Die neuen Supermarkt-Konzepte benötigen mehr Platz

Geänderte Anforderungen an die Ladengestaltung setzen auch im Lebensmitteleinzelhandel eine größere Verkaufsfläche voraus als noch vor einigen Jahren. Das sollte bei den gesetzlichen Vorgaben unbedingt berücksichtigt werden.

Der Lebensmittelhandel entwickelt sich seit vielen Jahren mit hoher Dynamik. Dies äußert sich insbesondere in einer ständigen Änderung der Verkaufsflächenausstattung in Bezug auf Quantität und Qualität. Durch die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die sogenannte Regelvermutungsgrenze (§11,3 BauNutzungsverordnung), wonach ein Einzelhandelsbetrieb bis zu 1 200 qm Geschossfläche (ca. 800 qm Verkaufsfläche) ohne negative Folgen für die städtebauliche Ordnung und Raumordnung bleibt, war die Ansiedlung der Discounter lange Zeit begünstigt.

Gerade bei den Vollsortiment-Supermärkten mit einer Größe von 1 000 bis 1 500 qm Verkaufsfläche werden jedoch von Expertenseite gute Wachstumschancen gesehen. Dies zum Einen vor dem Hintergrund einer qualifizierten Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Zum Anderen werden auch Supermärkte immer öfter zu Stätten für den Erlebniseinkauf.

Durch die Verbesserung der Konzepte und die Warenpräsentation sprechen die Supermarktbetreiber verstärkt die Emotionen der Kunden an, um Umsätze zu steigern und zu binden. Und auch der demographische Wandel fordert seinen Tribut. So sind halbhohe Regale, die es z.B. Rollstuhlfahrern ermöglichen, alle Artikel ohne Hilfe zu erreichen, mittlerweile weit verbreitet. Auch breitere Gänge für Kunden mit Kinderwagen und Gehhilfe tragen zum Flächenverbrauch bei.

Großzügige Kassenbereiche mit der Möglichkeit, die Waren in Ruhe einpacken zu können, ohne vom nächsten Kunden bedrängt zu werden, erhöhen einerseits das Wohlbefinden des Kunden, benötigen andererseits jedoch viel Platz. Zu den weichen Faktoren der neuen Supermarkt-Generation zählen auch Ruhebänke, eventuell kombiniert mit dem Angebot einer kostenlosen Tageszeitung und Getränken sowie eine Kinderspielecke.

Doch auch gesetzlich bedingt erhöhen sich die Flächenanforderungen. Durch die Verpflichtung zur Verpackungsrücknahme sind entsprechende Rücknahme-Stellen zu integrieren. Weitere Flächen sind für die komplexe Pfandrücknahme bereitzustellen.

Im Vergleich zu discountorientierten Anbietern beziehen Supermärkte ihre Attraktivität nicht aus Preisvorteilen, sondern profitieren durch Serviceorientierung und ein breites Sortiment. Die Betreiber gehen damit auf ganz individuelle Verbraucherbedürfnisse ein. Doch dies erfordert mehr als die innerhalb der Regelvermutungsgrenze zulässigen 800 qm Verkaufsfläche.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung

Diesen neuen Anforderungen begegnet jetzt die bayerische Landesregierung mit einer Änderung der Verwaltungspraxis für die Zulassung von Nahversorgungsmärkten. Das derzeit geltende Einzelhandelsziel des Landesentwicklungsprogramms wird zur Verbesserung der Nahversorgungssituation durch die neuen Regelungen neu ausgelegt. Danach sind zumindest im ländlichen Raum Verkaufsflächen bis 1200 qm für Lebensmittelvollsortimenter genehmigungsfähig.

Dies scheint ein erster Schritt in die richtige Richtung zu sein, um die Innovationskraft sowie den freien Wettbewerb im Einzelhandel zu erhalten. Die Rücknahme einer ersten Restriktion zur Ansiedlung von Lebensmittelmärkten ist insofern zu begrüßen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob der ländliche Raum auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Tragfähigkeit eines Lebensmittelmarktes in dieser Größenordnung die Anforderungen der Betreiber erfüllen kann. Da der ländliche Raum über ein eher schwaches Einwohnerpotenzial verfügt, darf angezweifelt werden, ob ein moderner Supermarkt auch die Umsätze erbringen kann, die für einen positiven Deckungsbeitrag des Betriebs erforderlich sind.