Abgrenzung von Rubrumsberichtigung und Parteiänderung


BGH, Urteil vom 24.01.2013, Az.: VII ZR 128/12

Dr. Rainer Burbulla, Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte

In der zivilprozessualen Praxis geschieht es nicht selten, dass die Parteien in der Klageschrift bzw. dem Mahnantrag nicht hinreichend genau bezeichnet werden. Die Konsequenzen hiervon können für den Kläger gravierend sein. Neben Prozess- und damit verbundenen Kostenverlusten können im schlimmsten Fall sogar berechtigte Ansprüche verjähren. Mit einem Fall einer fehlerhaften Parteibezeichnung und deren Konsequenzen befasst sich das Urteil des BGH vom 24.01.2013 (Az.: VII ZR 128/12). Es geht um die Auslegung, wer Beklagte eines Rechtsstreits ist, wenn als Beklagte eine existierende juristische Person formal korrekt bezeichnet worden ist, der Kläger aber geltend macht, tatsächlich habe er eine andere, ebenfalls existierende juristische Person ähnlichen Namens mit gleicher Anschrift in Anspruch nehmen wollen.

Sachverhalt: Die Klägerin schloss mit der S. Projektentwicklung GmbH („SPG“) einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung eines Einkaufszentrums. Sie richtet ihre Schlussrechnung an die SPG. Wegen ausstehenden restlichen Werklohnes leitet die Klägerin unter Bezugnahme auf die Schlussrechnung ein Mahnverfahren ein. Als Antragsgegnerin benennt sie die S. Real Estate GmbH („SRG“). Es handelt sich um eine neben der SPG existierende Gesellschaft mit derselben Anschrift und demselben Geschäftsführer. Nach Widerspruch der SRG gegen den Mahnbescheid wird das streitige Verfahren durchgeführt. Dort hat die Klägerin ihren Anspruch damit begründet, dass zwischen ihr und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die früher unter dem Namen „SPG“ firmierte, ein Werkvertrag bestehe. Die SRG weist darauf hin, dass sie weder Vertragspartnerin der Klägerin sei noch aus sonstigen Rechtsgründen hafte. Die Klägerin beantragt eine Rubrumsberichtigung. Land- und Oberlandesgericht weisen die (Zahlungs-) Klage ab. Die Revision bleibt erfolglos.

Die Auffassung des BGH: Nach Auffassung des BGH habe die Klägerin mit der SRG (materiell rechtlich) die falsche Partei in Anspruch genommen. Mit der Bezeichnung der SRG als Antragsgegnerin und spätere Beklagte habe die Klägerin die SRG und gerade nicht die SPG als Partei des Rechtsstreits festgelegt. Die Parteibezeichnung sei zwar auslegungsfähig. Da die Anspruchsbegründung aber widersprüchlich und mindestens mehrdeutig sei, komme auch im Rahmen der Auslegung eine Parteiberichtigung auf die SPG nicht in Betracht. Denn in der Anspruchsbegründung sei die Klägerin selbst nicht davon ausgegangen, dass die SRG und die SPG identisch seien und ein Fall einer bloßen Umfirmierung vorläge.

Praktische Auswirkungen: Ein Kläger sollte bei der Klageerhebung größte Sorgfalt auf die genaue Parteibezeichnung richten. Hintergrund hierfür ist der im Zivilprozess geltende formelle Parteibegriff. Partei ist danach, wen der Kläger mit der Bezeichnung der Parteien als Kläger und Beklagter festlegt. Fehlt es an einer hinreichend genauen Bezeichnung der Parteien, können die wahren Prozessparteien durch Auslegung ermittelt werden. Entscheidend hierbei ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners als Empfänger hat (vgl. BGH, Beschluss vom 05.02.2009 – IX ZB 136/06). Ergibt die Auslegung, dass eine Partei lediglich unrichtig oder ungenau bezeichnet ist, so ist diese Falschbezeichnung unschädlich und kann durch Rubrumsberichtigung korrigiert werden. Anderenfalls ist ein Parteiwechsel erforderlich.

Die Abgrenzung von Rubrumsberichtigung und Parteiwechsel bereitet regelmäßig Schwierigkeiten. Gerade bei der Existenz verschiedener Gesellschaften mit derselben Firma können sich – wie die Entscheidung des BGH anschaulich zeigt – Zweifel bei der Parteibestimmung ergeben. Können diese Zweifel nicht ausgeräumt werden, können die Folgen für den Kläger beträchtlich sein. Kommt eine Parteiberichtigung nicht in Betracht, geht der Prozess gegen den „falschen Beklagten“ verloren und der Kläger hat die Prozesskosten zu tragen. Noch schlimmer wird es für den Kläger, wenn er mit der Klage oder dem Mahnverfahren die Verjährung unterbrechen will und es versäumt, die Beklagtenpartei hinreichend genau zu bezeichnen. Lässt sich die „richtige Beklagtenpartei“ nicht durch Auslegung ermitteln, ist der Kläger auf einen Parteiwechsel angewiesen. Dieser begründet jedoch erst mit der Zustellung der Klage an den neuen Beklagten Rechtshängigkeit. Der neue Beklagte kann sich dann auf die Einrede der Verjährung berufen, wenn im Zeitpunkt der Zustellung der Klage an ihn der Klageanspruch verjährt ist.

Die (Auslegungs-)Grundsätze zur Parteiermittlung im Prozess gelten auch bei der Beantwortung der Frage, wer in einem Mahnverfahren Antragsgegner ist (vgl. BGH, Beschluss vom 03.02.1999 – VIII ZB 35/98). Der BGH hat (leider) die Frage offen gelassen, ob bei der Auslegung eines Mahnantrages nur auf die bis zum Erlass des Mahnbescheides erkennbaren Tatsachen abgestellt werden darf oder auch spätere Umstände, insbesondere Erklärungen in der Anspruchsbegründung zu berücksichtigen sind (verneinend: OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.04.2012 – 13 U 179/11). Angesichts dieser (weiterhin) bestehenden Unsicherheit sollte der Kläger gerade auch bei der Einleitung eines Mahnverfahrens höchste Sorgfalt bei der Bezeichnung des Antragsgegners walten lassen sollte.