WGF – wie kommt der Gewinn zustande?

Autor: Christian Schiffmacher, Chefredakteur, BOND MAGAZINE

Vor rund zwei Wochen hat eine Düsseldorfer Kanzlei schwere Vorwürfe gegen die ebenfalls in Düsseldorf ansässige WGF Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG erhoben. Konkret erhebt die Kanzlei den Vorwurf, dass WGF veraltete und nicht mehr gültige Ratingeinstufungen von Creditreform Rating für ihre Hypothekenanleihen angegeben hat. Zudem wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft keinen Konzernabschluss veröffentlicht. WGF hat die Vorwürfe zurückgewiesen und die BaFin eingeschaltet, damit „die Behörde eine Untersuchung im Hinblick auf etwaige strafbare Marktmanipulationen vornehmen kann.“

WGF-Hypothekenanleihen sind in den letzten Tagen deutlich gefallen. Um die Diskussion zu versachlichen soll eine Analyse, ungeachtet der Formalia, die wirtschaftliche Situation des Unternehmens aufzeigen.

Die 2003 gegründete WGF Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG ist nach eigenen Angaben der Kern der WGF Finanzgruppe. Ausgehend vom Kerngeschäft Immobilieninvestment wird heute die gesamte Wertschöpfungskette des Immobiliengeschäfts abgedeckt. Immobilien-Asset-Management, Projektentwicklung und Joint-Venture-Programme sind wichtige strategische Geschäftsbereiche. Das Unternehmen ist Deutschlands führender Anbieter von Hypothekenanleihen. Zum Unternehmen gehören eine Emissionsgesellschaft für geschlossene Immobilienfonds sowie eine Immobilien-Kapitalanlagegesellschaft. Die WGF Finanzgruppe beschäftigt derzeit rund 100 Mitarbeiter.

Die Gesellschaft schreibt in ihrer Stellungnahme vom 20.07.2011: „Die Bilanzzahlen 2010 mit Umsatzerlösen in Höhe von 124,3 Mio. Euro, einem EBITDA von 15,3 Mio. Euro und einem Jahresüberschuss von 12,5 Mio. Euro belegen die solide Grundlage für das laufende Geschäftsjahr.“

Doch im vergangenen Jahr wurde die Gesellschaft umstrukturiert. Im Wertpapierprospekt zum „WGF 8% Premium Plus Genussschein“, der sich derzeit in der Platzierung befindet, schreibt die Gesellschaft auf den Seiten 68 und 69: „In der Vergangenheit hat die WGF AG von ihr erworbene Immobilien in ihrem eigenen Eigentum gehalten. Um die steuerliche Struktur der WGF-Finanzgruppe zu optimieren, ist die WGF AG im abgelaufenen Geschäftsjahr 2010 dazu übergegangen, ihre Immobilien in Tochtergesellschaften einzubringen. Hierzu wurden einzelne Immobilien oder bestimmte Immobilienportfolien in jeweils eigene Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG als Sacheinlage eingebracht.“

Die Gesellschaft hatte laut Wertpapierprospekt im vergangenen Jahr Umsatzerlöse von 124.254 TEuro. „Die WGF AG erzielte ihre Umsatzerlöse im Wesentlichen aus Immobilientransaktionen welche in Form von Einbringungen von Immobilien in Tochtergesellschaften sowie Immobilienverkäufen an externe Dritte vollzogen wurden.“ Die Erlöse aus Immobilienverkäufen abzüglich Erlösschmälerungen betrugen 6.170 TEuro (Wertpapierprospekt, S. 82).

Die Erlöse aus Einbringungen betrugen 110.142 TEuro (Wertpapierprospekt, S.82). Dem gegenüber stehen „Aufwendungen aus Immobilienabgängen (Materialaufwand)“ in Höhe von 103.406 TEuro (Wertpapierprospekt, Seite 12). Die Gesellschaft hat folglich Immobilien mit einem Wert von 110.142 TEuro in Tochtergesellschaften eingebracht. Die Abgänge (Prospekt, S. 83) betrugen jedoch nur 103.406 TEuro. Vor dem Hintergrund eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr in Höhe von 10.740 TEuro stimmt dies bedenklich. Trotz der Buchgewinne im vergangenen Jahr bleibt insgesamt ein Bilanzgewinn von 1.655 TEuro (Prospekt, S. 12).

