Mittel- und Osteuropa: Erste Frühlingsboten

Die wirtschaftliche Lage in den Ländern Zentral- und Osteuropas (CEE) erholt sich langsam. Die Länder Südosteuropas bleiben dagegen unter Druck. Die Entwicklung im Einzelhandel zeigt einen Aufwärtstrend, wobei Polen die führende Rolle übernimmt. Und der Einzelhandel denkt wieder über  Expansion nach. Die Zeiten der schnellen Projektentwicklungen sind aber  vorbei und auch in Mittel- und Osteuropa wird „Nachhaltigkeit“ zum wichtigen Thema. Unter diesen Stichworten hat der Immobilien-Dienstleister CB Richard Ellis (CBRE) seinen Überblick über den CEE-Markt 2010 und den Ausblick auf 2011 zusammengefasst.

Diese Marktbelebung in der CEE-Region fand ihren offensichtlichen Niederschlag in einem deutlich gewachsenen  Transaktionsvolumen in Zentral- und Osteuropa, das sich laut CBRE 2010 – gemessen an 2009 – im Vorjahr auf 1,8 Mrd. Euro verdoppelt hat. Cushman & Wakefield bezifferte das Transaktionsvolumen mit 1,6 Mrd. Euro und sieht darin eine Vervierfachung des 2009er-Wertes. Die Netto-Anfangs-Renditen (durchschnittliche Prime Shopping-Center Yield) sind laut CBRE im 2. Halbjahr 2010 um 30 Basispunkte auf 9,76% gesunken.

Bei allen Differenzen belegen beide Werte jedoch, dass sich der Immobilienmarkt der Region langsam wieder belebt und sich die Länder von der Rezession zu erholen beginnen. Insgesamt liegen die Wachstumsraten der Länder laut CBRE über dem Durchschnitt der EU-15-Länder. Treiber der Entwicklung ist das Wachstum der europaweiten Exporte, das angetrieben wird von der wirtschaftlichen Erholung in Deutschland.

Allerdings bleibt die Binnennachfrage in der CEE-Region weiterhin schwach, was sich in dem fragilen Verbrauchervertrauen widerspiegelt, das laut CBRE unter dem Durchschnitt der Euro-Zone liegt. Vor allem die Lage in Südosteuropa bleibt fragil. Nach Einschätzung des Immobilien-Dienstleisters werden diese Länder ein weiteres Jahr brauchen für ihre Erholung von der Krise. 

Der Schlüsselmarkt ist derzeit Polen, dem 2011 ein Wirtschaftswachstum von 4,4% prognostiziert wird: Mehr als die Hälfte des mittel- und osteuropäischen Transaktionsvolumens entfiel 2010 denn auch auf den polnischen Markt und hier fanden sich auch die meisten internationalen Investoren ein, während insbesondere in Osteuropa lokale und nicht-institutionelle Investoren den Investmentmarkt dominierten. So traten in Russland vorwiegend einheimische private Investoren als Käufer auf. Sie waren in jeden 2. Deal involviert, aber meist bei kleineren Handelsimmobilien wie Super- oder Fachmärkte, berichtet CBRE.

Insbesondere in der 2. Jahreshälfte 2010 stellte sich in Polen – ebenso wie in Ungarn – jedoch wieder eine beachtliche Belebung der Einzelhandelsumsätze ein, so dass der polnische Markt auch die bevorzugte Destination internationaler Einzelhändler ist. Aber auch in Rumänien registrierte CBRE wachsenden Zulauf, genauso wie in Tschechien und Russland. Die spektakulärsten Deals waren im Vorjahr der Verkauf der Shopping-Center Wilenska (Foto: Unibail Rodamco) und Arkadia in Warschau für etwa 500 Mio. Euro an Unibail Rodamco.

Jan Dirk Poppinga, Head of Retail Investment bei CBRE in Deutschland, geht davon aus, dass Polen auch 2011 das wichtigste Expansionsziel des internationalen Einzelhandels sein wird: Die Kombination aus einer Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs und einer Aufwertung des polnischen Zloty wird aus seiner Sicht „einen positiven Einfluss auf die Basismieten haben“. Und das wiederum könnte zu höheren Transaktionsumsätzen führen.

Positive Nachrichten gibt es laut CBRE auch über die allgemeine Entwicklung der Kapitalwerte von Einzelhandelsimmobilien in der CEE-Region – insbesondere in den Städten Osteuropas, auch wenn die Werte insgesamt noch deutlich unter den Top-Werten von vor 3 Jahren liegen. Eine Ausnahme bildet wieder Südosteuropa, wo sinkende Mieten auch die Kapitalwerte negativ beeinflussten.

Die ersten Schwalben sind im Osten also zu sehen, doch bis zum neuen Frühling auf dem Markt der Zukunft wird noch Zeit vergehen. 2010 kamen zwar insgesamt 1,6 Mio. qm moderne Shopping-Center-Fläche neu auf den Markt, doch gegenüber 2009 war das laut CBRE ein Rückgang von 20%. Die Ausnahme war Bulgarien, wo in Sofia noch das Serdika von ECE und das Center von Carrefour eröffnet wurden.

Für 2011 sieht Poppinga die Entwicklung neuer Center-Flächen in der Region auf Vorjahresniveau. Auch dabei liegt der Schwerpunkt in Polen mit 780 000 qm und die Zielrichtung geht in kleinere Städte, während der Bau neuer Flächen in Tschechien, in Ungarn und Rumänien auf niedrigem Niveau bleibt. Das gibt den Märkten aber die Chance zur Konsolidierung. Denn bei allem Interesse an Osteuropa weist Udo Radtke von Gfk Geomarketing darauf hin, dass die Kaufkraft immer noch ziemlich niedrig ist. Und auch CB Richard Ellis registriert Leerstand in schwachen Handelsimmobilien. In Moskau sind dagegen in Top-Objekten wieder eine wachsende Nachfrage nach Einzelhandelsflächen und sinkende Leerstandsraten zu beobachten.

„Trotz der Verbesserung der Marktlage in der Region ist die Liquidität im Shopping-Center-Segment weiterhin gering“, stellt Poppinga fest. In Rumänien hätten einige Notverkäufe die Zahl der Transaktionen steigen lassen. In den meisten Ländern befänden sich die wichtigen Handelsimmobilien in der Hand spezialisierter Investoren, so dass es nur wenige Deals gegeben habe. Poppinga erwartet, dass sich an dieser Situation wenig ändert, „bis sich die Zweitmärkte für Einzelhandelsimmobilien erholen“.