Die Lage auf dem Immobilienmarkt bleibt angespannt

Seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise in Europa tut die Europäische Zentralbank (EZB) alles, um eine Kreditklemme wie nach der Finanzmarktkrise im Jahr 2009 zu verhindern. Sie flutet den Markt mit Geld und setzt die Zinsen herunter. Der äußere Anreiz, Kredite zu vergeben, ist für die Banken damit geschaffen. Was jedoch belastet, ist die Sorge um die weitere konjunkturelle Entwicklung in Euroland. Außerdem schlummern ja auch noch die Altlasten aus der Finanzkrise in vielen Büchern.

Ungewissheit schmälert bekanntlich das Vertrauen. So kommt auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) nach einer Umfrage unter Führungskräften und Entscheidungsträgern aus der deutschen Immobilienwirtschaft zu dem Ergebnis: „Trotz des historischen Zinstiefs bleibt die Finanzierungssituation in der Immobilienwirtschaft weiterhin angespannt.“

Viele der Befragten befürchten eine Verschlechterung der Finanzierungssituation in den kommenden Monaten, auch wenn niemand eine konkrete Kreditklemme erwartet. Die Unsicherheit, mit der die Regierungen in Euroland auf die Schuldenkrise reagieren, trägt nicht zur Stimmungsaufhellung bei. „Bedenklich stimmen uns vor allem die Bankenregulierungsvorhaben der EU, der Wegfall wesentlicher Immobilienfinanzierungsinstitute und die Beschränkung der Hypothekenkreditvergabe durch viele andere Banken“, zählt Axel von Goldbeck, Sprecher der ZIA-Geschäftsführung auf.

Dadurch wird nach seiner Einschätzung das verfügbare Hypothekenkreditvolumen auf mittlere bis lange Sicht  nachhaltig begrenzt. Einen Ersatz für die wegbrechenden Volumina sieht der ZIA bislang nicht: „Der negative Ausblick der Umfrageteilnehmer zeigt, dass die Branche unsere Bedenken teilt“, so von Goldbeck.

Im Einzelnen gab die Mehrheit der Befragten (56,4%) an, dass sie in den kommenden  Monaten nicht mit einer wesentlichen Verbesserung der Finanzierungssituation rechnet. 41,8% der Führungskräfte und Entscheidungsträger erwartet, dass die Bedingungen bis zum Jahresende schwieriger werden. Nur gerade einmal 1,8% der vom ZIA Befragten lässt sich seinen Optimismus nicht nehmen und hofft auf eine Verbesserung bei der Kreditvergabe.

Aber auch die gegenwärtige Situation wird von rund einem Drittel (32,1%) bereits als „außerordentlich schwierig“ empfunden. Gemessen am Krisenjahr 2009, als der Begriff „Kreditklemme“ wohl das am häufigsten verwendete Wort in der Immobilienbranche war, hat sich die Lage 3 Jahre später allerdings etwas entspannt. Denn damals waren für drei Viertel der Befragten die allgemeinen Finanzierungsbedingen „außerordentlich schwierig“.

Die Folgen dieser Kreditklemme im Jahr 2009 lassen sich heute an der geringeren Zahl neuer Shopping-Centern ablesen, die laut Cushman & Wakefield europaweit fertig gestellt werden. Gerade bei der Entwicklung großvolumiger Einkaufszentren war die Finanzierung kurz nach Ausbruch der Finanzkrise Mangelware, weil niemand ein Risiko eingehen wollte. Auch die extreme Fokussierung der Investoren auf Core-Immobilien im deutschen Investmentmarkt in diesem Jahr zeugt von der wachsenden  Verunsicherung, die den Markt seit Sommer 2011 zunehmend prägt.

Finanzierung bei kleineren Volumina unproblematisch

Aktuell sind Kreditaufnahmen laut ZIA-Befragung aber ganz generell weiter möglich. Als relativ unproblematisch erweist sich die Kreditvergabe bei kleineren Immobilienprojekten im zweistelligen Millionenbereich bzw. Portfolios: Bei kleinvolumigen Projekten sprachen nur 7,1% der Befragten von  Finanzierungsproblemen.

„Auch für große Immobilienprojekte und Finanzierungen finden sich zum Teil Kreditgeber“, berichtet der ZIA weiter. Für gut ein Drittel der Befragten  (35,7%) werden Finanzierungen von mehr als 200 Mio. Euro jedoch schwierig oder seien fast nicht zu bekommen.

Ein weiteres heißes Thema, das Entscheidungsträger und Führungskräfte aus der Immobilien-Szene bewegt, sind die Prolongationen von Krediten. Nach Einschätzung von Frank Pörschke, CEO von Jones Lang LaSalle Deutschland stehen allein in Deutschland in den Jahren 2012 und 2013 Prolongationen in Höhe von etwa 80 Mrd. Euro an.

So ergab auch die ZIA-Umfrage, dass sich für knapp die Hälfte der Befragten (48,2%) die Verlängerung von Darlehen als schwierig erweist, 44,6% gaben an, dass Kreditinstitute anfangen zu diskutieren, wenn z.B. bestimmte „Covenants“ (Vertragsklauseln) nicht eingehalten werden. In der Regel würden die Unternehmen die Prolongation zwar erhalten, doch würden die Banken die Margen erhöhen, berichtet von Goldbeck.

Bei Prolongationen verlangen Banken oft höhere Margen

Solange das Zinsniveau noch so niedrig bleibt, dürfte das für die Unternehmen zu verkraften sein. Zum Problem wird es, sobald das Zinsniveau wieder steigt. Danach sieht es angesichts der ungelösten Schuldenprobleme und der Rezession in den südeuropäischen Ländern aber vorerst nicht aus.

Da offenkundig ist, dass die führenden Politiker in Euroland nicht so recht wissen, wie die Probleme einer mit großen Geburtsfehlern behafteten europäischen Währungsunion zu lösen sind, bleibt die Ungewissheit auch weiterhin ein  stetiger Begleiter der Marktteilnehmer. Zudem wird es Zeit brauchen, bis die in den Krisenländern angestoßenen Reformen greifen und für Entspannung sorgen.

Diese Stimmung spiegelte zuletzt auch der ifo-Geschäftsklima-Index. Die deutsche Wirtschaft befürchtet Beeinträchtigungen durch die Euro-Krise und hat ihre Erwartungen für das kommende Halbjahr kräftig zurückgenommen. Auch die Konsumenten erwarten, dass sich die deutsche Konjunktur eintrübt.

Dieser Artikel erscheint am 27. Juli in der Handelsimmobilien Report Nr. 126