Verkauft Telekom Scout24-Gruppe an Hellman & Friedman?

 

Nachgedacht – Wie geht es dann weiter?

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Die Telekom steht kurz vor dem Verkauf der Internettochter Scout24. Gestern müsste eigentlich der Aufsichtsrat zugestimmt haben. Bloomberg, Manager Magazin u.a. berichteten über den Verkauf eines 70%-Anteils an die Beteiligungsgesellschaft Hellman & Friedman. Vielleicht wissen Sie schon beim Lesen heute, am Freitag, mehr Fakten. Wir versuchen es erstmal mit Denken, wie es dann weitergeht.

Es ist bekannt, dass die Telekom ihre Internet-Tochter, die Scout-Gruppe, deren dominierendes Portal ImmobilienScout24 ist, seit einem Jahr für einen Verkauf hübsch macht. Wunschkandidat Springer ist wohl endgültig abgesprungen. Schließlich gibt es in einer Kombination von Immowelt und Immonet noch andere Kombinationen, die zu einem Angriff auf die Marktführerschaft blasen könnten.  Lt. Handelsblatt würde die Scout-Gruppe unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten mit rund zwei Milliarden Euro bewertet.  Der Kurs der Telekom dankte den Gerüchten nicht. Die 2 Milliarden-Annahme dürfte zudem wohl etwas hoch gegriffen sein. Nach unserer Ansicht dürfte die 1 vor dem Komma näher sein. Trotzdem wird die Telekom mit gutem Gewinn herauskommen. Seit Gründung hatten wir immer recht guten Kontakt zu IS24. Schließlich machten uns die Berliner mit Ihrem Verteiler als unser Kooperationspartner ab „Der Immobilienbrief“ Nr. 1 im Jahr 2001 zu dem möglicherweise damals weitreichensten Immobilienmedium. In den letzten Jahren selbstbewusster Telekom-Regie brauchten wir uns aber gegenseitig deutlich weniger. In den Anfangsjahren hat uns IS24 aber gut geholfen. Danke. Mit einem der Co-Gründer von IS24, Jürgen Böhm, gab ich 2001 unser Gabler-Buch „eBusiness in der Immobilienwirtschaft“ heraus, dass in genialem Timing wenige Tage nach dem Internet-Crash erschien, aber de facto recht visionär war, auch wenn sich die Namen der damaligen Start Up schnell in der Krise änderten. Das Know How blieb aber erhalten..

Wie geht es weiter? Eines ist klar. Mit Blick auf den abgefragten Kaufpreis wird sich ein Finanzinvestor nicht damit begnügen, brav seine Gewinne zu kassieren. Bei Untersuchung der Vielfalt oft unbedeutender Scout24-Portale könnte die Beschränkung auf die Kernkompetenz zur Maxime werden. Da macht nach unserer alten Kenntnis ImmobilienScout24 wohl leicht zwei Drittel der Erträge aus. Was sich sonst noch rechnet, wird dann auf den Prüfstein gelegt. Und auch innerhalb der Kernkompetenzen gibt es viele personalintensive Randbereiche, deren Dienstleistungen vielleicht das Portal abrunden, aber kein Geld wert sind. Auch das dürfte schnell zu identifizieren sein. Und bei einer Bereinigung der Portale wird sich die Frage ergeben, ob der gesamte Overhead der Gruppe überhaupt noch notwendig ist. Von daher wird eine Finanzinvestor-Übernahme sicherlich zu deutlichen personellen Verwerfungen führen. Mit einer wahrscheinlich möglichen Freisetzung von 20 oder 30% der Mitarbeiter wird sich die Bilanz zügig schönen lassen. Dann wartet bestimmt der nächste Käufer mit weiteren guten Ideen.

Oder auch nicht – denn wo soll die Wachstumsphantasie herkommen, die ein hohes Multiple rechnet? Denn das Timing der Telekom ist optimal gewählt. Schließlich habe ich von Jürgen Böhm damals gelernt, wie Internet-Strategie geht. The Winner takes it all. Schaut man sich die Cash Cow ImmobilienScout24 an und fragt sich, wo die Wachstumsperspektiven noch sind, wird man nur noch am Rand oder vielleicht international fündig. Im deutschsprachigen Raum ist die Marktdurchdringung schon jetzt sehr hoch. Die Preispolitik mutet schon fast monopolistisch an. Die idealistischen Jugendjahre sind längst vorbei. Wenn sich ein Gegner formieren könnte, der als „Springer“ über die Verteidigungslinien der Preispolitik hüpfen könnte und sich mit Schnelligkeit und Durchhaltevermögen irgendwann zur Dame wandeln könnte, kann auch eine Festung wie ImmobilienScout24 von einem zu gierigen und im Kerngeschäft unerfahrenen Verteidiger nicht gehalten werden. Das theoretische Szenario haben wir im kleinen Kreis vor einigen Jahren schon einmal durchdacht. Wir bleiben neugierig. Vielleicht wissen wir heute ja schon mehr.