Abnehmende Dynamik am Wohninvestmentmarkt

Für die qualifizierte wissenschaftliche Orientierungshilfe am Wohninvest­mentmarkt hat AENGEVELT-RESEARCH im Jahr 2008 den AENGEVELT-Wohninvestment-Index AWI entwickelt. Er erfasst regelmäßig die Einschätzungen von rd. 200 Experten aus allen Bereichen der Wohnungswirtschaft, die in Summe eine hohe sechsstellige Anzahl von Wohneinheiten in allen Teilen Deutschlands repräsentieren, zu Markt­stimmungen und -entwicklungen.

Der AWI ist ein Komposit–Index und berücksichtigt einerseits die zu­künf­tige Entwicklung der Nachfrage nach Mietwohnungen, des Miet­wohnungs­angebotes, der Wohnungsleerstände und der Wohnungs­­­­mieten sowie andererseits Einschätzungen zur zukünftigen Angebots-, Nachfrage- und Kaufpreis-Entwicklung im Wohninvestment­segment.

Ergebnis der gerade abgeschlossenen Winterbefragung: Die Gesamt­stimmung am Wohnimmobilienmarkt (AWI) ist zum zehnten Mal in Folge gestiegen. Mit einem Wert von 66,7 stieg der Index im Quartalsvergleich indessen lediglich um  0,2 Punkte und verlor damit erneut an Dynamik. Mit rd. 6,7 Punkten über dem  Marktgleichgewicht zeigt er aber unver­ändert einen Verkäufer- bzw. Ver­mietermarkt an. Zur Orientierung: Ausgeglichene Marktverhältnisse stellen sich im AWI mit einem Indexwert zwischen 40 und 60 Punkten dar.

Nach wie vor geht Markus Schmidt, Leiter AENGEVELT-RESEARCH, davon aus, dass die aktu­el­len Ergebnisse je nach Interessenlage zu unter­schied­­lichen Reaktionen führen: „Bestandshalter und Eigentümer bzw. Verkäufer von Mietzinshäusern profi­tie­ren unverändert von steigenden Mieten und Kauf­preisen. Die Mieter werden von dieser Ent­wick­­lung weniger erfreut sein. Allerdings dreht sich die Miet­preis­spirale in guten Lagen zunehmend langsamer.“  

Auch wenn der Positiv-Trend inzwischen alle Lagen erfasst hat und die guten Lagen durchweg besser abschneiden, ist die Dynamik bei der Mietpreisentwicklung in den einfachen und mittleren Lagen mittlerweile um einiges höher als in guten Lagen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass immer mehr Haushalte aus Kostengründen (stagnierende Ein­kommen bei gleichzeitig steigenden Mieten) auf Nebenlagen ausweichen (müssen). Entsprechend zeichnet sich in guten Lagen die Annäherung an einen Sättigungspunkt, wenn nicht gar Wendepunkt ab.

Generell werden die Perspektiven für bessere Lagen positiver als z.B. für einfache Lagen bewertet. Die guten Lagen stehen mit einem Teilindexwert von 78,5 Punkten (Herbst: 78,7) nach Einschätzung der Experten anhaltend hoch im Kurs. Dies gilt auch für die mittleren Lagen (Herbst: 71,1 bzw. Winter 2011/2012: 72,2). In einfachen Lagen ist die aktuelle Situation (53,9) wie auch im Sommer (53,5) ausgeglichen.

Sinkende Leerstände und steigende Mieten      
Überdurchschnittliche Dynamik in einfachen und mittleren Lagen

–          Ohne Differenzierung nach Lagen erwarten – wie bereits im Herbst – 45% der Teilnehmer einen Rück­gang der Wohnungsleerstände. In guten Lagen geht die über­wiegende Mehrheit (60%) von einem deutlichen Leerstandsabbau aus, in mittleren Lagen sind es immerhin noch rd. 43% und selbst in einfachen Lagen erwarten dies mittlerweile 31%.

–          Allerdings erwarten zugleich rd. 23% der Befragten in ein­fachen Lagen steigende Wohnungsleerstände. Dennoch rechnen in einfachen Lagen nur 15% mit sinkenden Mieten, über ein Drittel (35%) geht vielmehr selbst hier von steigenden Mieten aus.

