Wohnungsneubau: Der Düsseldorfer Weg

„Gedämpfter Wohnraum“ ist ein Düsseldorfer Eigengewächs und wesentliche Bedingung in dem seit Juni 2013 geltenden „Handlungskonzept Wohnen“.

Gedeckelte Kaltmiete von 8,50 Euro/qm und eine Quotenverteilung 20 – 20 – 60 (sozialgebunden – freifinanziert, aber preisgedämpft – nicht gebunden), so lautet die Kurzformel, die für die Aussagen des Handlungskonzepts Wohnen,  kurz HKW, in der Landeshauptstadt NRW kursieren. Was das bedeutet und dass es so einfach nicht ist, beherrschte die Referate und Diskussionen beim gut besuchten Wohndialog Düsseldorf, zu dem Heuer Dialog in den Stadtteil Grafental eingeladen hatte. Die Ortswahl erfolgte mit Bedacht, denn hier hat Catella Property GmbH gemeinsam mit Bauwert Investment Group eines der wohl bundesweit ungewöhnlichsten Wohnbauprojekte gestartet: die Umwandlung der erst vor zwanzig Jahren gebauten Bürolandschaft des ehemaligen Thyssen-Trade-Center in ein Wohnquartier mit 340 Einheiten, Kita und Geschäften für die Nahversorgung, Gesamtinvestition ca. 100 Mio. Euro. „Living Circle“ lautet der Projektname nicht ohne Grund, denn der Baukomplex besteht aus in- und aneinander gefügten Segmentbogen. Diese ungewöhnliche Bauform ermöglicht geschützte Innenhöfe und diene der Markenbildung besser als jede Neukonzeption einer so großen Wohnanlage. Auslöser für die Entscheidung zugunsten der Wohnnutzung waren bereits längerer Leerstand nach Auszug von Thyssen und die Situation am Büroteilmarkt Grafental, der mit 400.000 qm relativ groß ist, aber nur geringe Neuvermietungsquoten aufweist. Als eines der ersten Projekte, die gemäß den Regeln des HKW neu begonnen wurden, sind auch 20 % der Mietfläche im „gedämpften“ Bereich zu 8,50 Euro vorgesehen, allerdings indiziert und gebunden auf 10 Jahre. Die übrigen Miethöhen sind derzeit bis 13,50 Euro kalkuliert.

Angesichts der unbestreitbaren Tatsache, dass Bauvorschriften und Bodenpreise zu durchschnittlichen Neubaukosten von 2.500 Euro/qm Wohnraum führen (Erhebung der GdW), läge eine kostendeckende Miete bei 10,50 Euro. 10 Euro hatte auch die Vorbereitungsrunde für das HKW in Düsseldorf, an der Politik, Wohnungsverbände und Wohnungswirtschaft – u.a. Catella – mitwirkten, als Ziel definiert. Aus den folgenden politischen Auseinandersetzungen ging dann eine Kann-Grenze von 8,50 Euro hervor, sehr zum Bedauern des Beigeordneten Gregor Bonin, wie er beim Heuer Dialog öffentlich zugab. Auch andere Regeln seien seit dem Ratsbeschluss 2013 aufgeweicht worden etwa bezüglich der Projektgröße, ab der die Regel angewendet werden solle, sodass Unsicherheit sich breit gemacht habe auf beiden Seiten, bei den Genehmigungsbehörden wie bei den Projektentwicklern. Sicherheit bei geforderten Rahmenbedingungen rangierte aber in den Diskussionsrunden an erster Stelle. Die Fachanwältin für Baurecht Sigrid Wienhues von der Kanzlei Graf von Westphalen goss weiteres Wasser in den Wein, denn das HKW sei keine Rechtsvorschrift. So kenne das Baugesetzbuch keinen „preisgedämpften Wohnraum“, sondern nur „Flächen für Menschen mit besonderem Wohnbedarf“ und dies sei technisch zu verstehen z.B. behindertengerecht. Eine weitere Forderung der Projektentwickler, wie sie Ulrich Tappe von Brack Capital Properties vorbrachte (BCP entwickelte in Grafental bereits 1.500 WE) nach Kompensationsmöglichkeiten mit anderen Beiträgen zum Gemeinwohl sei lt. Wienhues bereits in dem Konzept enthalten, aber zu wenig bekannt, zumal die publizierten Versionen nicht immer den aktuellen Stand der Vereinbarungen spiegele. Sie sieht das größte Problem in unklaren Zuständigkeiten, Definitionen und Kontrollen sowie der generellen Uneindeutigkeit. Verfahren zur Aufstellung von B-Plänen und Erlangung von Baurecht würden unübersehbar kompliziert und zwangsläufig hinausgezögert, so das allgemeine Fazit, mit allen Negativeffekten auf das Investment. Positiv aber sei der begonnene Dialog, der auch fortgesetzt werden müsse, dies hob Klaus Franken, CEO der Catella hervor und lobte den sehr kommunikativen Prozess mit den städtischen Stellen bei dem Projekt Living Circle, eine Erfahrung, die andere Tagungsteilnehmer nicht ganz bestätigen konnten.

