EYEMAXX: DER ABSTURZ AUF RATEN

Robert Fanderl

Ein fehlender Jahresabschluss, Zahlungsausfall bei Anleihezinsen und nun der Insolvenzantrag. Fällt Eyemaxx wirklich nur der Pandemie zum Opfer?

Das Unternehmen: Die Eyemaxx Real Estate AG hat sich in ihren Pressemitteilungen bis vor kurzem noch als ein Immobilienunternehmen mit langjährigem, erfolgreichem Track Record mit dem Fokus auf Wohnimmobilien in Deutschland und Österreich dargestellt, das auch Gewerbeimmobilien in Zentraleuropa realisiert. In der jüngsten Firmengeschichte waren auch Büros, Hotels und Serviced Apartments sowie Stadtquartiersentwicklungen in Deutschland Teil der Unternehmensstrategie. Dabei basierte die Geschäftstätigkeit von Eyemaxx gemäß dieser Pressemitteilungen auf zwei Säulen. Zum einen renditestarke Projekte und zum anderen ein fortschreitender Aufbau eines Bestands an vermieteten Gewerbeimmobilien, der laufende Mieterträge und damit stetige Zahlungsströme generieren sollten.

Fehlender Jahresabschluss: Eyemaxx hat bis heute den Jahresabschluss 2019/20 nicht veröffentlicht. Die Wirtschaftsprüfer sind offenbar immer noch bei ihren Abschlussarbeiten. Woran es konkret liegt, ist nicht bekannt. Ein wesentlicher Grund dürften aber Bewertungsfragen hinsichtlich der Immobilien sein.

Zahlungsausfall: In Ihrer Ad-hoc Mitteilung vom 25. Oktober 2021 hat die Eyemaxx Real Estate AG bekannt gegeben, dass sie nicht über die notwendigen Finanzmittel verfügt, um die am 26. Oktober fälligen Zinsen für die Unternehmensanleihe 2018/2023 fristgerecht zu leisten. Ursächlich dafür seien bisher nicht eingegangene Zahlungsflüsse aus getätigten Projektverkäufen im mittleren einstelligen Millionenbereich sowie deren gescheiterte Refinanzierung. Aufgrund dieser Entwicklung waren Anleihegläubiger aus allen drei von der Eyemaxx Real Estate AG emittierten Anleihen an One Square Advisors GmbH mit der Bitte herangetreten, die Vertretung der Anleihegläubiger der Eyemaxx Real Estate AG zu organisieren. One Square ist eine unabhängige Beratungsgesellschaft mit Sitz in München. Alle Partner und Teammitglieder verfügen über jahrelange Transaktions- und Restrukturierungserfahrung. One Square hat seit 2009 über 100 Transaktionen erfolgreich durchgeführt und verweist auf umfangreiche Erfahrungen bei der Vertretung von Anleihegläubigern in Restrukturierungen und Insolvenzverfahren.

Insolvenzantrag: Wenige Tage später, am 5. November 2021 hat die Eyemaxx Real Estate AG einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Korneuburg in Österreich gestellt. Das Verfahren wurde vom Landesgericht Korneuburg inzwischen offiziell eröffnet. Über die geplanten Schritte informiert One Square wie folgt:

– Das Unternehmen soll während des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden. Restrukturierungsmaßnahmen wurden bereits eingeleitet und ein Sanierungsplan erarbeitet.

– Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von drei Jahren, an. Dies entspricht der gesetzlichen Mindestquote.

– Zur Insolvenz- bzw. Masseverwalterin wurde Frau Dr. Ulla Reisch, Rechtsanwältin in Wien, bestellt. Die Verwalterin wird in den nächsten Wochen prüfen, ob die Sanierungsbestrebungen aufrechterhalten werden können. Die Verwalterin hat bereits mit One Square im Hinblick auf die Vertretung der Anleihegläubiger Kontakt aufgenommen.

Im Rahmen des Sanierungsverfahrens sind, so One Square, wichtige Termine und Fristen vom Gericht festgelegt worden:

– bis 1. Dezember 2021: Anmeldefrist für Forderungen der Gläubiger, dies gilt auch für Anleihegläubiger

– 15. Dezember 2021: Berichts- und Prüfungstagsatzung, auf der über das Verfahren berichtet wird und die Forderungen festgestellt werden

– 26. Januar 2022: Sanierungsplantagsatzung auf der über den von der Gesellschaft vorgelegten Sanierungsplan abgestimmt wird.

Mittels dieser eng gesetzten Termine und Fristen sollen zeitnah Fakten geschaffen werden, so One Square. Der enge Zeitplan deutet nach Einschätzung von One Square darauf hin, dass das Verfahren seitens der Gesellschaft von langer Hand vorbereitet ist und ein Sanierungsplan, der die Gläubiger mit einer Quote von 20 Prozent abfinden soll, erarbeitet wurde.

