immpresseclub Winterveranstaltung 2012


Über moderne Mietnomade, Investmentchancen und die Wuppertaler Seele

Die diesjährige Winterveranstaltung des immpresseclub, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Immobilienjournalisten, begann mit einem Déjà-vu: Schneechaos in Berlin. Das hatten wir vor zwei Jahren schon einmal. Flieger und Züge waren auch diesmal zu spät. Allerdings mit weniger Auswirkungen als noch im Winter 2010. So konnte der Vortrag zum Presserecht von Fachanwalt Phillip von Mettenheim planmäßig stattfinden.

Trotz Chaos fanden wieder ca. 50 Immobilien-Journalisten aller Medien von FAZ über Süddeutsche bis hin zu den reinen Fachmedien wie Immobilienwirtschaft, Thomas Daily oder der Immobilien Zeitung den Weg ins Berliner Hilton zur traditionellen Winterveranstaltung des immpresseclub e.V. Damit dürfte der immpresseclub nach Medien- und Journalistenpräsenz inzwischen durchaus dem „Verbandsanspruch“ genügen.

Fachlicher Schwerpunkt war diesmal die Grundthematik: „Mit welchen Immobilien kann man heute noch Geld verdienen.“ Es stellte sich heraus, dass „Der Immobilienbrief“ mit seinen lange gehegten Core-Zweifeln nicht alleine steht. Daneben spielten aber leider auch Interna eine Rolle. Der Tod der FTD dürfte für viele anwesende Journalisten eine schmerzliche Auslastungs- und Image-Lücke hinterlassen. Auch für die Branche wird mit der FTD ein Fachblatt fehlen. Die FTD war auch das Medium, das externe Immobilien- und Fonds-Kompetenz umfangreich einkaufte. Falls Sie es noch nicht getan haben, lesen Sie unbedingt die letzte Ausgabe des vergangenen Freitags.

Zurück zur Veranstaltung. 2012 war das Jahr 4 der „echten“ Krise und von Abklingen oder Aufwärtstrend ist nur wenig zu spüren. Immobilienleute berichten uns von „guten“ Geschäften und dass die „Zeit der Immobilie“ angebrochen sei. Im Background-Gespräch jedoch geben viele zu, dass mittelständisches Business derzeit kaum möglich ist. Projektentwickler, die Lebensader der Immobilie, klagen weiter über mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten. Auch Banker geben zu, dass kaum noch etwas geht. Die Zahlen, die Sie und wir lesen, spiegeln oft nur den oberen Skontosatz des Marktes wider. Die Daten von Spitzenmieten und 1A-Lagen rattern alle zu genüge runter, aber spiegelt das wirklich den Markt oder nur das knappe Neubau-Spitzensegment? Gerade das „Abseits von Core“ interessierte uns diesmal auf unserer eigenen Veranstaltung besonders. Wo machen die Profis heute wirklich noch Geschäft? Mit „Aussitzen“ von Core klappt es sicherlich nicht. Hier vertieft sich für „Der Immobilienbrief“ oft der Eindruck, dass hier die Asset Manager Interessen und –Genehmigungsstrukturen eine weit größere Rolle spielen als die langfristigen Anlegerinteressen.

Eröffnungsredner Wolfgang Egger, Chef und Gründer der Patrizia mit „Bau, Steine, Erde“-Herkunft machte bei seinem Erstvortrag vor breitem Publikum deutlich, dass es heute mehr denn je darauf ankomme, nicht nur Teilbereiche des Immobiliengeschäfts abzudecken, sondern sich als Allrounder im „Haifischbecken“ zu beweisen. Gerade die Übernahme der LB ImmoInvest habe gezeigt, dass die vertikalen Strukturen seines Unternehmens bestens in die heutige Immobilienwelt passen. Investoren wollen heute vor allem Vertrauen. Egger sieht sich selbst als Krisengewinner. Bei Börsengang noch Prügelknabe der Branche, ist die Patrizia mittlerweile ein angekommener, ernstzunehmender Player auf Expansionskurs. Egger sieht den entscheidenden Wettbewerbsvorteil in den langfristigen und nachhaltigen Denkstrukturen des Unternehmens. Interessant aus Journalistensicht und späteres Gesprächsthema war, dass der Mann, der den größten Immobiliendeal des Jahres verbuchen konnte, das noch nicht einmal für erwähnenswert hielt.

