Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung wählt neuen Präsidenten

Auf der Jahrestagung des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. am 21. und 22. November 2012 in Berlin wurde Dr. Jürgen Heyer, ehemaliger Bau- und Verkehrsminister des Landes Sachsen-Anhalt, zum neuen Präsidenten gewählt. Sein Vorgänger, der frühere Finanzminister von Rheinland-Pfalz, Gernot Mittler, hatte nach seiner Amtszeit von 6 ½ Jahren nicht erneut kandidiert. Bei seinem Amtsantritt sprach sich Dr. Heyer dafür aus, sich verstärkt um bezahlbares Wohnen und sozial ausge-wogene Städte zu kümmern. Regional differenzierte Wohnungsmärkte, bei denen sich Wachstums- und Schrumpfungstendenzen oft in unmittelbarer Nachbarschaft zeigen, wur-den auch beim öffentlichen Symposium mit Vertretern der Politik, Wissenschaft, Wohnungs- und Finanzwirtschaft diskutiert. Angesichts gewaltiger Herausforderungen auf dem Woh-nungsmarkt – ausgelöst z.B. durch Folgen der Finanz- und Schuldenkrise, Überalterung, demographischen Wandel sowie Engpässe an bezahlbarem Wohnraum – plädierte der Deut-sche Verband für eine starke Wohnungs- und Städtebaupolitik von Bund und Ländern. Vor allem sind die Zusammenarbeit aller öffentlichen und privaten Akteure sowie eine Vernet-zung verschiedener Förderprogramme gefragt.

Dr. Jürgen Heyer (Foto: Michael Kirsten)

Dr. Jürgen Heyer (Foto: Michael Kirsten)

„Nachdem die Wohnungs- und Städtebaupolitik in den letzten Jahren weniger im Fokus stand, ist es höchste Zeit, sie wieder ganz oben auf die politische Agenda zu setzen“, sagte Dr. Heyer. Sein Vorgänger Gernot Mittler, Staatsminister a. D., sieht hier nach der Födera-lismusreform in erster Linie die Bundesländer in der Pflicht. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass diese die gewährten Bundesmittel zweckgebunden für die Wohnraumförderung ver-wenden und mit eigenen Mitteln ergänzen. „Doch auch der Bund muss sich wieder verstärkt seiner Verantwortung stellen – dies umso mehr, als Energiewende und eine alternde Bevöl-kerung enorme Zusatzinvestitionen für den energetischen und altersgerechten Umbau unse-rer Städte erfordern“, so Mittler. In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass die höheren Mieten, die ambitionierte Energiestandards für Gebäude mit sich bringen, von der breiten Masse noch bezahlt werden können. Vor dem Hintergrund der steigenden Altersarmut erhält dies eine besondere Brisanz.

Mit der regional differenzierten Entwicklung auf den Wohnungsmärkten griff der Verband ein hochaktuelles Thema auf. Wohnimmobilien stehen derzeit bei professionellen Anlegern und Privathaushalten hoch im Kurs. Doch obwohl die Preise und Mieten in einigen Teilmärkten steigen, ist in Deutschland keine generelle Immobilienblase zu befürchten. Allerdings zeigen sich in zahlreichen Großstadtregionen, aber auch in kleinen und mittleren Universitätsstädten gravierende Engpässe an bezahlbaren Mietwohnungen; insgesamt werden immer noch zu wenig preisgünstige Mietwohnungen gebaut. Gegensätzlich ist die Situation in Städten und Regionen mit rückläufigen Bevölkerungszahlen, Leerstand und Abriss. Dennoch gibt es auch hier Standorte mit guten Zukunftsperspektiven, an denen sich werthaltig investieren lässt.
Rund 150 Teilnehmer diskutierten im öffentlichen Symposium der Jahrestagung die Möglich-keiten und Anforderungen einer nachhaltigen Wohnungsbaupolitik. Da die aktuellen Ansprü-che und notwendigen Investitionen rund um das Thema Wohnen die einzelnen Akteure über-fordern, plädiert der Deutsche Verband für eine politik- und sektorübergreifende Zusammen-arbeit und versammelt hierfür auf seiner Plattform die wesentlichen Akteure aus Politik, Ver-waltung, Wissenschaft sowie Wohnungs-, Bau- und Finanzwirtschaft. Angesichts der unter-schiedlichen regionalen Gegebenheiten sind intensive Debatten und eine flexible Anpassung bzw. Verwendung der bestehenden Instrumente und Förderprogramme notwendig.
Auch die europäische Ebene sollte bei dieser Debatte nicht vernachlässigt werden. Der scheidende Präsident Mittler sprach sich dafür aus, die „Leipzig Charta“ und die „Territoriale Agenda“, die während der deutschen Ratspräsidentschaft 2007 einstimmig von den EU-Ländern verabschiedet wurde, mit ihren Kernthesen des „territorialen Zusammenhalts“ als Grundlage des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zu revitalisieren. „Was wir der-zeit in mehreren europäischen Ländern erleben, ist das genaue Gegenteil dessen“, sagte Mittler. Auch ist zu beachten, dass die Finanzierung auf dem Wohnungsmarkt in Zukunft er-heblich durch die Brüsseler Bankenregulierung erschwert werden wird.