BÜROMARKT-RESILIENZ WIRD ZUM WEIHNACHTSMÄRCHEN

Flächenumsatz fällt um 28% zu Vorjahr und 41% zu 2019

Seit fast 30 Jahren weist „Der Immobilienbrief“ mit einem leichten Augenzwinkern darauf hin, dass man zu Entwicklungen des Immobilienmarktes niemals Makler fragen sollten.

Es gäbe nur zwei Antworten. In steigenden Marktphasen wird darauf hingewiesen, dass es aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen keinen Grund gäbe, warum es nicht weiter bergauf gehen sollte. In sinkenden Marktphasen ist immer die Talsohle erreicht oder kurz davor, so dass es in spätestens zwei oder 3 Quartalen wieder bergauf gehen werde. Was sollen Makler auch anders sagen, wenn sie sich nicht einfrieren lassen wollen. In der letzten Dekade mit der Nullzins-Innovation der Weltgeschichte kam als Argument hinzu „solange die Zinsen unten bleiben“. Und die könnten wegen der Euro-Peripherie ja gar nicht mehr steigen. Natürlich ist das Immobilienresearch in den letzten Dekaden besser und neutraler geworden. Der Tenor der beiden Antworten bleibt jedoch. Gleichzeitig werden die Vergangenheitsentwicklungen immer weiter hochgerechnet. Aktuell hören wir trotz Büromarktabsturz von immer weiter steigenden Spitzenmieten. Auch die Multiplikatoren bzw. Renditen sind wie immer kurz vor der Talsohle.

Von einer Vermietungs-Resilienz von Büros gegen Konjunktur, Zinsen und Homeoffice und damit auch gegen den gesunden Menschenverstand spricht nach dem vorliegenden Jahresergebnis wohl kaum noch jemand. Büroinvestoren ziehen sich auch zurück. Und auch bei den Mieten weist Platow schon seit längerem auf die Ausdifferenzierung des Marktes hin. Aber auch da wird zum einen zu lernen sein, wie Preisbildung im Oligopol/ Oligopson stattfindet, und welche psychologischen und nachfragerelevanten Prozesse bei steigenden Leerständen stattfinden, wenn klar wird, dass sich jederzeit in den kommenden Jahren passende Flächen finden lassen. Dann verschwindet nicht nur aktuelle, sondern auch vorausschauende Nachfrage vom Markt.

Faktisch wird die Resilienz der Büromärkte, von denen die Branche in den letzten Jahren trotz Corona und Zinsexplosion berichtete, zum jeweiligen Wintermärchen der Jahreswechsel. „Der Immobilienbrief“ hat in der Analyse der Researchberichte den Durchschnitt der Maklerhäuser BNPPRE, Colliers, Cushman & WakefieldJLL und Savills gebildet. JLL hat in unserem Archiv das konsistenteste Datenmaterial und sehr geringe Unterschiede zum Durchschnitt. Um über 41% ist der Büroflächenumsatz 2023 gegenüber dem letzten „normalen“ Jahr 2019 vor Corona und Inflationsbekämpfung zurückgegangen. Hier spielen Homeoffice und Konjunktur Hand in Hand. Erwartete KI-Wirkungen finden eher noch nur Niederschlag in den Erwartungen der Investoren, die sich weitgehend zurückzogen.

In Summe schließe der deutsche Bürovermietungsmarkt in den 7 Top-Standorten mit einem Umsatz von etwas mehr als 2,5 Mio. qm bzw. -28% mit dem schwächsten Umsatzergebnis seit 2009 ab. Alle Immobilienmetropolen zeigten deutliche Umsatzrückgänge. Aber anders als auf dem Investmentmarkt sei das Tal im Vermietungsmarkt kürzer, erwartet JLL-Deutschlandchef Konstantin Kortmann optimistisch. 2024 würden die Büroflächenumsätze schon wieder um 10% zunehmen. Aus PLATOWSICHT sind dagegen die Auswirkungen von Homeoffice, KI und Konjunktur noch nicht voll angekommen. Aber auch JLL weist darauf hin, dass ein stetiges Anpassen und Neu-Denken des Faktors Bürofläche notwendig werde. Die Ausdifferenzierung des Marktes werde mit weiter steigenden Spitzenmieten für Top-Flächen und Mietsenkungen für schwächere Büros weiter vorangetrieben. Auch der Trend zur Nachhaltigkeit sei nicht mehr umkehrbar. Sorgen gebe es bei Projektentwicklungen.

Insgesamt sind im Jahr 2023 rund 1,3 Mio. qm neue Flächen auf den Markt gekommen (-27%). Für 2024 werden nach den Stornierungen nur 1,9 Mio. qm und für 2025 ca. 1,7 Mio. qm erwartet. Mit 49% sei zudem fast die Hälfte bereits vermietet oder durch Eigennutzer belegt. Andererseits gingen neu errichtete Flächen direkt den Leerstand. Im Q4 2023 seien das alleine 2023 mehr als 150 000 qm gewesen. Gleichzeitig verringern Umzügler ihre Flächen. Der Leerstand in den 7 Hochburgen liege bei 5,64 Mio. qm.  bzw. bei einer Leerstandsquote von 5,8% (+0,3 Prozentpunkte über Ende Q3). Die Quoten lägen zwischen 3,3% in Köln und 8,8% in Frankfurt oder 9,7% in Düsseldorf. Dagegen seien die Untermietflächen von 835 000 qm auf 808 000 qm zurückgegangen. Inzwischen stiegen die Büro-Spitzenmieten bereits seit 13 Jahren nach oben. Der JLL-Spitzenmietpreisindex sei in den vergangenen zwölf Monaten um 6,8% auf einen neuen Höchststand von 275 Punkten geklettert. In München wurde zum Jahresende die Marke von 50,00 Euro erreicht. Köln stieg auch noch zweistellig auf aktuell 32,50 Euro. Frankfurt mit 46,50 Euro in der Spitze und Hamburg mit 34,50 Euro blieben konstant. Berlin mit 44,00 Euro, Düsseldorf mit 40,00 Euro und Stuttgart mit 35,00 Euro legten um etwa 6% zu. In der Durchschnittsmiete dürfte es bald anders aussehen. In Randlagen und in durchschnittlichen Objekten werde der Druck schnell zunehmen. Das führe zu weiter sinkenden Durchschnittsmieten, so JLL. ■