Hamburger Büromarkt weiterhin im Abschwung

Mieten noch weitgehend stabil, aber der Leerstand steigt

Die Rezession hat die deutsche Wirtschaft fest im Griff. Wie alle großen Bürostandorte musste auch Hamburg deutliche Einbußen bei den Vermietungszahlen hinnehmen. Der bereits im ersten Quartal zu beobachtende Nachfragerückgang hat sich im gesamten ersten Halbjahr 2009 fortgesetzt. 

Die großen Maklerhäuser melden für das erste Halbjahr einen Büroflächenumsatz von knapp 200 000 Quadratmetern, was einem Rückgang von gut 30 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum und dem niedrigsten Volumen eines ersten Halbjahres seit 2004 entspricht, so Jones Lang LaSalle Hamburg.

Dabei weichen die Zählungen der Immobilienunternehmen leicht voneinander ab, Jones Lang LaSalle meldet 195 000 Quadratmeter Umsatz und minus 31 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2008, Grossmann & Berger:  200 000 qm, minus 27 Prozent, CB Richard Ellis: 194 100 qm, minus 32 Prozent, BNP Paribas Real Estate: 197 000 qm, minus 31 Prozent, Savills: 194 000, minus 29,3 Prozent).

„Mit diesem Ergebnis sind wir angesichts des schwachen ersten Quartals mehr als zufrieden“, sagt Matthias Henkell, Prokurist bei Grossmann & Berger.

Im ersten Vierteljahr 2009 war in der Hansestadt ein Umsatzvolumen von rund 83 700 Quadratmetern registriert worden. Gegenüber dem ersten Quartal 2008 entsprach dies einem Rückgang von 29 Prozent auf ein Vermietungsniveau, das in der letzten konjunkturellen Schwächephase der Jahre 2002 und 2003 erreicht wurde.

Trotz der nach wie vor rückläufigen Wirtschaftsleistung ging das Nachfrageniveau im zweiten Quartal nicht entsprechend zurück, was dafür spricht, dass dies auch im weiteren Jahresverlauf nicht der Fall sein wird, hofft Peter Rösler, Vorsitzender der Geschäftsführung von BNP Paribas Real Estate Deutschland (ehemals Atisreal).

Überraschend waren im 2. Quartal in Hamburg eine Reihe von Großabschlüssen zu verzeichnen. Den größten Mietvertrag mit rund 14 000 Quadratmetern schloss ein überregionales Dienstleistungsunternehmen für den Millerntorplatz 1 ab, weitere Großflächen gingen an Edeka Nord, die ihre Flächen in der City Nord erweiterten, und das Bezirksamt Bergedorf.

Rund zwei Drittel aller Verträge wurden aber im kleinen Flächensegment unter 500 Quadratmetern abgeschlossen. „Die kleinen und mittelständischen Firmen sind dieses Jahr Garant für den dynamischen Vermietungsmarkt, so Sami Steinbach, Vorstandsvorsitzender der Angermann Real Estate Advisory. „Das liegt sicherlich auch an kürzeren Entscheidungswegen und einer höheren Flexibilität bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen“. Großunternehmen scheuten im unsicheren Umfeld vor Entscheidungen zurück, die mit langfristigen Verpflichtungen einhergingen.

Trotz der relativ hohen Flächenumsätze stieg die Leerstandsrate nach Berechnungen von Grossmann & Berger von zuletzt 6,6 auf 7,5 Prozent (CBRE: 7,5 Prozent, BNP Paribas Real Estate: 6,8 Prozent. JLL: 7,6 Prozent, Savills: 6,7 Prozent). Damit stehen in der Hansestadt insgesamt rund 950 000 Quadratmeter Büroflächen leer. Die Ursache der wachsenden Leerstände liegt auch in der aktiven Bautätigkeit. Dieses Jahr dürften 300 000 Quadratmeter neu auf den Markt kommen. Im Jahr 2010 werden noch einmal 328 000 qm erwartet, von denen zum jetzigen Zeitpunkt 62 Prozent noch nicht vermietet sind. Damit liegen die Fertigstellungsvolumina 2009 und 2010 deutlich über dem langjährigen Mittel (2003 bis 2008: 190 000 qm), insofern ist dann ein stärkerer Anstieg des Leerstandes zu erwarten, so Heiko Fischer, Geschäftsführer von CB Richard Ellis Hamburg. „Bis Ende 2009 wird sie die 8-Prozent-Marke überschreiten“, prognostiziert Andreas Wende, Büroleiter Jones Lang LaSalle Hamburg.

Anders als noch im 1. Quartal erwartet, ist die Spitzenmiete mit etwa 24 Euro pro Quadratmeter und Monat weiterhin stabil, zu erzielen in der HafenCity und der City. Das oberste Segment der Top Flächen (Marktanteil von drei Prozent des gesamten Vermietungsumsatzes und damit geringe Aussagekraft) werde aufgrund des relativ überschaubaren Angebotes deutlich weniger nachgeben, fasst Rösler zusammen.

Die Notwendigkeit, Mitarbeiter zu binden und eine gute Adresse für das Unternehmen zu gewinnen, erklären den anhaltenden Trend zu repräsentativen und citynahen Lagen sowie die Bereitschaft, dafür die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, so Sami Steinbach, Vorstandsvorsitzender von Angermann.

Günstiger werdende gute und 1A-Lagen dürften diesen Trend befördern.

