Glenn Miller und die Börsengänge

Dr. Thomas Beyerle

Wer sich fragt was der Bandleader Glenn Miller mit den aktuellen Börsengängen, den sog. IPO´s (initial public offering) zu tun hat, muss in der Tat erstmal seine Synapsen walten lassen. Kenner seiner Musik wissen – eines seiner bekanntesten Stücke ist „In the mood“ von 1940. Fast scheint es so, dass sich mit diesem Titel die Stimmung der aktuell messbaren und gefühlten konjunkturellen Situation beschreiben lässt. Dass es wieder losgeht in der Immobilienbranche nach Jahren der Abstinenz an den Kapitalmärkten zeigt die Berichterstattung der letzten Monate. GSW, JK Wohnbau AG und Stern Immobilien AG, auch die  Ankündigung von Prime Office „noch vor der Sommerpause den Börsengang durchzuziehen“. Hinzu kommen auch die Kapitalerhöhungen z.B. von ehemaligen Börsenkandidaten Alta Fides – heute YOUNIQ AG.

Die Botschaft ist klar: ein Börsengang findet fast immer nur in einer Gemengelage statt welche sich mit den Vorzeichen „Markterholung und Kapitalbedarf“ umschreiben lässt. Zwei grundsätzlich positiv besetzte Begriffe im Marktvokabular. Kapitalbedarf deshalb um Expansions- bzw. Investitionspläne zu bewerkstelligen. Zusätzlich sind weitere Gründe anzuführen: 

  • Wichtigstes Motiv ist die Zuführung von Kapital an das Unternehmen durch Ausgabe von neuen Aktien, durch Stärkung der Eigenkapitalbasis und Finanzierung von Wachstum, z.B. für den Kauf weiterer Immobilien
  • Der Börsengang kann von Investoren als Exit-Strategie genutzt werden 
  • Unternehmensteile können im Rahmen eines Spin-off abgetrennt werden, z.B. Immobilien, falls diese nicht zum Kerngeschäft zählen
  • Aufgrund der höheren Bonität von börsennotierten Unternehmen können die Fremdkapitalkosten reduziert werden
  • Der  Bekanntheitsgrad des Unternehmens wird erhöht bzw. neu positioniert
  • Und : das Unternehmen gewinnt an Attraktivität für Mitarbeiter und Führungskräfte

 

Börsengänge wirken deshalb auch als Indikator schlechthin um die Marktentwicklung weiter zu treiben. Denn, sie sind hoch korreliert mit der konjunkturellen Entwicklung. Oder anders ausgedrückt: es besteht ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen der Konjunktur auf der einen Seite und der Anzahl und dem Emissionsvolumen der Börsengängen von  Immobilienunternehmen. Wie stark dieser Zusammenhang ist, registrierten wir am Beispiel der GSW und Griechenland  im letzten Jahr – kurz vor der Ziellinie wurde der IPO abgesagt.

Schaut man weiter zurück in die jüngere Vergangenheit lassen sich weitere faszinierende Zusammenhänge und Schemata erkennen:

  • Bei der hier verwendeten Grundgesamtheit der Börsengänge von Immobilienunternehmen seit 2000 besteht die stärkste Korrelation zwischen der Konjunktur und dem Emissionsvolumen der Börsengänge (0,53).
  • Dieser Zusammenhang ist stärker als der zwischen der Anzahl der Börsengänge und der Konjunktur (0,45).
  • Daraus lässt sich schließen, dass als Bedingung für einen Aufschwung von IPO´s von Immobilienaktienunternehmen vor allem ein positives Wirtschaftswachstum vonnöten ist.

 

Fast noch wichtiger:

  • Börsengänge von Immobilienunternehmen sind gegenüber dem Konjunkturverlauf ein nachlaufender Indikator. Mit anderen Worten: die letzten werden gemacht wenn die Konjunktur sich schon wieder abkühlt.
  • Klar ersichtlich auch: zu Beginn eines Börsenzyklus sind es vor allem kleinere Unternehmen welche sich an die Börse wagen, während größere Emissionen tendenziell später auf den Markt kommen.

 

Das Bild beschreibt offensichtlich genau die aktuelle Situation.

Analysiert man ausschließlich die „echten“ Börsengänge, bei denen Aktien am Markt platziert wurden also keine Manteltransaktionen und keine Notierungsaufnahmen ohne Aktienplatzierung verdichtet sich dieser Zusammenhang noch stärker.

Stimmen diese Zusammenhänge der letzten 10 Jahre – mit bekanntermaßen zwei Höhepunkten auch nur ansatzweise in der Nachfinanzkrisenphase, liegt eines auf der Hand:

Strotzt die deutsche Wirtschaft weiterhin so vor Kraft und entwickelt sich der Konjunkturverlauf weiterhin so positiv in Deutschland ist in den nächsten Jahren eine deutliche Zunahme der Zahl und insbesondere das Emissionsvolumen der Börsengänge zu erwarten ist. Fällt Griechenland in den nächsten Wochen – kann es schnell wieder vorbei sein. Bis dahin sollten wir noch viel von Glenn Miller hören.