Betongold bleibt auf Kurshoch

Eine Aufwertung des Themas „Bezahlbares Wohnen“ forderte Verbandspräsident Axel Gedaschko beim „Tag der Immobilie“ in Geislingen (Steige).

–  Fachtagung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Geislingen (Steige) nimmt Entwicklung der Wohnungswirtschaft in den Blick –

Nürtingen: (hfwu) In Politik und Gesellschaft fehlt es an einem klaren Bekenntnis, bezahlbaren Wohnraum schaffen zu wollen. So sieht es der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Welche weiteren Herausforderungen ein sich wandelnder Wohnungsmarkt mit sich bringt und wie sich die Preise entwickeln werden, das diskutierten jetzt Experten beim „Tag der Immobilie“ in Geislingen (Steige). Eingeladen hatte der Studiengang Immobilienwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU).

Die Fachtagung, die traditionell in der Jahnhalle in Geislingen stattfindet, stand unter dem Motto  „Wohnungswirtschaft im Wandel – von der Baugenossenschaft bis zum institutionellen Investor“. HfWU-Rektor Prof. Dr. Werner Ziegler begrüßte die rund 250 Teilnehmer, unter ihnen Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Er warnte in seinem Referat vor einer Überforderung der Wohnungswirtschaft bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Wohnungsunternehmen kämen hier in großem Umfang ihrer sozialen Verantwortung nach, doch „durch die Politik ist ein Verteilungsdilemma entstanden, das durch die Schuldenbremse noch verschärft wird“, so Gedaschko. Umso mehr bedürfe es daher einer Strategie für bezahlbares städtisches Wohnen und einer Konzentration der Förderung von Wohnungsneubau auf mittlere Einkommensschichten. Mit Blick auf den eigenen Verband sieht der GdW-Präsident Handlungsbedarf besonders in einem Themenfeld. Die Kosten für Gas, Heizöl und andere Haushaltsenergien seien in den letzten zehn Jahren um mehr als hundert Prozent gestiegen. Energiekosten würden so zu einem immer mehr bestimmenden Faktor beim Wohnen – und so zu einem der wichtigsten Themen für die Unternehmen der Wohnungswirtschaft. Denn diese hätten ein eigenes Interesse daran, dass Wohnen für die Menschen bezahlbar bleibt.

Einen Ausblick auf die künftige Entwicklung des deutschen Wohnungsmarkts gab Dr. Heike Piasecki, Mitgesellschafterin des Forschungs- und Beratungsunternehmen Bulwien Gesa AG. Nach der Bergspitze folge ein sanfter Anstieg, so ihr Bild und Ausblick auf die Entwicklung von Mieten und Immobilienpreisen in den nächsten Jahren. Denn an der aktuellen Situation, die durch fehlende Anlagealternativen geprägt sei, werde sich so schnell nichts ändern. Mit dem damit anhaltenden Trend zum „Betongold“ werden die Preise so zwar moderater, aber dennoch weiter steigen. Als einen Faktor, der oft unterschätzt werde, sieht die Wissenschaftlerin die Demographie: „Steigt die Bevölkerung in einer Region um ein Prozent, steigen die Immobilienpreise im gleichen Zeitraum um drei Prozent“.

Eine Verortung der Immobilienwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Lehre, Forschung und Praxis nahm HfWU-Studiendekan Prof. Dr. Robert Göötz vor. „Lage, Lage, Lage, war gestern“, so sein Fazit. Heute befände sich die Immobilienwirtschaft mit weiteren, ganz neuen Entwicklungen konfrontiert. So benötige die Wohnungswirtschaft viel Kapital für Gebäudesanierungen und energetisches Bauen oder um Fehlentwicklungen bei der Urbanisation zu korrigieren. Die Immobilie werde daher in zunehmendem Maße um die „Gunst des Kapitals“ mit anderen Kapitalanlagen konkurrieren. In der Folge werden die Immobilienmärkte stärkeren Spekulationen und Schwankungen ausgesetzt sein.

Der Sicht des Wissenschaftlers folgte die eines Praktikers. Sebastian Merkle stellte die Wohnungsgenossenschaft als ein besonderes aber nach wie vor zukunftsfähiges  Konzept vor. „Das Wohnungsangebot der Wohnungsgenossenschaften ist einzigartig: Sie bieten modernes Wohnen zu fairen Preisen, Mieter und Mitglieder haben lebenslanges Wohnrecht und können aktiv mitbestimmen“, so der Vorstand der Familienheim Schwarzwald-Baar-Heuber eG.

Das Tagungsthema aus der kommunalen Perspektive beleuchte Wolfgang Bielmeier. Der Geschäftsführer der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG erläuterte inwiefern kommunale Wohnungsunternehmen ein Korrektiv in Zeiten von Mietpreissteigerungen sein können. Um das Mietniveau einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft niedrig zu halten, sei nicht nur wirtschaftliches Handeln unabdingbar, möglich sei dies zudem nur durch eine öffentliche Förderung und die Unterstützung der Stadt, so ein Fazit Bielmeiers. Ob institutionelle Investoren für die Wohnungswirtschaft zum Fluch oder Segen geraten, darauf antwortete zum Abschluss der Tagung der Vorstand der Augsburger Patrizia Immobilien AG, Klaus Schmitt. Er forderte für den Wohnungsmarkt ein „konzertiertes Handeln“, die institutionellen Investoren hätten vor allem eine Rolle als Lückenschließer im Markt. Die öffentliche Hand könne zur Erhöhung des Immobilienangebots beitragen, indem sie instandhaltungsintensivem Bestand in geförderten Neubau umschichtet, die Wohnraumförderung erweitert oder Grundstücksspekulation durch einen Grundsteueraufschlag besteuert.

Autor: Udo Renner, 19.04.2013