Damit hat die vielfach prognostizierte Verlagerung der Nachfrage aus dem Spitzensegment in die mittlere Preiskategorie, angeblich ein typisches Krisensymptom, nicht stattgefunden: „Die erwarteten Umzüge von Unternehmen aus der City in preisgünstigere Lagen sind aufgrund der abwartenden Haltung vieler Unternehmen bislang noch nicht eingetreten, werden aber in den kommenden Quartalen erwartet“, sagt Heiko Fischer, Geschäftsführer von CB Richard Ellis Hamburg.

Dass B-Lagen überproportional in der Krise verlieren dürften, darüber mag keins der Maklerhäuser offen sprechen.

Die Durchschnittsmiete ist verglichen mit dem 1. Quartal 2009 marginal auf voraussichtlich 13,40 Euro pro Quadratmeter gesunken. Mit rund 30 Prozent stellt das mittlere Preissegment zwischen 12,50 und 15 Euro pro Quadratmeter den größten Teil der Abschlüsse. „Mietgesuche im Segment über 20 Euro je Quadratmeter beobachten wir seltener als noch vor einem Jahr“, so Daniel J. Gedack, Geschäftsführer von Savills Hamburg.

Allerdings wird auf die zurückhaltende Nachfrage zunehmend mit Gewährung von großzügigeren Incentives reagiert, so Heiko Fischer, die die Spitzenmiete effektiv mindern. Dieses werde sich im Jahresverlauf verstärken. Mietfreie Zeiten werden mittlerweile für fünf bis acht Monate, in Lagen mit hohen Leerständen sogar bis zu neun Monate gewährt, auch die Zuschüsse für Ausbauten und Umzüge steigen. 

Innerhalb des Büroflächenangebots ist seit einiger Zeit eine stufenweise Zunahme der zur Untervermietung offerierten Flächen registrierbar; auch diese Entwicklung wird im weiteren Jahresverlauf stärker ins Gewicht fallen, so Fischer.

Nach Adressen war im 2. Quartal 2009 wieder die Innenstadt mit einem Anteil von 25 Prozent der stärkste Teilmarkt, gefolgt von der City Süd mit zehn Prozent und St. Pauli mit neun Prozent, dieses vor allem bedingt durch eine Großvermietung von über 13.000 Quadratmeter an ein Unternehmen der Versicherungsbranche. 

Umsatztechnisch hat die City Süd zwar verloren, so Oliver Horstmann, Leiter  Büroflächenvermietung bei Engel & Völkers Commercial Hamburg, hier profitierten allerdings Eigentümer mit einer moderaten und marktkonformen Preispolitik. Im Neubau- und Sanierungsprojekt „Spaldingtor“ werden aktuell Mieten bei Erstbezug zwischen 7 und 10 Euro pro Quadratmeter aufgerufen, so Horstmann.

Nach Branchen lagen mit etwa 19 Prozent die Verbände und öffentlichen Einrichtungen vorn, gefolgt von Banken und Versicherungen mit 14 Prozent. Dass Behörden und andere öffentliche Einrichtungen ihre Umzüge in der derzeitigen Situation nicht verschieben, interpretiere man als konjunkturstützende Maßnahme, meint Colliers Grossmann & Berger.

Ab dem 3. Quartal sieht man bei CBRE die Mieten auch nominal unter Druck. Bei auslaufenden Mietverträgen würden Mieter zunehmend ihre Konditionen hinterfragen und Mietverträge nach verhandeln. „Die Chancen für eine erfolgreiche Nachverhandlung sind vor allem dann groß, wenn Mieter eine vorzeitige Vertragsverlängerung in die Waagschale werfen“, sagt Heiko Fischer. Vor allem in den weniger guten Lagen werden Preisreduktionen von 8 bis 10 Prozent bzw. drei bis vier Euro pro Quadratmeter „drin“ sein. Andreas Wende, Leiter des Hamburger Büros von Jones Lang LaSalle wundert sich: „Aufgrund der Marktlage sind Nachverhandlungen jederzeit möglich, es ist unverständlich, dass die Unternehmen ihre Chancen nicht nutzen.“     

Angesichts der Entwicklung im ersten Halbjahr rechnen die Makler für das Gesamtjahr 2009 mit einem Umsatz von rund 400 000 Quadratmetern auf dem Hamburger Markt für Büroflächen, das wäre immer noch eine Bilanz im Bereich des zehnjährigen Mittelwertes.

Ein wirtschaftlicher Absturz mit sinkender Beschäftigung müsse nicht unweigerlich zu einem Absturz der Nachfrage und einem Mietpreisverfall führen, hofft Helge Scheunemann, Leiter Research bei Jones Lang LaSalle Deutschland. „Angesichts der Tiefe der Rezession fehlen belastbare historische Vergleiche, konjunkturell weniger getroffene Branchen stützen die Nachfrage nach Büroflächen und selbst in Krisenzeiten werden Unternehmen gegründet“.

Die neue Büromarktanalyse der DekaBank dämpft die Erwartungen: Die tiefe Rezession mit der Folge von Personalentlassungen und damit einhergehendem verringertem Flächenbedarf kommt auf den Büromärkten erst zeitverzögert an, so dass vor verfrühter Euphorie an den Mietmärkten zu warnen ist. Vor 2011 sei keine Bodenbildung abzusehen, sagen die Researcher.