„Durch die Abhängigkeit der Ausschüttungen von einem Bilanzgewinn der WGF AG und der Teilnahme der Genussscheininhaber an einem etwaigen Bilanzverlust durch Verminderung ihrer Rückzahlungsansprüche bedeutet eine Investition in die Genussscheine eine Teilhabe am allgemeinen unternehmerischen Risiko der Gesellschaft und der WGF-Finanzgruppe das durch eine Vielzahlvon Faktoren beeinflusst wird.“ (Prospekt, S. 33).

Der Außenumsatz dürfte insgesamt maximal 14.112 TEuro betragen haben und nicht 124.254 TEuro (Prospekt, S. 82, 124.254 TEuro Umsatz abzüglich 110.142 TEuro Erlöse aus Einbringung).

Zahlungsverpflichtungen

Zudem hat die Gesellschaft in den kommenden Monaten hohe Zahlungsverpflichtungen:

Am 14.11.2011 wird die Hypothekenanleihe 2006/11 (WKN A0JRUK) fällig. Hieraus entstehen der Gesellschaft Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 30 Mio. Euro zuzüglich anfallender Zinsen (Annahme: keine Anleihen im Eigenbestand).

„Zudem hat die WGF Einzelhandel Erste Anlage GmbH im Januar und Februar 2011 Kaufverträge über zwei Immobilien zu einem Gesamtkaufpreis von ca. 5,5 Mio. Euro abgeschlossen. Die jeweiligen Kaufpreise sind nicht vor dem 30. Juni 2011 bzw. 1. Oktober 2011 zur Zahlung fällig.“ (Prospekt, S. 69)

„Die WGF Einzelhandel Zweite Anlage GmbH beurkundete in 2010 ein Portfolio mit einem Volumen von 28,1 Mio. Euro und hat davon bereits 1,0 Mio. Euro bezahlt. Durch die beurkundeten, aber erst in 2011 fälligen Kaufverträge möchte sich die WGF AG günstige Konditionen sichern und auch im Jahr 2011 ein kontinuierliches Wachstum erreichen.“ Folglich müssen noch 27,1 Mio. Euro gezahlt werden (Prospekt, S. 70).

„Anfang Juni 2011 hat eine Tochtergesellschaft der Emittentin einen Kaufvertrag über mehrere zusammenhängende Grundstücke samt Projektierung in Berlin abgeschlossen. Der Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass keine Nachbarwidersprüche gegen eine bereits erteilte Baugenehmigung und einen Bauvorbescheid eingelegt werden. Der Kaufpreis beträgt 21,8 Mio. Euro und ist frühestens am 21. Dezember 2011 fällig. Eine Anzahlung in Höhe von 1 Mio. Euro ist bis zum 24. Juni 2011 auf einem Notaranderkonto zu hinterlegen und wird von der Emittentin über ein Gesellschafterdarlehen finanziert. Falls der Kaufpreis bei Fälligkeit nicht bezahlt wird und der Verkäufer deshalb vom Kaufvertrag zurücktritt, wird dieser Betrag als Vertragsstrafe einbehalten.“ (Prospekt, S. 70).

Risiken aus Rechtsstreitigkeiten

„Die WGF-Finanzgruppe könnte im Falle des Unterliegens in einem Rechtsstreit dazu verpflichtet sein, ein Immobilienportfolio (Anm. der Redaktion: von der Corestate Gruppe) zu einem Kaufpreis von 74,3 Mio. Euro abzunehmen. Im Falle des Obsiegens müsste sie in ihrem Eigentum befindliche Immobilien gegen Rückgewähr des von ihr ursprünglich aufgewendeten Kaufpreises herausgeben sowie von ihr gezogene Nutzungen (z.B. Mieterträge) erstatten.“

Fazit:

Die von WGF im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 20.07.2011 genannten Zahlen können nur eingeschränkt nachvollzogen werden, da kein Konzernabschluss vorliegt. Der Außenumsatz dürfte, wie aufgezeigt, ganz erheblich unter dem von WGF genannten Umsatz liegen. Die Gesellschaft sollte im eigenen Interesse für ein höheres Maß an Transparenz sorgen.