Vermietungsmarkt: Internationale Filialisten sehen noch Lücken für ihre innovativen Konzepte

Die lebhafte Nachfrage nach Handelsimmobilien und die Attraktivität des stabilen deutschen Marktes, das sind die Themen, die das Geschehen derzeit prägen. Das lässt sich auch an der positiven Entwicklung des deutschen Einzelhandels ablesen, der laut Handelsverband HDE 2010 ein Umsatzwachstum von nominal 2,1% erzielt hat. 2011 soll der Umsatz um – vorsichtig gerechnet – 1,5% wachsen. Als bevölkerungsreichster Markt Westeuropas mit der wohlhabendsten Bevölkerung lockt Deutschland deshalb auch internationale Händler an. Das dürfte die Mieten steigen lassen.

Für den deutschen Markt spricht aus Sicht des globalisierten Einzelhandels derzeit sehr viel: Mit einer  überdurchschnittlich hohen Kaufkraft und einem Einzelhandelsumsatz von knapp 405 Mrd. Euro im Jahr 2010, so listet der Immobilien-Dienstleister CB Richard Ellis (CBRE) auf, ist Deutschland europaweit der größte Einzelhandelsmarkt mit einer stabilen Wirtschaft, sinkenden Arbeitslosenzahlen und steigendem Binnenkonsum. Für die internationalen Retailer sind die 1A-Lagen der hiesigen Großstädte dabei erst einmal das Expansionsziel der Wahl.

Mit seiner polyzentrischen Struktur bietet Deutschland aber eine ganze Reihe attraktiver Zielpunkte. „Dagegen sind die europäischen Nachbarländer meist auf ein bis 2 Großstädte mit Toplagen limitiert“, stellt Karsten Burbach, Head of Retail bei CBRE, fest. Und auch wenn der Wettbewerb hierzulande hart ist und die Kosten für die Markterschließung hoch, würden die ausländischen Einzelhändler hierzulande immer noch Lücken für neue, innovative Konzepte identifizieren.

Aus den laufenden Gesprächen zieht Burbach derzeit die Erkenntnis, dass sogar außereuropäische Retailer verstärkt auf Deutschland schauen: US-amerikanische Filialisten, die sich in der Vergangenheit primär auf den großen heimischen Markt konzentriert haben, und asiatische sehen im Gegensatz zu früher, als Großbritannien oben auf der Expansionsliste stand, aktuell Europa – und dabei vor allem Deutschland – als wichtigste Zielregion.

Es sind vor allem Einzelhändler aus Großbritannien, Spanien und Schweden, die hier Fuß fassen wollen und – wie erwähnt – auch verstärkt aus den USA, die offenbar vor dem Hintergrund der schwächelnden US-Konjunktur ihr Heil in der Internationalisierung suchen. „Oft starten die internationalen Konzepte mit einer Erstfiliale in einer der Einkaufsmetropolen Deutschlands“, berichtet CBRE. Ausgangspunkte sind oft Frankfurt, Düsseldorf, Berlin oder Hamburg. Wenn der Pilot-Laden erfolgreich anläuft, dann folge oft die Expansion in kleinere Städte. Als präferierter Standort gilt meist die Top-Einkaufsstraße. Findet sich hier die passende Lage nicht, fällt die Wahl laut CBRE auch auf Shopping-Center. Wie die Expansion dann vorangetrieben wird, ob zunächst die 7 Top-Metropolen besetzt werden, oder ob lieber die regionale Verdichtung angestrebt wird, ist nach Beobachtung des Immobilien-Dienstleisters von Konzept zu Konzept unterschiedlich.

Das US-Jeans-Label 7 For All Mankind setzt zunächst auf die Einkaufsmetropolen (Düsseldorf, Berlin und Hamburg). Das  schwedische Modeunternehmen Gina Tricot bevorzugt zunächst die regionale Konzentration in Nordrhein-Westfalen und Norddeutschland, hat aber auch schon Eröffnungen in Frankfurt und Berlin angekündigt.

Hollister von Abercrombie & Fitch sei dagegen eines der neuen Labels, die sich bisher ausschließlich auf die Neueröffnung in Shopping-Centern beschränkten, berichtet Burbach. Die Marke ist schon in 10 Centern vertreten, plant aber Ende 2011 die erste Ladeneröffnung in Düsseldorf und 2012 in Hamburg.

Das Besondere an den Newcomern aus dem Ausland: Sie setzen auf  innovative Lifestyle-Konzepte und ein emotionalisierendes Marketing. Immobilie und Ladenbau rücken in den Vordergrund. Hier kommt zum Tragen, dass der Revitalisierungsbedarf in Deutschland nicht nur bei Shopping-Centern hoch ist, sondern auch bei vielen Highstreeet-Immobilien. Deshalb wird der Expansion internationaler Filialisten durch das Fehlen moderner Flächen Grenzen gesetzt.