–          In den mittleren bzw. guten Lagen fällt die Einschätzung aus Sicht der Ver­mieter weitaus positiver aus. Hier rechnet die Mehrheit mit steigenden Mieten. In mittleren Lagen sind dies 61% der Befragten, in guten Lagen sogar 70%.

Entwicklungen im Wohninvestmentsegment

–          Die Nachfrage nach Wohninvestments bleibt weiterhin hoch. Über alle Lagen hinweg erwarten 51% der Befragten (Herbst: 55%) weiterhin eine Zunahme der Nachfrage. Lediglich 11% erwarten einen Rückgang.

–          Nur noch rd. 27% erwarten eine weitere Verknappung des Wohninvest­ment-Angebots. Im Herbst war es noch rd. ein Drittel (33%). Auf der anderen Seite rechnet wie bereits im Herbst jeder Fünfte (21%) mit einem expansiveren Wohninvestmentangebot.

–          Einig sind sich die befragten Experten hinsichtlich der Preisentwicklung: rd. die Hälfte (51%) erwarten weiterhin steigende Preise. Zugleich sinkt der Anteil der „Pessimisten“ weiter: Erwarteten rd. 13% der Befragten im Sommer bzw. 10% der Befragten im Herbst sinkende Kaufpreise, sind es inzwischen nur noch rd. 8%.

Entwicklung von Investitionen

–          Trotz der allgemein guten Stimmung auf dem Wohninvestmentmarkt hinkt die Neubautätigkeit nach wie vor hinterher. Erst allmählich zeichnet sich hier nach Einschätzung der befragten Experten eine Belebung ab: Aktuell rechnen 35% (Herbst: 36%) der Befragten mit einer zuneh­menden Investitionstätigkeit im Neubausegment.

–          In guten Lagen erwarten 58% (Herbst: 55%) zunehmende Investi­tionen in den Wohnungsneubau. In mittleren Lagen sind es immerhin 34% (Herbst: 36%) und in den einfachen Lagen 15% (Herbst: 16%).

–          Ein Großteil der Befragten erwartet zudem eine deutliche Zunahme von Investitionen in Modernisierungs- und (energetische) Sanierungsmaß­nahmen. In guten Lagen sind es 64% aller Teilnehmer, in mittleren Lagen 59% und selbst in einfachen Lagen immer noch 33%.

FAZIT

Es bleibt dabei: Die Stimmung am Wohninvestmentmarkt ist gut. Ein Einbruch zeichnet sich weder im Mietwohnungssegment  (Mietpreise und Wohnungsnachfrage) noch im Bereich der Wohninvestments (Kaufpreise und Erwerbsinteresse) ab. Das gilt sowohl für die einfachen, die mittleren als auch die guten Lagen.

Überdurchschnittlich nachgefragt bleiben Objekte in guten Lagen. Entsprech­end hoch sind die Einstiegsfaktoren. Die hohe, indessen zunehmend nach­lassende Dynamik der Investmentnachfrage bei zugleich sinkender Mietdy­namik kündigt die Annäherung an einen Wendepunkt in guten Lagen an. Dementsprechend sieht Markus Schmidt Potentiale besonders an zentralen Standorten mittlerer Lagequalität. Hier können sich sinkende Leerstände und Mietsteigerungen überdurchschnittlich auf die Kapitalwerte auswirken.

Allerdings ist bei – insbesondere älteren – Bestandsgebäuden eine detailliert technische Bestandsaufnahme hinsichtlich notwendiger Modernisierungs- und (energetischer) Sanierungsmaßnahmen unerlässlich, da diese erheb­lich­en Einfluss auf die Gesamtinvestition und damit die Rendite-Performance haben können. Nicht selten kann in solchen Fällen Neubau die wirt­schaftlichere Alternative sein. „Dabei ist es nicht nur das technische Risiko, vielmehr können im Wohnungsneubau nachfragegerechte Wohnformen bedient werden, die sowohl vom Zuschnitt als auch in der Qualität in der Regel nachhaltiger sind als die (verfügbaren) Bestandswohnungen älterer Baujahre“, führt Markus Schmidt weiter aus.