Weniger Risiko, mehr Gewinn – Interview mit dem französischen Immobilienkonzern Immeo SE

Fragen an Thierry Beaudemoulin, CEO der Immeo SE

 

Frage: Vor zehn Jahren hat Foncière des Régions ehemalige Werkswohnungsbestände von Stahlkonzernen des Ruhrgebiets erworben, die heutige Immeo SE. Damals waren dies rd. 48.000 Wohneinheiten. Wie hat sich das Unternehmen seither entwickelt?

 

Thierry Beaudemoulin: Die Entwicklung sehen wir sehr positiv. Immeo leistet einen wesentlichen Beitrag zum Gesamtergebnis des Konzerns, dessen Finanzkraft von S&P gerade von BBB- auf BBB aufgewertet worden ist. Am Gesamtportfolio von Foncière des Régions machen Büroimmobilien in Frankreich und Italien 61% aus und Wohnimmobilien in Deutschland immerhin 19%. Der Wohnungsbestand der Immeo SE belief sich zum Ende des 1. Hj. 2015 auf ca. 44.500 Einheiten mit einem Wert von 3,3 Mrd. Euro nach nur 2,7 Mrd. Ende 2014.

 

Handelt es sich dabei noch um die Bestände von vor zehn Jahren?

 

Nur in Teilen. Nach Umschichtungen befinden sich nur noch etwa 29.000 Wohnungen in NRW bzw. im Ruhrgebiet. Schon seit 2011 diversifizieren wir stark regional besonders in Berlin, wo wir inzwischen fast 10.000 Wohneinheiten vor allem in zentralen Stadtteilen wie dem Bezirk Mitte verwalten, und in Leipzig und Dresden mit 4.300 Einheiten, den Wachstumsstädten in Ostdeutschland. Auch Hamburg steht neuerdings im Fokus.

 

Verfolgen Sie eine Wachstumsstrategie?

 

Insgesamt ja. Aber während wir im Ruhrgebiet schrumpfen, wachsen wir weiter nördlich und östlich. Im 1. Hj. 2015 haben wir unser Investitionsziel von 500 Mio. Euro nur knapp unterschritten und für 459 Mio. Euro eingekauft, darunter ca. 2.000 Einheiten in Hamburg für 240 Mio. Euro. Die durchschnittliche Nettoanfangsrendite betrug 5,4%. Gleichzeitig konnten wir im Zuge von Bereinigungen Verkäufe für 19 Mio. Euro realisieren. Bei Ankäufen bevorzugen wir kleinere Portfolien mit guter Substanz.

 

Spiegelt sich das in den Mieteinnahmen?

 

Natürlich. Insgesamt konnten wir unsere hohe Vermietungsquote von rd. 98% halten, wobei der jährliche Mieterwechsel 10,3% beträgt. Die Mietsteigerungsrate betrug über alles 1,7%, speziell in Berlin 2,4 %. Wegen der Verkäufe sind die Mieteinnahmen in NRW von 64,2 Mio. Euro 1. Hj. 2014 zurückgegangen auf 59,2 Mio., dagegen in Berlin gestiegen von 16,4 Mio. Euro auf 24,8 Mio., für den Gesamtbestand ergab sich eine Steigerung von 83,4 Mio. auf 91,6 Mio. Euro.

 

Was interessiert den französischen Konzern an deutschen Wohnungen?

 

Das deutsche Portfolio bietet den Aktionären von Foncière des Régions eine Plattform in Deutschland und damit einen Zugang zu sehr stabilen Renditen. In der Kombination von Profitabilität der Bestände in NRW mit den Wachstumschancen in Berlin und anderen Städten sehen wir eine gute Basis für ein angepasstes Wachstum des Investments. Deutsche Wohnungen bieten weniger Risiko und mehr Gewinn als z.B. Einzelhandelsimmobilien oder Büros. In Berlin sind zudem 15% gemischt genutzte Objekte. Aber ohne einen Wohnanteil kaufen wir nicht. Aktuell steht die Übernahme eines weiteren Berliner Portfolios, des dänischen REITs „Berlin IV A/S“ mit 2.735 zumeist Altbauwohnungen in guten zentralen Lagen an. Derzeit verfügt Immeo bereits indirekt über 25,27% der Stimmrechtsanteile und 5,18% des Kapitals der Gesellschaft. Ziel ist es, 90% der Anteile und des Kapitals zu erlangen.

 

Aus der Historie heraus ist der Hauptsitz von Immeo in Oberhausen. Wird das so bleiben?

 

Ja, davon gehe ich aus. Unser Mitarbeiterstamm beträgt derzeit ca. 400, tatsächlich aber kümmern sich in Berlin bereits über 30 Mitarbeiter direkt um die dortigen Wohnungen und unsere Mieter unterstützt von einer Vielzahl von Mitarbeitern in Oberhausen.

 

In Deutschland wird derzeit viel über den notwendigen Wohnungsneubau diskutiert. Ist das auch für Immeo eine Option?

 

Zurzeit nicht. Unsere Strategie zielt weiter auf Zukäufe in deutschen Wachstumsregionen. Aber wir beobachten, wo Nachverdichtung möglich ist oder das Aufstocken wie z.B. in Berlin. Im Gegensatz zu Frankreich haben wir nicht den Eindruck, dass in deutschen Großstädten Grundstücke für Wohnungsbau fehlen. Und teurer ist das Bauen hier auch nicht, im Gegenteil, denn in Frankreich wird erwartet, dass kostspielige Tiefgaragen gebaut werden.

 

Das Gespräch führte Dr. Gudrun Escher