MIPIM 2013 – Messe ohne Botschaft – Drei Awards gehen an deutsche Unternehmen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben einen neuen Papst – sogar einen mit der Namensnummer „1“ und eben nicht mehr aus den Ländern des heiligen römischen Reiches. Eine neue Zeitrechnung beginnt. Mangels Kernkompetenz in der Beurteilung wenden wir uns aber direkt der MIPIM, die heute zu Ende geht, zu. Da fühlen wir uns sicherer. Spass hat natürlich gestern Abend der Gewinn des MIPIM Award durch zwei deutsche Projekte gemacht, die einen Preis mit nach Hause nehmen konnten. Die IVG bekam für ihr Prestige-Objekt „The Squaire“ einen der begehrten Preise genauso wie das Milano in Stuttgart von Entwickler ECE, Strabag und Bayerischen Hausbau. ECE Chef Otto durften noch mal jubeln, da auch das türkische Center Marmara Park gewann. (Seite 5). Es war eine Mipim ohne große Botschaften. Das Wetter war auch nicht der Renner. Wer nicht da war, hat nicht gefehlt. Den zu Hause gebliebenen ist auch nichts entgangen. Qua Positivauslese strahlt die MIPIM Optimismus aus.

Es gibt keine wirkliche Finanzierungslücke mehr, meinen die deutschen Matadore. So richtig passt das nicht in meinen 5-Finger-Abakus. Wenn viele Immobilienfinanzierer verschwinden und die verbleibenden Banken mangels Eigenkapital ihre Bilanzsumme reduzieren müssen, ist eine problemlose Kreditversorgung nicht einfach abzuleiten. Allerdings geht es den Banken gut. Die Neugeschäfts-Margen stimmen. Die Bestandsmargen werden mangels Kreditnehmer-Alternativen stimmig gemacht. Vielleicht werden viele Kreditanträge nicht mehr abgegeben oder Entwicklungen außerhalb des Wohnungsbereichs nicht mehr angegangen. Ein wenig neue Knappheit an Beton schadet der Volkswirtschaft und den Immobilienperspektiven mittelfristig sicher nicht. Dem BIP tut`s allerdings weh. Zudem fragt sich, ob Eigenkapital(beschaffungs)stärke und ein gutes, das Bank-EK wenig belastendes Rating die richtigen Immobilien-Allokationsmechanismen sind. Da war mir der Zins als Marktinstrument lieber. Wenn nach Basel III Regulierung noch die staatliche Regulierung ein dynamisches Eigenleben entfacht, wirft das durchaus Schatten.

So macht ZIA-Präsident Andreas Mattner im MIPIM-Gespräch bei Hannover Leasing schon deutlich, ein wenig verblüfft gewesen zu sein, als im letzten Sommer im AIFM-Umsetzungsgesetzentwurf die Assetklasse Offene Immobilienfonds mit einem (!) Satz im 600-Seiten Papier einfach abgeschafft werden sollte. Man habe damals zunächst versucht, alle Assetklassen unter einen Hut zu bringen, um im Gespräch mit der Politik mit einer Stimme sprechen zu können. Inzwischen sei auch eine Studie zur Bedeutung der indirekten Immobilienkapitalanlagen insbesondere auch der volkswirtschaftlich wichtigen Finanzierungsfunktion erstellt worden. Inzwischen sei der Umsetzungsgesetzentwurf auf dem richtigen Weg. Das werde die aktuelle Anhörung bestätigen. Ein klares Bekenntnis für den geschlossenen Publikumsfonds als Kerngeschäft der Hannover Leasing gab GF Laurent Rücker ab. Immobilienwirtschaftlich entscheidend sei die Nachvermietungssicherheit. Insofern seien die prominenten Mieter der Anwalts- und Beraterszene nicht unbedingt seine erste Wahl. Die AIFM-Umsetzung könne zu Verzögerungen führen, aber das Platzierungspotenzial sei vorhanden, wenn die Sicherheit des Anlegers adäquat berücksichtigt sei. ►

