Run der Möbelhändler: Duisburg ringt um seinen Masterplan

Wer rastet, der rostet. Jedenfalls im Ruhrgebiet. Hier ist ein Konglomerat aus namhaften Städten mit dem gravierenden Strukturwandel in der Montanindustrie und im Kohlebergbau beschäftigt. Jeder sucht mit neuen Highlights – wie Oberhausen mit dem CentrO auf einer alten Industriebrache – neue Anziehungspunkte für Konsumenten und Neubewohner zu schaffen. Denn eines ist allen Städten gemein: Der Bevölkerungsschwund im demografischen Wandel und der Kampf um neue Arbeitsplätze. Dabei steht Duisburg vor einer großen Herausforderung.

IHK

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In diesem Konzert der Städte ist Duisburg heute zwar noch der Stahlstandort Nummer 1 in Europa und schaffte es auf Grund seiner guten Verkehrsanbindung, sich als Top- Logistik-Standort zu etablieren, doch in punkto Wohnqualität und Einkaufserlebnis bildete die Stadt lange Zeit das Schlusslicht der Region. Dass die Zentralitätskennziffer phasenweise bis auf einen Wert von 93 abgesackt ist, dokumentiert, dass viele Bewohner hier kein Einkaufserlebnis mehr fanden.

So floss ein Teil der ohnehin schon unter dem Bundesdurchschnitt liegenden Kaufkraft, die Jones lang LaSalle mit 93,9 beziffert, auch noch aus der Stadt hinaus. Dabei entscheidet die Güte des innerstädtischen Einkaufsangebots nach einer Untersuchung der Cima GmbH darüber, wie attraktiv eine Stadt für die Bundesbürger ist. Und ein gutes Einzelhandelsangebot erhöht auch die Qualität als Wohnstandort.

Mit der Entwicklung des Innenhafens nach den Plänen des Londoner Star-Architekten Lord Norman Foster Anfang der 1990er-Jahre hatten Duisburgs Stadtväter bereits dokumentiert, dass sie die Messlatte bei ihrer Stadtentwicklung ziemlich hoch legen wollen. Im Innenhafen findet sich eine Kombination aus Büroraum, Gastronomie und hochwertigem Wohnraum, der laut IHK trotz hoher Mieten stark nachgefragt ist. Im Februar 2007 legte Forster im Auftrag der Stadt dann noch einen Masterplan für die Innenstadt vor, der Duisburg als Oberzentrum am Niederrhein einstuft und u.a. die Aufwertung des örtlichen Einzelhandels vorsieht.

Seither ringt die Stadt mit ihren überaus ehrgeizigen Entwicklungszielen, dem Interesse der verschiedenen Investoren, die sich hier ansiedeln wollen, und der Gefahr, zu viel zu wollen und das bereits Erreichte wieder zu verspielen. So rief bereits die jüngste Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentren-Konzepts aus dem Jahr 2001, das neben der Duisburger City auch das Zentrum von Hamborn Marxloh als zweites Hauptzentrum der Stadt einstuft, den Widerspruch der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer und des Handelsverbands HDE hervor (Vgl. Handelsimmobilien Report“ Nr. 75 v. 9.7.2010). Die IHK ließ von Juncker + Kruse in Dortmund ein Gegengutachten erstellen.

Denn ein Factory Outlet Center mit einem Einzugsgebiet von 200 km soll auf dem Gelände der Rhein-Ruhr-Halle das Herz dieses Zweit-Zentrums in Hamborn Marxloh bilden. Doch aus Sicht von Experten ist das Textilangebot in der Top-Lage Königsstraße nicht stark genug, um sich gegen das Markenangebot in einem FOC dauerhaft zu behaupten. Nach Eröffnung des Forum Duisburg und der revitalisierten Karstadt-Filiale an der Königstraße ist die Zentralitätskennziffer zwar laut IHK auf  etwa 103 gestiegen und die neue Königs-Galerie soll das Mode-Angebot weiter aufwerten. Doch ob das reicht, dürfte dahin gestellt sein.

Von erheblicher Brisanz für die Duisburger Stadtentwicklung sind zudem die Ansiedlungspläne der Berliner Möbelkette Höffner, zweitgrößter Möbelhändler Deutschlands mit starker Präsenz in Ostdeutschland. Höffner will in Duisburgs Innenstadt eine großflächige, vollsortierte Möbel-Filiale mit etwa 45000 qm Verkaufsfläche sowie 2 kleineren Möbel-Märkten entwickeln. Ein Sortiment, das es in der Stadt noch nicht gibt und das auch angesiedelt werden soll.

Problematisch ist jedoch das Areal, auf dem Unternehmenseigner Kurt Krieger bauen will: Auf dem Gelände, das im jüngsten Masterplan von Foster als „Duisburger Freiheit“ bekannt ist. Für dieses etwa 35 ha große Areal hatte Lord Norman Foster in seinem Masterplan die Entwicklung eines hochwertigen Quartiers u.a. aus Wohnungen, Büros und Einzelhandel vorgesehen, das auch aus Sicht der Stadt nahtlos an das erfolgreiche Projekt Innenhafen anknüpfen sollte.

Duisburg habe viel Potenzial, sich als Oberzentrum erfolgreich neu aufzustellen, hatte Foster der Stadt konzediert. Das Gelände auf dem ehemaligen Güterbahnhof, zwischen A 59, Bahnhof und Karl-Lehr-Straße hatte zuletzt durch die Loveparade traurige Berühmtheit erlangt.

