Die Berliner Kommunikationsagentur Stöbe Mehnert hatte letzten Donnerstag Journalisten und Marktexperten in München zusammengebracht. Dr. Frank Billand, Union, Klaus Kortebein, Valad, Alexander Möll, Hines, und Ferdinand Rock, Jones Lang LaSalle, waren als Experten geladen. Sie bestätigten zunächst die allgemein positiven Aussichten für den deutschen Immobilienmarkt. Inzwischen stünden der guten Stimmung der Expo Real auch echte Zahlen gegenüber, meinte Billand. Core-Immobilien – nach Experten-Definition erstklassige Objekte mit Top-Lage und Top-Mietern – blieben gefragt und sehr teuer. Allerdings sei „Core“ der im Moment am meisten missbrauchte Begriff in der Immobilienwirtschaft, ergänzte Billand. Die Bereitschaft der Marktteilnehmer zu spekulativen Investments bleibe eher gering.
Um nachhaltig mit Immobilien Geld verdienen zu können ist aus Sicht von Billand vorausschauendes Agieren nötig. Oft sei es sinnvoll 8 oder 10 Jahre voraus zu denken und Lebenszyklus, Mieteraspekte und Sanierungsnotwendigkeiten auch in der Langfristperspektive zu berücksichtigen. Beispiel für die langfristige Sicht sei der aktuelle Verkauf des Frankfurter Fürstenhof an einen geschlossenen Immobilienfonds.
Entscheidender Markttreiber der kommenden Jahre werde der enorme Finanzierungsbedarf sein, der durch die auslaufenden Kredite speziell aus den Boomjahren 2006/2007 entstehe. Höchstpreise und extrem hoher Auslauf stellen ernst zu nehmende Hürden dar. „In Europa müssen einige 100 Milliarden Euro umgeschichtet werden“, schätzt Billand. Speziell aus den Zeiten der Immobilienblase im Jahr 2007 hätten die Banken noch einige schwere Brocken in ihren Bilanzen zu verdauen. Wie glimpflich das ausgeht, hänge auch von der Lösung der Eurokrise ab, so Billand.
Die Union Investment Real Estate GmbH will 2011 für ihre offenen Immobilienfonds ein ähnliches Volumen wie im Vorjahr – 2010 wurden 1,6 Milliarden Euro in den Erwerb von 24 Objekten mit einem Schwerpunkt auf Einzelhandelsobjekten investiert – heben. Dabei mangele es nicht an Kapital, sondern an attraktiven Liegenschaften. Vor allem drücke durch die verstärkte Rückkehr der ausländischen Investitionen eine enorme Nachfrage auf den Markt. Gerade bei Core-Immobilien werde das Angebot immer dünner. Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht fragt sich da allerdings, warum nicht die Profis der Fondsszene mit Know how und Kapital antizyklisch agieren und sich bei B-Objekten die Rosinen heraussuchen. „Spekulative Entwicklungen sind wieder möglich, aber ihre Finanzierbarkeit bleibt ein Damoklesschwert“, sagt Hines-GF Alexander Möll. Die Banken seien noch immer verhalten, Investoren hätten strenge Eigenkapitalbedingungen zu erfüllen.
Asset Management-Dienstleistungen gegenüber Banken werden 2011 ein immer wichtigeres Standbein“, sagt Klaus Kortebein, CEO von Valad Deutschland. Auch das Vermietungsgeschäft werde in diesem Jahr wesentlich an Dynamik gewinnen, sagt Kortebein: Jetzt gelte es, das Momentum zu nutzen. Schon Ende 2010 konnte Valad Deutschland 160 neue Mietverträge bei rapide steigender Dynamik verzeichnen und den Leerstand bedeutend reduzieren.
Einer der Megatrends, auch im Bereich der Büroimmobilien, wird das Thema Nachhaltigkeit sein. Immer mehr Mieter werden die Verlängerung der Verträge am den Nachweis an den Nachweis der Nachhaltigkeit, z.B. in Form eines Zertifikates koppeln. Allerdings kann sich Kortebein bei 160 Mietverträgen nicht an einen einzigen Fall erinnern, in dem der Energiepass nachgefragt wurde. In Bezug auf Zertifizierung ist durchaus zu diskutieren, ob es wirklich sinnvoll ist, dass sich Deutschland wieder in eine Anspruchsführerschaft begibt. Normale deutsche Bauvorschriften reichten international schon für eine anständige Zertifizierung zumindest auf „Silber-Level“ aus. (WR)