Eine, wenn auch kleine Chance dafür, dass der Düsseldorfer Weg überhaupt eine Wirkung auf dem Wohnungsmarkt zeitigt, bietet die wachsende Zahl der laufenden Wohnungsneubauprojekte vor dem Hintergrund einer positiven Beschäftigungsentwicklung bei den Dienstleistungen und hier besonders bei den wissensintensiven Dienstleistungen. Dies wirke sich auf den Büroflächenmarkt aus, jedoch auch auf den Wohnungsmarkt mit einer wachsenden Zahl von 1-Personen-Haushalten (auch als Studenten- oder Zweitwohnung) und dem gemäßer Nachfrage nach kleinen, zentral gelegenen Wohnungen, so eines der Ergebnisse, die Achim Georg, Georg Consulting Hamburg, anlässlich einer Runde des Property Lunch Anfang des Jahres vorgestellt hatte. Die positive Einwohner- und Haushaltsentwicklung habe dann auch entsprechend positive Effekte auf die Wohnungsnachfrage. Die Einwohnerzahl stieg auf aktuell 603.000, tendenziell jedoch wird auch in Düsseldorf die Einwohnerzahl zurückgehen, jedoch langsamer als im Bundesdurchschnitt.

Für das Jahr 2012 ermittelte Georg Consulting 322 neu gebaute Wohngebäude mit 1.041 Wohnungen und für 2013 einen Anstieg auf 1267 Einheiten. Die Durchschnittsmiete habe sich Ende 2014 bei 9,85 Euro/qm eingependelt, ein im Vergleich mit den anderen deutschen Metropolen eher geringer Wert.

 

LEG NRW beobachtet einen sehr ausgewogenen Markt mit insgesamt verlangsamtem Mietpreisanstieg, höherem allerdings in den gefragten citynahen Quartieren u.a. in Pempelfort und  Wehrhahn. Die Preisspanne für Eigentumswohnungen reiche von 1.500 Euro/qm bis zu 5.000 und darüber. 2014 seien 38 Neubauprojekte mit rd. 2.400 Wohneinheiten, davon 600 Mietwohnungen hinzugekommen. Tendenziell würden im Neubau größere Einzelprojekte angegangen, die ganze Quartiere umfassen wie in Grafental oder bei dem weiteren Neuvorhaben von Catella auf dem ehemaligen Postareal am Bahnhof. Lt. JLL habe sich im zweiten Halbjahr 2014 „der moderate Anstieg“ der Angebotsmieten in Düsseldorf um 2,6 % auf Jahressicht fortgesetzt auf zuletzt 9,60 Euro/qm. Nur im Spitzensegment seien die Mieten in einzelnen Bezirken weiterhin leicht gesunken, am stärksten im Stadtbezirk 5 (Angermund, Kaiserswerth, Kalkum, Lohausen, Stockum, Wittlaer) um – 2,5 % auf Jahresssicht und 9,95 Euro/qm. Mietpreisanstiege gab es hingegen in den beiden vergleichsweise preiswerten Stadtbezirken 6 und 9 (u.a. Lichtenbroich, Mörsenbroich bzw. Reisholz, Hassels). Auch im teuersten Stadtteil Oberkassel trieben teure Neubaumietwohnungen das Preisniveau an. Ein ähnliches Bild biete der Markt für Eigentumswohnungen mit insgesamt um 4 % gestiegenen Angebotspreisen mit höheren Preiszuwächsen in preiswerten Lagen und rückläufigen Preisen im obersten Segment, was ein bezeichnendes Licht auf die Nachfragesituation wirft.

Zum Vergleich Essen:

In der Nachbarstadt ist der Wohnungsmarkt vom Mangel an Neubauangebot geprägt, weshalb die Preise in den gesuchten Lagen weiter steigen. In guten bis sehr guten Lagen stiegen die Einstandspreise um je 1.000 Euro auf jetzt 3.200 bis 5.000 Euro/qm. Dagegen ist bei den Miethöhen keine Bewegung zu erkennen, wie Engel & Völkers aus den Abschlüssen 2014 ermittelte, und auch für das laufende Jahr seien keine Steigerungen zu erwarten. Besonders gesucht seien nach wie vor die südlichen Stadtviertel von Rüttenscheid bis Bredeney. Im Norden bietet das neue Universitätsviertel Angebote bis ins Luxussegment. Neu  in den Fokus gerückt ist die Umgebung der Zeche Zollverein mit attraktiven Wohnungsneubauten. (GE)