Holländische Immobilienmärkte bieten Chancen trotz hoher Leerstände

Manhattan an der Maas – kein Wunder, dass die Rotterdamer ihre Stadt so nennen. Hier steht nicht nur das höchste Bürogebäude der Niederlande, die gesamte Skyline ist enorm in die Höhe geschossen. Aktuell entsteht in Rotterdam eine der größten Büroprojekte Europas. Auftraggeber ist das Entwicklungsunternehmen OVG, das unter anderem auch das Büro– und Geschäftshaus „Hum-boldt Hafen Eins“ in Berlin erstellt und an zwei Altersvorsorge-Gesellschaften verkauft hat.

 

Manhatten an der Maas - Wolkenkratzer in Amsterdam

Manhatten an der Maas – Wolkenkratzer in Amsterdam

Ansonsten passiert aktuell nicht viel auf den niederländischen Immobilienmärkten. „Wir sehen derzeit so wenig Büroneubauten in den Niederlanden wie niemals zuvor“, berichtet Jeppe de Boer, Vorstandsvorsitzender der OVG AG. Er geht davon aus, dass eine Reihe der insgesamt 230 holländischen Bürostandorte deutlich schwächeln wird. Solche ohne Eisenbahnanschluss zum Beispiel oder mit reiner Büronutzung ohne Wohnungen, Geschäfte und Restaurants dürften dauerhaft keine Chance mehr haben.

 

Andere Standorte dagegen sind nach Ansicht der niederländischen Immobilienprofis gut aufgestellt. Zweckoptimismus einer Branche? „Der niederländische Immobilienmarkt kommt in der deutschen Presse zu schlecht weg. Die Berichterstattung ist zu pauschal, nicht differenziert genug“, ärgert sich Matthias Euler aus dem Amsterdamer Büro des Immobilienunternehmens CBRE.

 

Er räumt ein, dass Investoren in der Vergangenheit zahlreiche Fehler gemacht haben. Verantwortlich für die Fehlentwicklung waren aber auch lockere Baugenehmigungen. Seit dem Jahr 2.000 ist das Procedere nicht mehr staatlich geregelt, sondern liegt in den Händen der jeweiligen Kommunen. „Sie dürfen seitdem Bauland selbst ausweisen. Weil jede Gemeinde ihren eigenen Büroparkt haben wollte, und die Banken viel zu freigebig finanzierten, wurde mehr gebaut als nötig“, so Euler.

 

Seit Anfang des Jahrtausends sind die niederländischen Bürostandorte daher durch ein erhebliches Überangebot gekennzeichnet. In seiner Rangliste der europäischen Metropolen mit hohen Leerstandsraten führt Jones Lang LaSalle Rotterdam, Amsterdam und Utrecht mit 15 bis 16 Prozent unter den ersten sechs. „Anders sieht es bei den Class-A-Immobilien aus“, relativiert Pim Macke, als Director Strategic Advisory für die Kundenberatung bei Jones Lang LaSalle zuständig. „Hier stehen nicht mehr als fünf Prozent der Flächen leer – das ist in Rotterdam, Amsterdam und Utrecht nicht anders als in Frankfurt, Düsseldorf oder München.“

 

Kommen neue Flächen an den Markt, sind sie bereits vor Baubeginn langfristig an gute Adressen vermietet – Voraussetzung, um eine Fremdfinanzierung zu bekommen. Spekulativ baut in den Niederlanden schon lange niemand mehr. Wie auch, ohne Darlehen? Selbst bei halbwegs sicheren, rentablen Projekten drängen sich die Banken nicht gerade auf. „Von ehemals rund 20 Banken sind nur noch drei nennenswert in der Finanzierung von Gewerbeimmobilien aktiv, und auch die halten sich bei großen Volumina zurück“, sagt OVG-Chef de Boer. Alle Projekt über 60 Millionen Euro seien nur unter Schwierigkeiten zu finanzieren. Daher sieht er derzeit auch wenig Chancen für den Verkauf umfangreicher Portfolios am freien Markt.