Sanierungsverfahren in Österreich: One Square erläutert in einer Information für Anleihegläubiger auch die Unterschiede zu einer Insolvenz in Deutschland. Der Grund für die Antragstellung in Österreich kann nach Einschätzung von One Square nur darin liegen, dass sich für die Gesellschaft wesentliche Vorteile ergeben, sehr zum Nachteil der Anleihegläubiger. Das sogenannte Sanierungsverfahren in Österreich ist ein Insolvenzverfahren und weist gewisse Parallelen zu einem deutschen Schutzschirmverfahren auf. Dies bedeutet, dass die Eyemaxx Real Estate AG den Gläubigern einen Sanierungsplan mit folgenden Eckpunkten vorlegen wird:

– Der Eigentümer führt das Unternehmen fort

– Die Eigentumsverhältnisse ändern sich nicht

– Die Anleihegläubiger werden mit 20 Prozent ihrer Forderungen abgefunden und müssen einen Verlust von 80 Prozent hinnehmen.

Im Gegensatz zu Österreich ist in Deutschland keine Mindestquote festgelegt, sondern die Quote ermittelt sich aus der tatsächlichen Verwertung der vorhandenen Assets, deren Wert zumindest in dem letzten testierten Einzeljahresabschluss bei 195,8 Millionen Euro lag, ein Indiz für eine deutlich höhere Quote als 20 Prozent, so One Square. In Kombination mit der kurzen Frist sowie der für die meist deutschen Anleihegläubiger nicht geläufigen Vorgehensweise besteht die Gefahr, dass durch diese Quote die Aktionäre der Eyemaxx Real Estate AG überproportional durch das Verfahren in Österreich profitieren.

Die Erfahrung mit österreichischen Insolvenzverfahren zeigt, dass die Rechte deutscher Anleihegläubiger in einem deutschen Insolvenzverfahren einfacher geltend zu machen und sehr viel besser durchsetzbar sind, erläutert One Square weiter. Das österreichische Insolvenzrecht sieht für Anleihegläubiger einer deutschen Anleihe keinen gemeinsamen Vertreter vor. Jeder Anleihegläubiger muss seine Forderung selbst anmelden und am Verfahren sowie den Abstimmungen selbst teilnehmen oder sich vertreten lassen.

Fremdinsolvenzantrag: One Square und die Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek haben bereits eine Reihe von Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Rechte der Anleihegläubiger bestmöglich zu schützen und zu vertreten. One Square hat am 2. November 2021 beim Amtsgericht in Aschaffenburg gegen die Eyemaxx Real Estate AG einen Fremdinsolvenzantrag, hilfsweise einen Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens gestellt. Sofern das Gericht in Aschaffenburg ein solches Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet, würden die sich in Deutschland befindlichen Assets der Eyemaxx Real Estate AG auch in Deutschland verwertet und somit nicht unter den in Österreich vorgelegten Sanierungsplan fallen. Damit könnte zumindest für die „deutschen Assets“ eine faire, marktgerechte Verwertung durch einen deutschen Insolvenzverwalter sichergestellt werden, so One Square. Zudem muss bei einem Insolvenzverfahren in Deutschland zwingend die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters erfolgen.

Einberufungsverlangen: Nach Absprache mit mehreren großen Anleihegläubigern, hat One Square unterstützt durch Heuking Kühn Lüer Wojtek ein Einberufungsverlangen an die Eyemaxx Real Estate AG für eine Gläubigerversammlung zur Wahl eines gemeinsamen Vertreters für jede der von der Eyemaxx Real Estate AG emittierten Anleihen gestellt, um eine bestmögliche Vertretung der Interessen der Anleihegläubiger sicherzustellen. Die Regelung in § 19 Abs. 3 SchVG, wonach der gemeinsame Vertreter berechtigt ist, die Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen, bezieht sich allerdings nur auf Insolvenzverfahren in Deutschland. Für das österreichische Insolvenzverfahren heißt das zunächst, der gemeinsame Vertreter kann die Anleihegläubiger nicht gesamtheitlich vertreten und zum Beispiel Forderungen anmelden, sondern muss durch Einzelvollmacht jedes Anleihegläubigers legitimiert werden. Allerdings wollen One Square und Heuking Kühn Lüer Wojtek in den von ihnen einberufenen Anleihegläubigerversammlungen einen Beschlussvorschlag zur Abstimmung zu stellen, der entsprechende Rechte auch in Österreich einräumt. Es bestehe eine hohe Chance, dass damit die Legitimation des gemeinsamen Vertreters auch in Österreich anerkannt wird, da dies das Innenverhältnis der Ausgestaltung der Anleiherechte betrifft und sich nach deutschem Recht richtet.

Nächste Schritte: One Square hält es für dringend geboten, dass die Anleihegläubiger ihre Rechte wahrnehmen. Je breiter die Basis ist, desto stärker wird die Position der Anleihegläubiger. One Square und Heuking Kühn Lüer Wojtek stehen für die Vertretung der Anleihegläubiger sowohl als gemeinsamer Vertreter als auch auf Basis von Einzelvollmachten zur Verfügung. Den einzelnen Anleihegläubigern entstehen für die Vertretung durch One Square und Heuking Kühn Lüer Wojtek gemäß den Ausführungen in der Information für Anleihegläubiger keine zusätzlichen Kosten. Eine eventuelle Vergütung erfolgt im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Für weitere Informationen können sich betroffene Anleger an One Square unter eyemaxx@onesquareadvisors.com wenden.