Nicht selten könnten die Anforderungen nur durch neue Projektentwicklungen realisiert werden, stellt CBRE fest. „Hinzu kommt die im internationalen Vergleich eher geringe Markttransparenz in Deutschland, wodurch die Standortsuche recht beratungsintensiv ist und entsprechender Sorgfalt bedarf“, stellt Burbach fest. Die Nachfrage wird aus seiner Sicht 2011 und auch 2012 anhalten.

Seit 2007 haben sich in Deutschlands Top-Lagen resp. Shopping-Centern laut CBRE 89 neue internationale Filialisten niedergelassen. Das sind 78% aller Einzelhandelskonzepte, die sich in diesem Zeitraum neu in Deutschlands Einzelhandelslagen angesiedelt haben. Das waren insgesamt 116, wobei das Modesegment mit 90 Filialisten überproportional vertreten war.

Interessant ist, dass der größte Teil der Markteintritte internationaler Filialisten mit 34 gerade ins Krisenjahr 2009 fällt. 2010 waren es mit 19 Neuzugängen deutlich weniger, bis Ende März 2011 liegen laut CBRE aber bereits „11 Ankündigungen für Erstanmietungen auf dem deutschen Markt“ vor.

Die Mieten werden im 1. Halbjahr 2011 steigen

Der große Druck der Internationalen, die z.T. im Ausland deutlich höhere Mieten gewohnt sind als in Deutschland, wird nicht ohne Wirkung bleiben. „Die Mieten für Einzelhandelsflächen in den 185 wichtigsten deutschen Einkaufsstädten werden im 1. Halbjahr 2011 um durchschnittlich 1,6% steigen“, ist der Immobilien-Dienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) überzeugt: „Von den 50 nach Miethöhe wichtigsten Städten weist rund ein Drittel Mietpreissteigerungen auf.“ Hinzu kommen die Expansionspläne deutscher Einzelhändler.

Es ist vor allem der Nachfrageüberhang, der in den großen Metropolen durchweg für steigende Mieten sorgt. In dieser Rangliste führt München bei der Neuvermietung einer ideal geschnittenen 100 qm großen Fläche mit einem Monatspreis von 320 Euro – vor Frankfurt/M. (280 Euro), Düsseldorf und Berlin mit 245 bzw. 240 Euro. In Hamburg und Stuttgart liegen die Werte bei je 235 Euro, in Köln bei 230 Euro und in Dortmund bei maximal 215 Euro (Rang 8). Hannover liegt  mit einem unveränderten Spitzenwert von 180 Euro unter der 200-Euro-Marke und Münster zeigt mit 155 Euro laut JLL „seine Ausnahmestellung als kleinste Stadt im deutschen Top 10-Mietpreisranking“. Im Schnitt betrachtet liegen die Mieten in den Top 10 um etwa 2,6% über dem 2. Halbjahr 2010.

„Besonders bei den stark gesuchten hochkarätigen Stores steht der Nachfrage ein immer knapper werdendes Flächenangebot gegenüber“, bestätigt auch Marc Alfken, Leiter Einzelhandelsvermietung Deutschland bei JLL: „Die Expansionsneigung internationaler Handelskonzepte übt zusätzlichen Druck auf die Ladenmieten aus.“ In Top-Lagen und an gut positionierten Standorten aus der 2. Reihe seien nachhaltig steigende Quadratmeterpreise zu erwarten. Die Flächennachfrage habe 2011 nach dem guten Vermietungsjahr 2010 nochmals zugenommen.

Betrachtet man die Gruppe der Top 50, dann seien im 1. Halbjahr in jeder 3. Stadt Mieterhöhungen zu erwarten, so JLL. Mit Steigerungen von 5% rechnet der Immobilien-Dienstleister in den ersten 6 Monaten 2011 in den Top-Lagen von Bielefeld, Göttingen, Karlsruhe, Nürnberg und Rosenheim. Die übrigen – bis auf Essen mit sinkenden Mieten – würden ein konstantes Mietpreisniveau aufweisen.

In den 25 größeren ostdeutschen Städten sieht JLL die erwartete Mietsteigerung im Schnitt bei 2%. Stabil wird die Lage in Leipzig (115 Euro) und Dresden (100 Euro) sowie beim Verfolger-Trio Rostock (95 Euro), Potsdam und Erfurt (je 85 Euro) gesehen. Steigerungen prognostiziert JLL für Frankfurt /Oder, Jena, Schwerin, Stralsund und Wismar, Rückgänge dagegen in Neubrandenburg.