Ähnlich bescheiden zeigte Peter Groner, Aufsichtsratsvorsitzender der ZBI Zentral Boden Immobilien AG, der sich in über 30 Jahren ausschließliche Kernkompetenz in deutsche Wohnimmobilien erarbeite, das „Machbare“ auf. 4 bis 5% laufende Rendite sind im professionellen Geschäft möglich. Ziel sei es, das Gleiche noch einmal über Handel zu erzielen. Im Einkauf läge der Gewinn, aber Opportunities gäbe es anders als zu Beginn des Jahrtausends heute nur noch sehr selten. Bonität, Professionalität, schnelle Entscheidungen, gutes Einkaufsimage und Marktpräsenz machen heute den Gewinn aus. Mit einer überregional aufgestellten eigenen Mannschaft sei man auch einfach besser aufgestellt als internationale Investoren der Boomphase, deren heutige schwach gemanagte Portfolios ebenso gute Einkaufschancen böten wie kommunale Portfolios, deren notwendige Sanierung mit entsprechenden Mietwirkungen von den Kommunen weder politisch noch technisch beherrschbar wären. Seine Fonds liefen auch in der Krise gut. Die laufend marktangepasste und kontinuierlich neu vermietete Wohnimmobilie ist schließlich die einzige echte Core-Immobilie, die es gibt. Erst kürzlich konnte man einen kompletten Fonds an die GSW veräußern und die Versprechungen an die Anleger einhalten. Das schafft Vertrauen, auf das es derzeit ankommt, meint auch Groner, der mit seiner ZBI auch die gesamte Wertschöpfungskette der Immobilie abdeckt und das seit Anfang an. Seinen Mieter zu kennen, ist gerade im Wohnungsgeschäft offenbar ein wichtiger Aspekt, den viele Angelsachsen in den non-recourse-Zeiten vernachlässigten.

Der (Nach-) Mieter bestimmt, was „Core“ ist, nicht der Investor oder Projektentwickler. Mit dem Vortrag von Prof. Dr. Stephan Bone-Winkel, BEOS, beschäftigen wir uns noch intensiver. Er untermauerte analytisch viele unserer Thesen, die wir seit etwa 2004, unserem eigenen „Erkenntnissprung“ erarbeiteten. Auf der Gewerbeseite gibt es Investmentchancen dort, wo der Nutzer den Markt bestimmt. Und das muss nicht immer die Core-Lage sein, wie sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Das monetäre Drama der echten Core-Immobilie „T11“ in Frankfurt, dem einzigen deutschen Gebäude mit einem Mietvertrag von über 100 DM rechnete Bone-Winkel vor. „Der Immobilienbrief“ hatte für Sie schon einmal einige andere Gebäude mit gleichem Ergebnis durchgerechnet. Zwischen 30 und 70% des 93er Kaufpreises dürften Frankfurts Core-Immobilien heute wert sein.  Fazit: Core werde vor allem durch den Nutzer bestimmt. Insofern habe BEOS ausschließlich „Core-Lagen“ im Portfolio, auch wenn Investoren beim Blick auf die Portfoliolandkarte oftmals „überrascht“ seien und Core wohl anders definierten. „Wir sind von Standorten überzeugt, an denen unser Mieter keine andere Möglichkeit hat, als bei uns zu mieten“, so das Credo von Bone-Winkel. Hochwertige Mieter, die jeden Investor begeistern, die aber immer auf der Suche nach der besten Immobilie seien, wie z. B. KPMG, Ernst & Young, Price Waterhouse Coopers und viele ähnlich anspruchsvolle Mieter hält Bone-Winkel für die modernen Mietnomaden von heute. Zum Auslauf des Mietvertrages sind sie immer auf der Suche nach dem dann besten und flächenmäßig passenden Gebäude. Bone-Winkel machte deutlich, dass die Wertentwicklung einer klassischen Core-Immobilie auch nicht vom Zins abhängig ist. Während Bonds seit Jahren niedrigere Verzinsungen zeigen, hat sich die deutsche Immobilie in seiner Renditeerwartung relativ stabil gezeigt. Entsprechend wirkt sich der drastische Mietverfall direkt auf den Immobilienwert aus. Dabei sei auch noch zu berücksichtigen, dass eine 20 Jahre alte Immobilie eher ein Sanierungsfall sei und keinesfalls in einer Anschlussvermietung heutige Neubaumieten erreichen würde. T11 sei genau alle 20 Jahre total entkernt worden. Die Nachkalkulation schon der Nominalwerte führt Gebäudewertsteigerung und Inflationsschutz ad absurdum. Realentwicklungen liegen noch einmal 35% darunter.

