Das Vermögensanlagen-Informationsblatt: Vergleichen muss sich lohnen! (Teil 1)

RA Dr. Bernd Rüber und Rechtsanwalt
und Steuerberater Dr. Gunter Reiff

Ab dem 1. Juni 2012 müssen Anbieter von geschlossenen Fonds neben dem Verkaufsprospekt ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) gemäß §13 Vermögensanlagengesetz veröffentlichen. Auf der Basis des Gesetzentwurfes haben zahlreiche Initiatoren bereits in den letzten Monaten VIBs erstellt. Auffallend ist, dass die bislang veröffentlichten VIBs zumeist nur zwei DIN A4 Seiten umfassen und so den gesetzlich zulässigen Maximalumfang von drei DIN A4 Seiten nicht ausschöpfen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Gestaltung der VIBs noch ändern wird und sich endgültige Standards erst noch entwickeln werden. Nachfolgend möchten wir einige Formulierungs- und Gestaltungsvorschläge für ein VIB zur Diskussion stellen.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das VIB die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage enthalten, so dass das Publikum die Vermögensanlage mit anderen Finanzinstrumenten „bestmöglich vergleichen“ kann. Die Darstellung soll also die Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Vermögensanlagen gewährleisten. Ein Vergleich ist jedoch nur dann sinnvoll möglich, wenn Unterschiede dargestellt werden. Gleichlautende Standardformulierungen in VIBs zu unterschiedlichen Fonds würden einen Vergleich verhindern und dürften daher im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorschriften stehen. Bei der Formulierung des VIBs muss ein Initiator daher versuchen, die charakteristischen Merkmale der Vermögensanlage individuell darzustellen. Dabei ist § 13 Abs. 4 Satz 1 Vermögensanlagengesetz zu berücksichtigen, wonach der Anleger die Informationen des VIBs verstehen können muss, ohne hierfür zusätzliche Dokumente heranziehen zu müssen. Ein Verweis auf Prospektteile kann daher die Angaben im VIB nicht ergänzen oder ersetzen. Vielmehr müssen sämtliche notwendigen Angaben explizit im VIB enthalten sein.

Die vom Gesetz geforderte Vollständigkeit des VIBs ist insbesondere bei der Darstellung der Risiken eine besondere Herausforderung. Gemäß §13 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Vermögensanlagengesetz müssen „die mit der Vermögensanlage verbundenen Risiken“ dargestellt werden. Ein Blick in die häufig sehr umfangreichen Risikoteile der Verkaufsprospekte zeigt, dass regelmäßig zahlreiche Risiken mit der Vermögensanlage verbunden sind. Nach unserer Einschätzung ist §13 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Vermögensanlagengesetz dahingehend auszulegen, dass nicht sämtliche im Prospekt aufgeführten Risiken im VIB genannt werden müssen, sondern nur diejenigen Risiken, die für den Anlageerfolg besonders wesentlich und relevant sind. Der Anbieter muss daher eine Bewertung der Risiken vornehmen, bei der er die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Risikorealisation sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigen muss.

Der VGF hat folgenden Formulierungsvorschlag für die unternehmerischen Risiken veröffentlicht:

Es handelt sich um eine unternehmerische Beteiligung. Der wirtschaftliche Erfolg der Investition und damit auch der Erfolg der Vermögensanlage kann nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Höhe und Zeitpunkt von Zuflüssen können daher weder zugesichert noch garantiert werden. Der wirtschaftliche Erfolg ist abhängig von einer Vielzahl variabler Faktoren, insbesondere von der Entwicklung des jeweiligen Marktes. Auch rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen können sich verändern und Auswirkung auf den Emittenten haben. Die Investition wird zum Teil über Fremdkapital finanziert, das unabhängig von der Einnahmesituation der Emittentin zu bedienen ist.

Dieser Formulierungsvorschlag hat den Vorteil, dass er aufgrund des hohen Abstraktionsgrades bei nahezu jedem geschlossenen Fonds verwendet werden kann. Allerdings erscheint es fraglich, ob durch diese Formulierung die Vergleichbarkeit von Vermögensanlagen ermöglicht wird. Außerdem dürfte eine zu allgemeine Beschreibung der Risiken ein erhöhtes Haftungsrisiko für Berater darstellen, da der Berater sich unter Umständen nicht darauf berufen kann, dass der Anleger durch die Aushändigung des VIB über sämtliche wesentlichen Aspekte der Vermögensanlage informiert worden ist.