Die Mipim in Cannes startete wie so oft als klassische Murphy-Veranstaltung. Der Streik des Sicherheitspersonals am Düsseldorfer Flughafen, Schneechaos und Radarausfall, sorgte dafür, dass recht viele Mipim-Teilnehmer aus Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf oder auch Paris recht genervt erst zu den Abendveranstaltungen eintrafen. Relativ war also das MIPIM-Wetter gut. Ein Regenschirm gehörte aber ins Reisegepäck. Der persönliche Eindruck bestätigte unser Vorfeldgefühl, auf unsere klassische Frage „Treffen wir uns auf der Mipim“ noch nie so oft die Antwort gehört zu haben „ich war jetzt fast 20 Jahre jedes Jahr da. Dieses Mal fahre ich zum ersten Mal nicht hin.“ Irgendwie war es ein wenig leer. Die Messe selbst vermittelte irgendwie denselben Eindruck wie Shopping-Center eine berühmten Betreibers. Man hat überall den Eindruck, schon mal dagewesen zu sein. Andererseits gibt das vorläufige Zahlenmaterial eine deutsche und internationale Beteiligung annähernd auf Vorjahresniveau wieder. Mit rd. 200 teilnehmenden deutschen Gesellschaften, von denen allerdings sehr viele an Stadt- oder Regionalständen lediglich mit einer Tafel und bestenfalls einem Stehtisch vertreten sind, sind nur eine Handvoll weniger deutsche Aussteller gemeldet, als im vergangenen Jahr. Allerdings handelt es sich ausschließlich um Wiederholungstäter. An neuen Ausstellern herrscht Mangelware. Mit etwa 650 Unternehmen und rd. 2.100 Teilnehmern der gemeldeten Unternehmen sollten offiziell die Vorjahreswerte wieder erreicht werden.

Wie immer ist auch die Mipim-Organisation für ein schmunzelndes Kopfschütteln gut. Das „Savills-Cafe“ an der Croisette, völlig offen mit 50 cm hohen Absperrungen, lässt sich nur mit 2.000 Euro Eintrittskarte betreten. Eine extra abgestellte Mipim-Kontrolleurin stellt sicher, dass das weltweit renommierte Maklerhaus nur Gespräche mit „Badge-Trägern“ führt. Dabei ist es völlig egal, ob die Gesprächspartner über den Zaun bereits das Gespräch führen. Ohne Badge geht in Cannes nichts. Im Vergleich zu früheren Schiffs-Dursuchungen und Prospektbeschlagnahmungen, Strafbescheiden für Veranstaltungen außerhalb der Messen und Taxi-Streiks wegen Abzocke war das aber wohl noch harmlos.

Ansonsten war die Stimmung gut. „Selten war das Gros der Messebesucher so zufrieden wie in 2013. Geklagt wird auf hohem Niveau, wie von einigen institutionellen Investoren, die nach großvolumigen Anlagemöglichkeiten suchen, aber zu wenig Produkte finden“, berichtet Marcus Lemli, CEO Savills Deutschland aus Cannes. Der Optimismus sei größer als noch als im letzten Jahr, meinte LHI-Chef und VGF-Präsident Oliver Porr. Er sah auf dem traditionellen Eröffnungslunch der Deutsche Hypo eine optimistische Grundstimmung, da die absolute Finanzierungsknappheit vorbei sei. Gute Projekte fänden inzwischen immer einen Weg in die Realisierung. Dem stimmt Deutsche Hypo Vorstand Andreas Pohl zu: „Die Kreditversorgung passt“. Vorstandsvorsitzender Thomas Bürkle sieht das Haus offen für Neugeschäft. Alle wirklich guten Projekte wären heute wieder finanzierbar.

Das Thema Energiewende durchdringe die Immobilienwirtschaft immer stärker, stellt Peter Tzeschlock, VV Drees & Sommer AG, fest. Auf der globalen Plattform MIPIM habe sich herauskristallisiert, dass Investmentanlagen nur dann als rentabel gelten, wenn sie den neuen Anforderungen an Nachhaltigkeit gewachsen seien. Die Nachwirkungen der Eurokrise seien zwar noch spürbar, jedoch sei ein Anstieg der Investitionsaktivitäten in einzelnen Regionen bereits klar zu erkennen. Der europäische Markt öffne sich wieder, beispielsweise hätten Investoren verstärkt Objekte in Norditalien im Blick und auch die Türkei verzeichne eine wachsende Nachfrage. Dabei rücke das Thema Kapitalsicherheit merklich in den Fokus der Global Player. Auch die Banken gingen auf Nummer Sicher und vergäben nur dann Kredite, wenn die voraussichtl. Rentabilität klar nachgewiesen werde. „Due Diligences würden angesichts dieser steigenden Anforderungen immer gründlicher und umfangreicher.“

 

Das Ende der Core-Fixierung?

