Factory Outlet Center – „Jede gute Marke arbeitet an einer Outlet-Strategie“

Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“

Der Stab für das erfolgreichste Factory Outlet Center in Europa ist erneut weiter gereicht worden. 2012 hat „La Vallée Village“ (Foto) des anglo-amerikanischen Entwicklers und Betreibers Value Retail im französischen Marne nach Feststellung des Beratungsunternehmens Ecostra den Vorjahressieger Roermond in den Niederlanden abgelöst. Das niederländische FOC, das von McArthurGlen betrieben wird, steht  auf dem 3. Platz. Das britische Beicester Village Outlet Shopping, gleichfalls vom Betreiber Value Retail und Spitzenreiter früherer Jahre, steht auf dem 2. Platz.

Als bestes deutsches Factory Outlet Center findet sich die Ingolstadt Village, gleichfalls von Value Retail, in der europäischen Rangliste auf dem 8. Platz. Auf dem 4. Rang herrscht ziemliches Gedränge. Hier finden sich gleich 4 Outlet Malls: Die beiden französischen L’Ile Sait Denis – Marque Avenue und Romans sur Isère sowie das Castel Romano in Italien und das La Roca de Valès in Spanien. Die deutsche Wertheim Village hat sich auf den 10. Platz vorgearbeitet.

Das ist das Ergebnis der alljährlichen Ecostra-Studie „Factory Outlet Centre Performance Report Europe 2012“ für die das Beratungsunternehmen seit 2008 europaweit Markenhersteller nach ihrer Zufriedenheit mit den Umsätzen ihrer Outlet-Stores befragt. In diesem Jahr wurde die Befragung erstmals in Kooperation mit dem Forschungsinstitut Magdus durchgeführt. Das Institut wurde von der Industrie- und Handelskammer im französischen Troyes gegründet und befasst sich ausschließlich mit den Themen rund um den Fabrikverkauf und Fabrikverkaufszentren.

Mit der im Jahr 2000 eröffneten La Vallée Village in der Nähe von Disneyland Paris, die 2011 noch auf Rang 4 stand,  hat sich erstmals eine französische Mall an die Spitze der Liste gesetzt. Der Erfolg des Centers sei umso bemerkenswerter, schreibt das Beratungsunternehmen, als der Großraum Paris mit mehr als 5 Fabrikverkaufszentren die größte Wettbewerbsdichte in ganz Frankreich aufweist. Punkten konnte La Vallée Village (17 400 qm) mit ihrem Angebot an hochklassigen Marken wie Armani, Versace sowie Dolce & Gabbana auf engem Raum, aber auch mit  Labels des gehobenen „konsumigen“ Segments.

Die Entscheidung zwischen dem ersten und dem zweiten Platz fiel laut Ecostra jedoch in einem „Herzschlagfinale“ gegen die 1995 eröffnete „Bicester Village“ in der Nähe der Universitätsstadt Oxford. La Vallée Village wurde mit 1,36 bewertet und Beicester mit 1,46. Noch knapper fiel die Entscheidung zwischen dem 2. und dem 3. Platz aus, denn Roermond an der Grenze zu Deutschland mit entsprechend hohem Anteil deutscher Kunden (65% der 4,1 Mio. Besucher)  erhielt die Note 1,47.

Nach den Worten des Ecostra-Geschäftsführers Joachim Will befinden sich diese 3 Outlet Malls durchaus auf Augenhöhe, da sie aus Sicht der Mieter bei ihrer wirtschaftlichen Performance dicht beieinander liegen.  Zu den entscheidenden Erfolgskriterien der Fabrikverkaufsstellen zählt Will neben den  Standortfaktoren, der baulichen Umsetzung und dem Mix der angebotenen Marken auch das Management, das einen guten Job mache. Letztlich schlägt sich die Arbeit des Managements laut Will bei den Mietern in überdurchschnittlichen Umsätzen nieder.

