Wikileaks, Euro und Co. – Neue Form der (gefährdenden) Globalisierung?

„Selten kreativ“, „inkompetent“, „Alpha-Rüde“. Wikileaks deckte dieser Tage auf, was US-Diplomaten wirklich von Politikern aus aller Welt halten. Selbst die Wall-Street zittert vor Wikileaks. Von „Teflon“-Merkel bis zu „Agro“-Westerwelle ist so ziemlich jede Diffamierung dabei. Westerwelle, Putin und Co. dürften die Betitelungen egal sein, schließlich dürften die eigenen Geheimdienste auch wenig zimperlich mit Charakterisierungen ausländischer Politiker sein. Viel schlimmer dürften die Auswirkungen bei Staaten sein, die deutlich mehr Adrenalin und US-Feindlichkeit im Blut haben als Westeuropäer, denn der Iran oder anderen islamische Staaten kommen bei Wikileaks ebenfalls schlecht weg.

Auch der Euro macht dieser Tage Schlagzeilen. Die Euro-Währung wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Irland schlüpft unter den „Rettungsschirm“. Als nächstes dürften Portugal, Spanien und auch Italien an der Reihe sein. Auch wenn diese Staaten noch heftig Gerüchte um die Notwendigkeit nach Geldern aus dem Rettungsschirms bestreiten, sind die Bilanzen der Länder desaströs. So lag zum Beispiel die Neuverschuldung von Portugal im letzten Jahr bei rekordverdächtigen 9,4% des BIP. Auch Irland hatte bis zuletzt beteuert, keine EU-Gelder zu benötigen. Portugal hat bereits einen Spar-Plan für 2011 zusammengestellt. U.a. soll die Mehrwertsteuer von 21 auf 23% erhöht werden und die Gehälter im öffentlichen Dienst um 5% gekürzt werden. Bedeutet das, das „Aus“ für den Euro? Natürlich nicht, schließlich gehören wir nicht zu den Krisen prophezeienden Goldfetischisten. Der Markt wird es bei hinreichendem Leidensdruck schon richten. Andererseits haben wir schon vor Einführung des Euro moniert, dass eine Währungsunion vor einer Wirtschaftsunion der zweite Schritt vor dem ersten sei und nicht gut gehen könne. Und was nach der erfolgreichen Euro-Einführung mit annähernd einer Boomdekade im Gefolge vor zweieinhalb Jahren noch undenkbar schien, ist eingetreten: Die Experten selber sind unsicher.

Die Folgen von wikileaks und Euro-Krise sind noch nicht absehbar. Deutlich wird allerdings, dass die Globalisierung von Information und Wirtschaft jetzt ihr anderes Gesicht zeigt. Zeigt Globalisierung, dass die Volkswirtschaftslehre neu geschrieben werden muss? Heute weiß sowieso niemand mehr mit welchen Teilaspekten sich die Bachelors beschäftigt haben. Aber auch die alten, breit aufgestellten Volkswirte müssen umdenken; denn die Basis der Volkswirtschaftslehre war immer die relative Verbesserung der eigenen Position gegenüber den durch Grenzen abgetrennten anderen Volkswirtschaften. Das zählt heute nicht mehr. Wenn es den anderen schlecht geht, geht es uns auch dreckig.

Zwar gab der Wirtschaftsminister erst zu Mitte des Jahres in einem Interview zum Besten, dass wir uns nicht neu erfinden müssen, jedoch glauben Volkswirte, u.a. von der Deutschen Bank, dass Globalisierung und Demografie dazu führen wird, dass Deutschland sich neu erfinden muss. Schafft es Deutschland nicht, die Euro- und Finanzkrise in den Griff zu bekommen und vor allem konkurrenzfähig gegenüber aufstrebenden Industrienationen wie Indien und China zu bleiben, werden wir in den nächsten 40 Jahren vor sehr große Herausforderungen treten. Hinzu kommt, dass Plattformen wir wikileaks, die politische Landschaft verändern und vielleicht auch Aggressivität anheizen könnten. Nord- und Südkorea stehen bereits kurz vor einem Krieg. Dürfte Nordkoreas Kim Jong-Il dann noch im Internet lesen, was Südkoreas Kim Hwang-sik über ihn denkt, dürfte ein Krieg programmiert sein. (AE)