Serie – Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Gibt es eine spekulative Blase bei deutschen Wohnimmobilien?

Zuletzt wurden wieder vermehrt Befürchtungen geäußert, dass sich am Wohnimmobilienmarkt in Deutschland eine spekulative Blase bilden könne. Durch deren Platzen und die dann erfolgenden Preiskorrekturen bestünde ein hohes Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, wie es die Beispiele USA, Spanien und England bereits gezeigt hätten.

Generell ist ein übermäßiger Preisanstieg eine notwendige Bedingung für die Diagnose einer spekulativen Blase. Gehen diese Preisanstiege auf Veränderungen der Fundamentaldaten des betroffenen Marktes zurück, handelt es sich nicht um eine Blase. Können die Preiserhöhungen nicht oder nicht vollständig durch eine entsprechende Änderung der Fundamentaldaten erklärt werden, kann es sich um eine Blase handeln. In diesem Fall werden die spekulativen Erwartungen der Marktteilnehmer die treibende Kraft, die langfristige Ertragskraft des Anlageobjektes tritt dabei mehr und mehr in den Hintergrund und die Preise verlieren ihre Funktion als Knappheitsindikator. In einer solchen Konstellation reichen dann kleine Veränderungen oder gar bloße Meldungen, um das spekulative Kartenhaus zum Einsturz zu bringen. Es folgt eine abrupte Wertkorrektur, so dass die Preise ihre Informationsfunktion wieder wahrnehmen. Leider existieren keine statistisch gesicherten Grenzwerte, ab wann von einer Blase oder der „Überhitzung“ des Marktes gesprochen werden kann, daher muss jeweils untersucht werden, ob beobachtbare Preisanstiege auf Veränderungen der Fundamentaldaten zurückgehen oder nicht.

Die Marktdaten für Wohnimmobilien bestätigen einen Preisanstieg in den vergangenen drei Jahren. Auch die durchschnittlichen Kosten des Erwerbs von Wohneigentum pro Kopf haben in der Folge in diesem Zeitraum angezogen (vgl. Schaubild). Zuletzt sind diese im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 v.H. angestiegen. Gleichzeitig ist es allerdings auch zu einer positiven Entwicklung der Kaufkraft pro Kopf der privaten Haushalte gekommen. Hier betrug die Zunahme 2011 insgesamt 3,3 v.H.

Durch diese Entwicklung ist Wohneigentum insgesamt erschwinglicher geworden, was am Erschwinglichkeitsindex deutlich wird. Musste im Jahr 2010 noch das 5,6-fache des kaufkräftigen Einkommens pro Kopf für den Erwerb von Wohneigentum aufgewendet werden, war hierzu 2011 noch das 5,5-fache Einkommen notwendig. Zusammen mit den insgesamt guten gesamtwirtschaftlichen Kennzahlen kann auf dieser Grundlage nicht auf die Existenz einer spekulativen Blase auf dem deutschen Markt für Wohneigentum gesprochen werden, die Preisentwicklung signalisiert vielmehr vorhandene realwirtschaftliche Knappheiten am Markt.

Ein weiterer Indikator ist das Verhältnis der Kaufpreise von Wohnungen zu deren Mieten. Nehmen erstere im Verhältnis zu den Mieten überproportional zu, ist dies ein Signal für eine mögliche Überhitzung im Markt. Dieses Verhältnis hat sich zuletzt auf Basis von Daten der BulwienGesa AG, die Marktdaten für die 125 größten Städte in Deutschland erfasst, unterschiedlich entwickelt: Während bei den Reihenhäusern eine Zunahme zu beobachten ist, ging der Wert bei den Eigentumswohnungen zurück (vgl. Schaubild 21).

Beide Veränderungen sind allerdings nicht ausreichend, um vom Vorhandensein einer spekulativen Blase im deutschen Wohnungsmarkt zu sprechen. Mit Indexwerten von 101,8 (Reihenhäuser/Mieten) und 99,6 (Eigentumswohnungen/Mieten) liegen beide Preisverhältnisse verhältnismäßig nahe an den Ausgangswerten von 1990.

Die Studie kommt daher zu dem Ergebnis, dass es derzeit keine Anzeichen für die Bildung einer spekulativen Blase am deutschen Wohnungsmarkt insgesamt gibt. Dies bedeutet allerdings keinesfalls, dass entsprechende Tendenzen in regionalen Teilmärkten ausgeschlossen sind. Gerade die Wohnungsmärkte in Metropolen bergen das Risiko einer Überhitzung. Etwas geringer ausgeprägt gilt dies ebenfalls für die weiteren größeren Städte in Deutschland. Günstige Finanzierungskosten, eine gute Einkommensentwicklung und die steigende Unsicherheit bei alternativen Anlageprodukten sorgen hier für zusätzliche Nachfrage, die durchaus spekulative Züge annehmen kann. ¨