Das Gegenbeispiel liefern aus Sicht des Geschäftsführers die Factory Outlet Center am unteren Ende der Liste, die laut  Ecostra von den Mietern mit der schlechtesten Note bewertet wurden. Dass sich hier auch viele italienische Outlet Malls finden, ist laut Will nicht allein mit der Euro- und Schuldenkrise zu erklären, die womöglich den Konsum im Land dämpft. „Gerade in Zeiten eines ökonomischen Abschwungs zeigen Outlet Center eine vergleichsweise hohe Krisenresistenz“, so Will. Zudem befinde sich kein einziger spanischer Standort unter den Schlusslichtern – und auch hier lahmt bekanntlich die Konsumkonjunktur.

Die drei Spitzenreiter bewegen sich auf Augenhöhe

Vielmehr sind aus Sicht des Experten für den Erfolg eines Factory Outlet Centers die fundierten Kenntnisse über die Anforderungen dieser besonderen Vertriebsform des Fabrikverkaufs, also des Herstellers an den Endkunden, wichtig und ein professionelles Management. Das dürfte in dieser Branche nicht anders sein als beim Shopping-Center. Dafür spricht nach Einschätzung von Ecostra vor allem die Tatsache, dass sich die 10 wirtschaftlich erfolgreichsten FOC-Standorte in Europa auf die 3 Betreiber Value Retail (USA /GB), McArthurGlen (USA /GB) und Concepts & Distribution aus Frankreich konzentrieren.

Zudem hat die Gruppe der Top 10 über die Jahre gesehen eine hohe  Kontinuität, da z.B. die 3 Spitzen-Center bei den früheren Studien immer mit guten Platzierungen vertreten waren. Der Vergleich mit 2011 zeigt zudem, dass es nur 2 Standorten gelungen ist, sich neu in die Liste der 10 besten Center zu schieben. Nur  die Reihenfolge der Platzierungen verändert sich laut Ecostra von Jahr zu Jahr schon mal.

Hersteller haben ihr Einstellung zum Handel geändert

Neben den deutschen Outlet Malls in Ingolstadt und Wertheim finden sich mit Zweibrücken auf Rang 15 und Wustermark auf Rang 18 noch 2 weitere deutsche Malls unter den Top 20. In der Gruppe der 12 schlechtesten Center findet sich keine deutsche Mall. Auf Grund der geringen Dichte in Deutschland einerseits und der guten wirtschaftlichen Lage der hiesigen Volkswirtschaft andererseits, steht das Land derzeit auf der Wunschliste der Markenhersteller ganz oben. „Alle deutschen Center performen deutlich über dem europäischen Durchschnitt“, urteilt Ecostra.

Nachdem 2012 bereits 3 weitere Malls in Ochtrup, Neumünster und Soltau eröffnet wurden, liegen für 3 weitere die Baugenehmigung vor. Wie sehr die Markenhersteller – vor allem aus dem Modebereich, der weltweit mit Überproduktion kämpft –  am direkten Verkauf über die Fabrikverkaufszentren an den Endkunden interessiert sind, zeigt die Einstellung, mit der sie derzeit am Markt agieren. Nahmen sie in der Vergangenheit Rücksicht auf die bestehenden Vertriebspartner im Einzelhandel in den Hauptgeschäftslagen größerer Städte, immerhin sind das auch ihre Kunden, hat diese Sensibilität abgenommen. Heute stehen mehr das Umsatzpotenzial eines Outlet-Stores in einem bestimmten Center, der Markenmix, die Erreichbarkeit mit dem Pkw, das erschließbare Einzugsgebiet und die Miethöhe als Entscheidungsgrundlage im Vordergrund.

Nach Erkenntnis von Caroline Lamy, Forschungsleiterin bei Magdus, hat jede gut aufgestellte Marke  bereits eine Outlet-Strategie oder arbeitet intensiv daran. Das sei ein Stück Emanzipation für die Marke und sie könne dadurch – neben der Erhöhung der Profitabilität – auch die Distributionswege kontrollieren. Dahinter steht die Sorge, dass die hochwertige Ware bei Discountern oder Ebay-Powersellern auf den Markt geworfen wird. Für die Markenhersteller geht es dabei auch um den Schutz des teuer beworbenen Markennamens. Den klassischen Warenabsatz über den Fachhandel sollen die FOCs laut Lamy aber keinesfalls ersetzen. Der werde seine Bedeutung behalten.