Thema auf der Mipim wie auch zu Hause ist der Zwiespalt zwischen gesuchtem Core mit langen Mietverträgen und den wenig nachgefragten, vergleichsweise günstigen Objekten mit Entwicklungspotenzial der unterschiedlichen Risikokategorien. Bislang ist die Core-Fixierung aus Investorensicht eher ungebrochen gewesen, wie sich auf den Jahresauftaktveranstaltungen der Szene darstellte. Noch macht auch das Zahlenwerk deutlich, dass die in vielen Umfragen von Maklern propagierte Hinwendung zu Core+ und Value add und sogar zu Opportunities doch noch eher Lippenbekenntnisse sind. Im Background-Gespräch am Messe-Vorabend auf der ZIA/Rücker-Veranstaltung mit Union Investment RE-GF Frank Billand war das auch Thema. Lt. Billand ist gerade vor dem Hintergrund notwendiger Ertragszwänge bei institutionellen Investoren das steigende Interesse an Investments außerhalb des engen Core-Bereichs erkennbar. Hinsichtlich der aus unserer Sicht tendenziell hohen Risiken von Core-Immobilien, die als echte Core-Immobilien grundsätzlich immer auf einem qualitativ hohen Standard gehalten werden müssen und insofern bei jedem Mieterwechsel und alle 20 bis 30 Jahre erheblichen Nachinvestitionsaufwand erfordern, wies Billand darauf hin, dass hier Aspekte des Lebenszyklus genau beachtet werden müssten. Professionelles Assetmanagement bestehe darin, sich auch von Immobilien mit einer noch guten Mietrestlaufzeit trennen zu können.

Hinsichtlich eines Endes der Core-Fixierung sieht Savills Deutschland-Chef Marcus Lemli eine scharfe Trennlinie zwischen dem, was für Core gehalten wird, und Objekten, die nicht in die Core-Kategorie fallen. Beliebtes Core ist Neubau mit einem langen Mietvertrag. Die Trennlinie mache sich sehr deutlich im Pricing bemerkbar. Die Renditeanforderungen stiegen hier nicht parallel zum Grad des zunehmenden Risikos, sondern bei Überschreiten der Linie sprunghaft an. Der Core-Markt sei zudem hoch liquide. Darunter werde die Finanzierung schwierig. Dies läge z. T. aber auch an Preisvorstellungen der Verkäufer von Value-add-Immobilien.

Auf unsere Angestellten-These angesprochen, dass Core vor allem das Sicherheitsbedürfnis der Assetmanager und weniger des Anlegers der Kapitalsammelstelle berücksichtige, sah Lemli wichtige Gründe für das Core-Interesse bzw. dem Interesse an Neubauten mit langen Mietverträgen zum einen in dem Sicherheitserfordernis und zum anderen in der Management-Intensität. Hier liegen gut vermietete Neubauten in der ersten Dekade weit vorne. Bei europäischen institutionellen Anlegern sieht Lemli als wichtige Funktionen der Immobilie in deren Portfolios vor allem Diversifikation und laufenden Cash-Flow. Anleger aus USA oder Kanada hätten dagegen höhere Renditeanforderungen. Die Anlagen der Amerikaner seien entsprechend weiter gespreizt. Zum einen gäbe es eine hohe Liquidität für opportunistisch gepreiste Portfolios mit einem breiten Chancen-/Risikoraster und zum anderen für Objekte mit hoher Wertstabilität. Im mittleren Bereich der leicht erhöhten Rendite fehlt amerikanischen Anlegern die Story. Das Xanadu-Portfolio für knapp 180 Mio. Euro, das vor einigen Wochen geclosed wurde, hatte mehr als 15 Interessenten mit Liquidität und klaren Preisvorstellungen. Auf die Sicherheit von Core-Investments z. B. in Frankfurt angesprochen, sieht Lemli durchaus mittelfristige Gefahrenpotenziale in den derzeit sehr intensiven Bauaktivitäten in Frankfurt. □

 

MIPIM Award Gewinner

Industrie– und Logistikprojekte; Wastewater Treatment Plant in North Alt Maresme (Baena Casamor; Agencia Catalana de lÁigua ACA)

Hotels und Ferienanlagen; Flame Towers (HOK International Ltd.)

Büro– und Geschäftshäuser; The Squaire (IVG Immobilien AG)

Best Futura Mega Project; Milaneo, Stuttgart (ECE)

Revitalisierung; King´s Cross, London (John McAslan + Partners)

Shoppingcenter; Marmara Park, Türkei (ECE)

Zukünftige Projekte; Culture Casbah, Malmö (MKB Fastighets AB)

Türkische Projekte; Bosphorus City, Istanbul (Mimarlar Workshop)

Special Jury Award; King´s Cross, London (John McAslan + Partners)

People´s Choice Award; Akasya Acibadem Lake & Woods Parcel, Istanbul (Mimarlar Workshop, SAF GYO)