EZB VERSCHÄRFT PRÜFUNG VON GEWERBLICHEN IMMOBILIENKREDITEN

Gutachter sollen Methodik erläutern

Werner Rohmert, Hrsg. „Der Immobilienbrief“,  Immobilienspezialist „Der Platow Brief“

Der aktuelle Vorstoß der EZB, den Bloomberg berichtete, und der europäischen Versicherungsaufsicht zu Bewertungen bei Kreditrisiken und institutionellen Portfolien kann dramatische Wirkung entfalten.  Bislang vertritt die Branche die Meinung, dass Bewertungen lediglich auf dem Papier stattfänden und der Cash flow entscheidend sei. „Der Immobilienbrief“ hat Ihnen aber mehrfach aus alter Erfahrung den bewertungsbedingten Einstieg in die Teufelsspirale aufgezeigt. Bereits seit über einem Jahr greift „Der Immobilienbrief“ die Bewertungsproblematik in geändertem finanzmathematischem Umfeld auf. Schon zur letztjährigen Expo Real im Oktober 2022 waren wir in der Messezeitung der Immobilien Zeitung entsprechend zitiert worden. Die Europäische Zentralbank habe jetzt Immobilienbewerter aufgefordert, zu erklären, wie sie Schätzungen erstellen.

Am Beispiel der Vonovia-Bilanzberichterstattung erläuterten wir Ihnen am Ende März Bewertungsrisiken von rund einem Drittel. Vonovia hatten wir gewählt, weil wir von dem Marktführer, der in Deutschland die Wohnungswirtschaft auf ein neues Niveau hob, sehr positiv in Bezug auf Seriosität, Strategie und operativer Umsetzung voreingenommen waren. In „Der Immobilienbrief“ in Nr. 548 v. 30.3.2023 begründeten wir Ihnen dabei die Bewertungsrisiken ausführlich in zwei Betrachtungsweisen, wobei immobilienwirtschaftliche Betrachtung und Blick in die Historie eng mit der damals sehr niedrigen Börsenbewertung korrelierten. Uns blieb völlig schleierhaft, wie die als Bewerter angegebenen Gesellschaften CBRE, JLL und Savills zu einer Bewertung in Höhe der 29,2-fachen Jahresmiete für ein historisch zusammengemixtes deutsches Werks- und Kommunal-Wohnungsportfolio zum Jahreswechsel 22/23 kommen konnten. Der Bestand enthält neben einigen Perlen der Deutsche Wohnen und einigen Neubauten u. a. überwiegend unsanierte Immobilien mit medienbekannter Dt. Annington-, Gagfah-, GSW- oder Viterra-Historie. Aus rechtlicher Sicht war das sicher gedeckt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht war darüber sicher nachzudenken. Inzwischen wird scheibchenweise abgewertet. Gleichzeitig werden – nicht nur bei Vonovia – nach dem jedem Sanierer bekannten Motto „best out, worst in“ die Perlen verkauft, um die hohe Qualität des Rest-Bestandes Banken und Aktionären zu suggerieren.

Die Überlegungen trafen sicher nicht allein auf Vonovia zu. Insbesondere auch bei Gewerbeportfolios großer Institutioneller mussten je nach Kaufzeitpunkt und Bewertungsmethode mathematische Korrekturen erfolgen. Brandaktuell (s.Artikel S. XY) berichtet JLL von einem Anstieg der Spitzenrenditen von 2,65% im Q1 2022 auf 4,4% zum Jahresende 2023. Damit sinken die Multiplikatoren von über 37-fach auf 22,7-fache Nettojahresmiete. Das sind 40%, denen allerdings noch ein Mietanstieg von über 10% gegenübersteht. Der Spitzenmietanstieg resultiert vor allem aus noch knappem New Wok Neubau und Indizierung, die allerdings mit Auslauf der Mietverträge wertloser wird. Der JLL Prime Office Indicator Victor zeigte zur Jahresmitte eine negative Wertänderungsrendite von 19,4% zum Vorjahr auf. Die „Der Immobilienbrief“-Berechnungen wurden dabei teilweise noch unterboten. Der Markt hat zudem seinen Boden noch nicht gefunden. Zu schwer wiegen die Argumente aus aktuellen Entwicklungen, Zyklik, Niveautransformationen und volkswirtschaftlichem Einbruch internationaler Wettbewerbsfähigkeit durch die vielen „Ds“ (siehe oben EXPO REAL Berichterstattung).

Jetzt springen die Aufsichtsbehörden auf die Warnungen, die „Der Immobilienbrief“ und DER PLATOW BRIEF lange recht einsam vortrugen, auf. Im August machte die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa klar, dass sie deutliche Abwärtskorrekturen bei der Bewertung der Immobilienportfolios von Versicherern für wahrscheinlich hält. Die Branche habe im Einklang mit Schätzungen des Datenanbieters MSCI aufgewertet, aber den Rückweg nicht mitgemacht. Aktuell berichtet Bloomberg, dass nun auch die Europäische Zentralbank EZB die Prüfung von gewerblichen Immobilienkrediten der Banken verschärfe. In Backgroundgesprächen hören wir zudem – allerdings nicht zitierfähig, aber glaubwürdig – auf der Messe, dass die Gewerbeabteilungen der großen Banken und insbesondere spezialisierte Gewerbefinanzierer in Panik seien. Im Visier der EZB dürften da vor allem die internationalen Bewerter der großen Chartered Surveyors stehen, zu denen neben den Vonovia-Bewertern  noch Cushman & Wakefield von Bloomberg benannt werden..

Eingesessene deutsche Bewerter machen oft im Privatgespräch keinen Hehl daraus, was sie von den Bewertungen der „Maklerbuden“ halten, die in der Finanzkrise mangels Transaktionen irre Abwertungen vornahmen und jetzt bei gut zahlenden Kunden mangels Vergleichsdeals keine Korrekturen vornahmen. Die Europäische Zentralbank habe Immobilienbewerter aufgefordert, zu erklären, wie sie Schätzungen erstellen, da die Bedenken wachsen, dass die Banken in der Region den Wert ihrer Gewerbeimmobilienkredite zu langsam abschrieben, so Bloomberg. Die Besorgnis rühre zum Teil von der Flaute bei Immobiliengeschäften her, die einen Vergleich der Immobilienwerte mit den tatsächlichen Transaktionen erschwere. Ein EZB-Sprecher lehnte lt. Bloomberg eine Stellungnahme ab. Die Preise seien in den USA und im Vereinigten Königreich eingebrochen und hätten in den Märkten der Eurozone, einschließlich Deutschland, zu sinken begonnen, scheint jetzt auch die EZB zu bemerken. Fragilitäten im CRE-Sektor seien eine wichtige Quelle von Kreditrisiken für den Finanzsektor, berichtete der IWF und erwartet, dass die globalen Preise im nächsten Jahr in mehreren Segmenten um mehr als 10% sinken könnten. ■