Aus diesen Gründen sollten nach unserer Auffassung die wirtschaftlichen bzw. unternehmerischen Risiken bei jedem geschlossenen Fonds individuell beschrieben werden. Regelmäßig dürften ca. drei bis fünf wirtschaftliche Risiken als wesentlich identifiziert werden können. Eine Übersicht über die wesentlichen Risiken bei wichtigen Assetklassen gibt die folgende Tabelle:

Außerdem sollten Fremdwährungsrisiken sowie Risiken im Zusammenhang mit Fremdfinanzierungen genannt werden. Hierbei erscheint es sinnvoll, die Laufzeit des Darlehens, die Länge der Zinsbindung sowie die Höhe der Restschuld beim Ablauf der Zinsbindung in Prozent zum ursprünglichen Darlehen anzugeben.

Zur besseren qualitativen Beschreibung der Risiken schlagen wir die Einführung der Begriffe Risikoeinheit und Risikokonzentration vor. Diese Begriffe müssen im VIB nicht explizit erwähnt werden, sie eignen sich jedoch zu Verdeutlichung der Risikostrukturen der Vermögensanlage. Jedes Risiko verteilt sich auf eine oder mehrere Risikoeinheiten. Eine Risikoeinheit ist dadurch charakterisiert, dass sich das jeweilige Risiko in dieser Einheit unabhängig von den anderen Risikoeinheiten verwirklichen kann. Sofern ein geschlossener Fonds bezüglich eines Risikos nur eine Risikoeinheit aufweist, besteht insofern eine hohe Risikokonzentration. Für jedes Risiko können unterschiedlich viele Risikoeinheiten und somit unterschiedliche Grade der Risikokonzentration existieren.

Die unternehmerischen Risiken eines geschlossenen Fonds, der in ein Bürogebäude mit einem Hauptmieter und drei weiteren Mietern investiert, können wie folgt dargestellt werden:

Es handelt sich um eine unternehmerische Beteiligung, deren Erfolg durch die Realisation von zahlreichen Risiken beeinträchtigt werden kann. Die nachfolgend aufgeführten Risiken werden von dem Anbieter der Vermögensanlage als besonders wesentlich angesehen, wobei keine Aussage über die Eintrittswahrscheinlichkeit der genannten Risiken getroffen werden kann. Auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Vermögensanlagen-Informationsblatts nicht als besonders wesentlich bewertete und daher nachfolgend nicht beschriebene Risiken können bei ihrer Realisierung erhebliche negative Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg haben.

Die Büroimmobilie ist an insgesamt vier Mieter vermietet. Es besteht das Risiko, dass einer oder mehrere Mieter während der Laufzeit der Mietverträge ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Zahlung der Miete nicht erfüllen. Der Anteil der Mietzahlungen des Hauptmieters an den anfänglich prognostizierten Einnahmen liegt bei 70%, so dass bezüglich dieses Mieters eine erhöhte Risikokonzentration besteht. Die Mietverträge haben eine Laufzeit zwischen zehn und fünfzehn Jahren. Nach Ablauf der Mietverträge besteht das Risiko, dass die Mietverträge nicht verlängert werden und für frei werdende Flächen neue Mieter gefunden werden müssen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Neuvermietung nur nach Umbaumaßnahmen möglich ist. Das Anschlussvermietungsrisiko kann sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten realisieren.

Sofern die Fondsimmobilie verkauft werden soll, besteht das Risiko, dass aufgrund der dann herrschenden Marktbedingungen ein geringerer Kaufpreis als prognostiziert erzielt werden kann. Da der Emittent nur an einer Immobilie beteiligt ist, besteht eine hohe Abhängigkeit von den Marktbedingungen am Standort der Fondsimmobilie.

Die Investitionen des Emittenten werden durch ein Darlehen finanziert. Die Laufzeit des Darlehens beträgt 15 Jahre, wobei für die ersten 7 Jahre ein Zinssatz in Höhe von 5% p.a. vereinbart worden ist. Nach Ablauf der Zinsbindung besteht das Risiko, dass sich die Zinsen für das Darlehen erhöhen. Die Restschuld wird zum Ablauf der Zinsbindung bei ca. 91% der ursprünglichen Darlehenssumme liegen.

Diese Beschreibung der Risiken erscheint sehr umfangreich und detailliert im Vergleich zu den bislang zu beobachtenden Risikodarstellungen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass viele VIBs den zulässigen Umfang von drei DIN A 4 Seiten noch nicht ausgeschöpft haben.

(Teil 2 lesen Sie in 2 Wochen am 20. Januar 2012.
Themen sind u.a.: Emittentenrisiko und Haftungsrisiko, steuerliche Risiken und Prognoserechnungen.)