Zur Zerreißprobe könnte der Konflikt werden, nachdem Höffner bereits Fakten geschaffen hat, indem er dem vormaligen Eigentümer, Aurelis, im Mai 2010 etwa 30 ha des Güterbahnhof-Geländes abgekauft und die Verantwortlichen der Stadt mit dieser Neuigkeit überrumpelt hatte. Und um zu unterstreichen, dass er auf jeden Fall entschlossen sei, das Projekt Möbelhaus auf der „Duisburger Freiheit“ zu realisieren, ließ er die Kritiker wissen, dass er das Areal in den nächsten 20 Jahren auch brach liegen lassen könne. Bei seinem Möbelhaus in Hamburg hatte Krieger bereits gezeigt, dass er einen langen Atem hat. Im zähen Ringen um den Standort und dem Wunsch, Fosters Plan so weit wie möglich zu realisieren, wurde inzwischen bereits der 6. Planaufstellungs-Entwurf vorgelegt, in dem sich Krieger deutlich stärker als bei den ersten Entwürfen dem Foster-Plan angenähert hat.

Dennoch merkt die Niederrheinische IHK in einem offen Brief u.a. an die Fraktionsvorstände des Rates der Stadt Duisburg grundsätzlich an, dass die Planungen von Möbel Höffner nur sehr bedingt den städtebaulichen Zielen, die dem Masterplan von Foster zu Grunde liegen, entsprächen. Der britische Star-Architekt habe ein hochwertiges Quartier mit einer „bestimmten Nutzungsmischung“ konzipiert, bei den Höffner-Plänen stehe aber die Entwicklung eines großflächigen Möbeleinzelhandels im Zentrum der Betrachtung – auch wenn Krieger auf dem Areal inzwischen auf eigene Rechnung einen „Bürgerpark“ anlegen und pflegen lassen will und beide Parteien noch in weiteren Verhandlungen stehen.

Andererseits stehen für die Stadt die Gewerbesteuereinnahmen und die Arbeitsplätze zu Buche, die der neue Investor Höffner erbringen würde. Das macht die Entscheidung nicht ganz einfach. Hinzu kommt, dass der Bau von Wohnungen auf dem Gelände „Duisburger Freiheit“, das auf der einen Seite von der A 59 und auf der anderen Seite vom Bahnhof begrenzt wird, mit Blick auf den Geräuschpegel begutachtet und geprüft werden müsste.

„Sollte es entgegen unserer Empfehlung zu einer positiven Beurteilung des Vorhabens der Firma Höffner kommen“, so mahnt die IHK jedoch in ihrem Brief, „raten wir dringend, im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages die Qualitätsanforderungen an die städtebauliche und architektonische Gestaltung detailliert zu regeln“. Sinnvoll erscheinen dem IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Ditzfelbinger (Foto links/IHK) und Geschäftsführerin Astrid Schulte (Foto rechts/IHK) die Ausrichtung eines Architektenwettbewerbs und die Beteiligung der Öffentlichkeit.

Ostermann interessiert sich für die Ansiedlung im Norden

Interesse am Standort Duisburg hat aber auch das Möbelhaus Ostermann bekundet, das sich auf dem „Zeus-Gelände“ im Duisburger Norden ansiedeln möchte. Hier hat die SPD-Fraktion inzwischen den Antrag gestellt, ein Gutachten über die Ansiedlung von Ostermann anfertigen zu lassen. Und schließlich hat noch die Firma Zurbrüggen Wohnzentrum GmbH ihr Interesse am Standort Duisburg signalisiert.

Anders als den Höffner-Standort beurteilt die Niederreheinische IHK das „Zeus Gelände“ als Siedlungsschwerpunkt für Ostermann im strukturschwachen Norden der Stadt sehr positiv. Der dezentrale Standort sei mit Blick auf das Umsetzen der unterschiedlichen Ziele wie dem Masterplan für die Innenstadt mit den Detailplanungen von Foster für das innerstädtische Quartier „Duisburger Freiheit“ einerseits und die erwünschte Stärkung des Duisburger Nordens – wenn auch nicht als „zweites Hauptzentrum“ – andererseits, positiv zu sehen. Dadurch würden weder die Innenstadt noch die Stadtteilzentren geschwächt.

Durch die Verbindung mit dem Ikea-Markt in der nicht allzu weit entfernten Beecker Straße im Norden sieht die IHK die Chance, dass sich hier ein „modernes Möbelcluster“ entwickelt, wodurch weitere Anbieter angezogen werden könnten. Solche Möbelcluster liegen nach Feststellung der BBE Handelsberatung in München durchaus im Trend und entsprechen dem Bedürfnis der Kunden, mehrere Möbelhäuser aufzusuchen, bevor sie ihre endgültige Kaufentscheidung fällen. Die hohen Benzinpreise sind dabei ein wichtiges Argument für Agglomerationen. Hinzu kommt: „Damit würde eine erhebliche Anzahl von adäquaten Arbeitsplätzen für den Duisburger Norden entstehen“, so Dietzfelbinger und Schulte. Das Zeus-Gelände liegt seit Jahren brach.

Da das Möbelcluster aus Sicht der IHK-Vertreter die Ansiedlung des Factory Outlet Centers auf dem Gelände der Rhein-Ruhr-Halle als wichtigen Magnet für den Norden überflüssig machen würde, „hätte sich auch die für die Gesamtstadt äußerst schädliche Entwicklung eines 2. Hauptzentrums im Duisburger Norden erübrigt“.

Ob damit aber der Weg frei würde für die Realisierung des Foster-Plans an der „Duisburger Freiheit“ ist angesichts der entschlossenen Haltung von Höffner-Eigentümer Krieger erst einmal offen.