Verbesserung der Gebäude werden eher schneller, als langsamer steigen. Realistisch würden wir daher eher mit Investitionsspitzen von 50 – 60% des Wertes pro Liegenschaft kalkulieren. Per saldo ergibt sich, dass in der Mehrzahl der Fälle mit einfacher Bestandeshaltung mittelfristig kein positives Ergebnis zu erzielen ist.

Tatsächlich ist es also so, dass sich in der Bestandeshaltung von Immobilien gegen Ende einer – relativ kurzen – gewöhnlichen Nutzungsperiode ein beträchtliches latentes Zusatzrisiko bildet. Dieses Risiko wird i. d. R. wirtschaftlich nicht adäquat erfasst. Dementsprechend findet es auch in den laufenden Ertragserfordernissen zumeist keine angemessene Berücksichtigung.

Anomalien schaffen neue Märkte

Wir haben hier also eine interessante Asymmetrie von Risiko und Rendite. Und tatsächlich, wie immer bei wirtschaftlich reizvollen Asymmetrien, entstehen neue Nischen, neue Chancen, neue Märkte. In den besten Fällen entstehen sogar neue Anlageklassen. So hat etwa die abnehmende Schuldnerqualität zur Entwicklung der Kreditausfallversicherungen (CDS) geführt. Die (passiven) ETF, börsengehandelte Fonds, entstanden anlässlich der dauerhaft nicht eintretenden Überperformance der ‚aktiven’ Fondsmanager usf.

Auch im Immobilienbereich haben die verbreiteten Fehlrechnungen vieler Immobilieninvestoren einen neuen Markt entstehen lassen. Und zwar just an den Stellen, an denen die oben beschriebenen Marktanomalien sichtbar werden. Auf diesem neuen Markt werden Immobilien gehandelt wie Früchte auf dem Grossmarkt, allerdings stets ausschliesslich kurz vor Ende des offiziellen Verkaufs. Die Objekte werden zumeist aus Sondersituationen gekauft – Erbstreitigkeiten, Bankverwertungen, aufgelassene Gewerbeflächen, Sanierungsimmobilien, solche mit massivem Investitionsstau etc.. Die Investoren arbeiten zudem mehrheitlich mit wenig oder ganz ohne Fremdkapital. Das sichert ihnen schnellere Handlungsmöglichkeiten. Schnelle Abwicklung schafft ferner aussergewöhnliche Vorteile im Einkauf. Auf diese Weise können Immobilien mit einem Abschlag von 20 – 40% vom Marktwert erworben werden.

Der zweite Teil der neuen Strategie besteht nun darin, dass diese Immobilien von den Investoren nur sehr kurze Zeit gehalten werden. In dieser Zeit werden die durch die vorherigen Marktanomalien entstandenen stillen Reserven mittels Neubau oder Sanierung gehoben. Der Verkauf erfolgt innerhalb von zwei bis höchstens vier Jahren. Der vergleichsweise rasch erzielte Gewinn wird anschliessend unmitttelbar wieder in eine Transaktion gleicher Art investiert usf.. Ergänzt wird dies durch eine strikte strategische Vereinheitlichung der wirtschaftlich interessanten Eckdaten jener Transaktionen und Objekte, die überhaupt für die Entwicklungspipeline in Frage kommen. Auf diese Weise ergibt sich neu eine reizvolle Commoditisierung der Immobilien. Die damit verbundenen Effizienzvorteile kommen allen Marktteilnehmern zugute, zuvorderst natürlich den Investoren, die sich dieser Strategie widmen.

Turnover-Strategien steigern die Wertschöpfung

Die Investoren erzielen so über längere Zeiträume Cash Flows von 10 – 15% p. a.. Bei dieser Grössenordnung sind hohe regelmässige Entnahmen und gute Gewinnthesaurierungen möglich. Zudem ist es bei Gewinnen in dieser Grössenordnung nicht nötig, zusätzliche Risiken einzugehen, die sich aus einer Hebelung mittels Fremdkapital ergeben.

Mindestens ebenso wichtig ist, dass die Investoren die Risiken, die sich aus dem Faktor Zeit ergeben, oben beschrieben, vermeiden können. In vier Jahren verschlechtert sich keine Lage. In vier Jahren kommen keine heute unbekannten zusätzlichen Grossinvestionenen vor. In vier Jahren gibt es keine Instandhaltungskosten, keine Nachvermietungsrisiken, kein unbekannter (ferner) Verkaufspreis, kaum Mieterstreitigkeien, kaum Verwaltungsaufwand. Rendite, fast frei von Mühsal.

Wir nennen diese neue Anlageklasse schnelldrehender Immobilieninvestitionen Turnover-Immobilien. Es gibt in Deutschland mittlerweile eine Reihe von solch intelligenten Immobilienunternehmen. Nicht alle gleich gut, versteht sich. Die Anbieter unterscheiden sich massgeblich in der Qualität der Due Diligence der Objektauswahl und -umsetzung und dementsprechend in der Güte ihrer Objekte-Pipeline. Anleger können sich als Gesellschafter oder mittels Anleihen engagieren. In beiden Varianten sind heute Absicherungen mittels erstrangiger Grundpfandrechte möglich und empfehlenswert. Dieses hohe Mass an Sicherheit lässt Turnover-Immobilien auch für grössere private oder institutionelle Investoren interessant erscheinen.

Das bislang erreichte Anlagevolumen (ohne Fremdkapital) hat die Milliardengrenze deutlich überschritten. Projekte i. H. v. mindestens einer weiteren Milliarde (Eigenkapital) sind aktuell in Vorbereitung.

Allein in Deutschland werden Jahr für Jahr Immobilien für etwas über 100 Mrd. € getauscht. Zudem ist der erwähnte qualitative Strukturwandel der Nutzungen in vollem Gang. Es gehört also nicht viel Phantasie dazu anzunehmen, dass die Anlageklasse Turnover-Immobilien in nicht allzu ferner Zukunft fünf oder gar zehn Prozent des Gesamtmarktes ausmachen wird. Sie eignet sich wegen des attraktiven Risiko-Rendite-Verhältnisses sehr gut zur Beimischung und Ertragsverbesserung bestehender Immobilien-Portfolios.

 Thomas Otte / IFIT Schweiz, Herigswil

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