 

Wie Projektentwicklung abseits des Mainstream funktionieren kann, zeigten Dr. Bodo Küpper und Sohn Thilo. Die Wuppertaler Projektentwickler versuchen aus dem multikulturellen Arbeiterviertel und „Industriebrache“ Wuppertal-Arrenberg mit viel Liebe zur Stadt wieder die einstigen blühenden Landschaften der Nachkriegszeit zu zaubern – allerdings auf heutige Bedürfnisse angepasst. Mit Erfolg: Seit Neuaufstellung der politischen Landschaft Wuppertals verzeichnet die Stadt seit 2 Jahren wieder Bevölkerungswachstum. Die Stadt mausert sich zur Metropolregion, die sich neu versteht. Ein neuer Bahnhof, Umnutzung der alten Industrieanlagen und Aufpeppen alter Parkanlagen gehört für Küpper und seine Familie nicht nur zum Geschäft, sondern zur gesellschaftlichen Verpflichtung, denen nicht immer unbedingt monetäre Interessen im Weg stehen müssen. Immobilie ist viel mehr als das Geschäft mit Steinen, sondern auch gesellschaftliche und politische Aufgabe. Immpresseclub-Vorsitzender Werner Rohmert hatte sich als Wuppertaler im Vorfeld die Projektentwicklungen angeschaut. Hochachtung hat er vor der Vision, eine 20 Jahre leerstehende rote Backsteinruine in ein modernes Wohn- und Büroumfeld zu verwandeln, das dann noch neue Mietmaßstäbe in Wuppertal setzt. In der spätabendlichen Journalistendiskussion häuften sich Wuppertal-Sympathien, die die meisten Wuppertaler wohl seit 40 Jahren nicht mehr gehört haben.

immpresseclub-Interna: Nach den Vorträgen fand wie immer die Hauptversammlung des immpresseclubs statt. Der Verein entwickelt sich stabil. Inzwischen dürfte er Repräsentativitätsansprüche erfüllen. Wachsende Mitgliederzahlen zeigen Interesse und Branchenwachstum auf. Daran ändert auch der Ausfall der FTD nichts. Bei den Wahlen wurden alle Vorstandsmitglieder bestätigt. Werner Rohmert, „Der Immobilienbrief“/“Der Platow Brief“, bleibt Vorstandsvorsitzender, Peter Horn, bis vor kurzem „Immobilien-Chef“ der Süddeutschen Zeitung, und Frank Peter Unterreiner, FAZ und Immobilienbrief Stuttgart sind weitere Vorstände. Auch Schatzmeister Robert Scholl und Kassenprüfer Nikolaus v. Raggamby bleiben im Amt. Im nächsten Jahr trifft sich der immpresseclub am 13.6. wahrscheinlich in Frankfurt und am 5. Dezember wie immer zum Schnee-Chaos in Berlin.