 

Gleicher Ansicht ist CBRE-Mann Euler: Was noch vor ein paar Jahren gelang, dürfte heutzutage nicht mehr funktionieren. Die Banken, die früher mit fünf Prozent Eigenkapital große Immobilienpakete finanzierten, die gibt es nicht mehr.“ Außerdem würden Käufer keine heterogenen Portfolios mehr akzeptieren. Läuft bei manchen Objekten der Mietvertrag in absehbarer Zeit aus, gibt es dafür höchstens Nachfrage von amerikanischen  oder  britischen Private-Equity-Gesell-schaften. „Aber selbst die zahlen manchmal nicht mehr als 200 Euro pro Quadratmeter.“

 

Was hat nicht funktioniert in Holland? Dafür gibt es eine Reihe von Beispielen. In Diemen, ein infrastrukturell schlecht erschlossener Standort südostlich von Amsterdam, wurden spekulativ errichtete Neubauten teilweise nie bezogen. Inzwischen genügen die Flächen den Ansprüchen in keiner Weise mehr. Trotzdem ging der Leerstand rapide zurück. „Die früheren Büros wurden umgewandelt in Studentenappartements und sind zu 85 Prozent vermietet“, sagt Euler.

An anderen Standorten wiederholen sich die Fehler offenbar. In Hoofddorp wechseln die Mieter von einer Seite der Autobahn auf die andere. Dort ist die Infrastruktur nicht besser, doch locken die Bauträger mit hohen Incentives.

 

Auch am Standort Zuidas Amsterdam hatten Mieter lange Zeit die besseren Karten. Zugeständnisse von bis zu 30 Prozent bei Mietverlängerungen waren keine Seltenheit. Inzwischen sind die Abschläge auf sieben Prozent gesunken. Damit sind die Einnahmen für die Eigentümer auf Grund der Inflation immer noch höher als zu Beginn der Erschließung des Areals vor 13 Jahren.

 

Entscheidend seien nicht nur eine lebendige Umgebung, beste Anbindungen an den Nahverkehr und eine Green-Building-Zertifizierung. Der neueste Schrei auf dem niederländischen Immobilienmarkt heißt New WOW, was für Way Of Working steht. Ein Konzept, dass auch CBRE in seinen Büros umsetzt. „Bei uns hat niemand mehr einen eigenen Schreibtisch. Selbst unser Chef arbeitet an keinem festen Platz“, berichtet CBRE-Manager Euler. Nach anfänglicher Skepsis seien alle Mitabeiter begeistert. Das können wir glauben oder nicht. Unabhängig davon dürfte spätestens in fünf Jahren aber auch dieses Konzept wieder von gestern sein. Mal sehen, was dann kommt. Wahrscheinlich wieder Einzelbüros.

 

Anlass der Pressereise nach Holland war eine Einladung der Hannover Leasing. Der Initiator hat in Utrecht eine Immobilie gekauft, die 20 Jahre lang an den Lebensmittelkonzern Danone vermietet ist. Das Unternehmen tüftelt hier unter anderem an neuen Geschmacksrichtungen für Joghurts und Babynahrung. Hannover Leasing plant, den Fonds noch vor dem 22. Juli anzuplatzieren und dann als Übergangsmodell zu vertreiben. Anleger sollen Ausschüttungen von 5,25 Prozent bekommen. Sobald der Prospekt vorliegt, wird der Fondsbrief das Angebot checken. Und auch die weiteren angekündigten Angebote: Hannover Leasing hat das Stadttor in Düsseldorf gekauft, eine Immobilie, die an die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen vermietet ist. Außerdem ist ein Flugzeugfonds mit dem nächsten Airbus A380 in der Mache.

 

„Wir können derzeit nicht alle unsere Vertriebskanäle bedienen“, sagte Hannover-Leasing-Chef Friedrich Wilhelm Patt. Er fühlt sich für die Umsetzung der AIFM-Vorschriften gut gerüstet, glaubt aber nicht, dass es vielen Anbietern gelingen wird, die künftig geforderten Voraussetzungen zu erfüllen. „Die Umstellung auf AIFM hat uns eine Million Euro gekostet. Und dabei waren wir als Bankentochter bereits weitgehend reguliert“, so Patt. Mit Kritik an den neuen Regeln hält er sich nicht zurück: „Vor allem die Mindestkapitalausstattung von 125.000 Euro halte ich für einen schlechten Witz. Wer will damit nachhaltig arbeiten?“

 



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
Tel.: +49 (0) 221 – 97 58 97 75
E-Mail: redaktion@markusgotzi.de

Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.