Die Länder Osteuropas sind für den Einzelhandel zweifellos die „Märkte der Zukunft“. Das Interesse nimmt wieder stetig zu. Doch Westeuropa ist im Schatten der Finanzmarktkrise immer noch der „Markt der Gegenwart“. Nach der Untersuchung „How active are Retailers“, die CB Richard Ellis (CBRE) auf der 16. MAPIC in Cannes vorgestellt hat, ist für das Gros der 212 im Sommer nach ihren Expansionszielen im Jahr 2011 befragten Handelskonzerne der Westteil des europäischen Kontinents noch das präferierte Expansionsziel
Sieben der Top-10-Zielländer in Europa und Afrika (EMEA) befinden sich in der Region West. Und in diesem Ranking führt der deutsche Markt die Rangliste mit 41% der Nennungen als Top-Zielmarkt an. Immerhin erwartet der Handelsverband HDE, wie der Präsident Josef Sanktjohanser beim 9. Deutschen Handelskongress in Berlin mitteilte, 2010 wieder ein Umsatzwachstum von 1,5% und sieht auch 2011 eine 1 vor dem Komma. Das BIP wird nach Einschätzung der „Wirtschaftsweisen“ 2010 um 3,7% und 2011 um 2,2% wachsen. Davon will der globalisierte Einzelhandel profitieren, zumal der Anteil internationaler Marken – also der Internationalisierungsgrad – hierzulande noch vergleichsweise gering ist.
Auf dem 2. Platz folgt jedoch bereits der polnische Markt mit 33% der Nennungen. Gleichauf (33%) befindet sich der französische Markt, vor Spanien (30%) und Großbritannien (29%). Italien (27%), Österreich (27%), Belgien (25%) und die Niederlande (24%) folgen auf den Rängen 8 bis 11. Interessant ist, dass sich Russland und die Tschechische Republik mit jeweils 28% der Nennungen auf den Plätzen 6 und 7 etablieren konnten. Vor allem seit dem 3. Quartal hat nach Feststellung des Metro-Konzerns, der in Osteuropa stark vertreten ist, in Ländern wie Russland – aber auch in der Ukraine – eine Trendwende eingesetzt.
Auf der Liste der expansionswilligen Handelskonzerne stehen laut CBRE insgesamt 38 der 42 untersuchten europäischen Länder. In der unteren Hälfte der Top 20 finden sich Länder wie Ungarn, Bulgarien, Rumänien, die Türkei, die Slowakei und Kroatien. Der Trend werde sich fortsetzen, da die Händler in diesen Ländern neue Chancen nutzen könnten, in vielen entwickelten Märkten würden die Expansionsmöglichkeiten dagegen abnehmen“, ist CBRE überzeugt.
Deutschland hat es zum 2. Mal in Folge an die Spitze der Rangliste geschafft. Aber auch die deutschen Einzelhändler selbst sind besonders optimistisch. 29 der 42 befragten Händler wollen 2011 auch im Inland expandieren. Der Grund liegt nach Angaben von CBRE in der dezentralen Struktur des deutschen Marktes, der mit 5 bis 6 Städten besonders viele nahezu gleichberechtigte Expansionsziele bieten kann.
Zwar ist der Wettbewerb in Deutschland in vielen Handelsbranchen recht ausgeprägt, gibt Karsten Burbach, Head of Retail bei CB Richard Ellis in Deutschland mit Blick auf das große Interesse ausländischer Filialisten am hiesigen Markt zu bedenken, doch würden Markteintritt und Expansion durch eine Vielzahl attraktiver Handelsstandorte erleichtert. Hinzu kommt, dass Deutschland als Europas größte Volkswirtschaft mit vergleichsweise stabilen Handelsumsätzen ein guter Ausgangspunkt für die Expansion auf dem europäischen Kontinent ist.
Einen Blick über die europäischen Grenzen auf den Zukunftsmarkt China hat Henderson Global Investors in seiner Untersuchung getan: Wie Charlie Huang, Research Analyst bei Henderson Global Investors berichtet, sind allein der weltgrößte Handelskonzern Wal-Mart und die Nummer 2, die französische Carrefour, mit über 300 Märkten in China präsent. Die Franzosen planen in den nächsten 5 Jahren weitere 125 Hypermärkte. Auch der Metro-Konzern ist bereits mit seiner Cash & Carry-Tochter in China und plant die Expansion mit der Elektrofachmarkt-Tochter Media Markt. Der erste Testmarkt steht in Shanghai. Aber auch Bekleidungsketten haben den großen chinesischen Markt im Blick: Mango plane im kommenden Jahr die Eröffnung von 220 Filialen, zählt Huang auf und Zara habe die Zahl seiner Filialen seit 2009 auf 65 verdoppelt. Auf Wachstumskurs sind aber auch die einheimischen Einzelhändler.
Im Fokus stehen die stark wachsenden Millionenstädte, die im europäischen Ausland vielfach unbekannt sind, die nach Hendersons Schätzung jedoch jährlich 10 Millionen Menschen anziehen. Das steigert die Nachfrage und den Bedarf an neuen, modernen größeren Einzelhandelsflächen. „Der bisher kleinteilige Einzelhandelsmarkt in China befindet sich in einem Strukturwandel“, so Huang. Die Verkaufsflächen würden immer größer und die Marktteilnehmer professioneller. So sind hochwertige Verkaufsflächen gefragt bei gleichzeitig steigenden Mieten, was den chinesischen Handelsimmobilienmarkt wieder für Investoren interessant macht.