Investmentmarkt Europa: Deutlicher Trend nach oben

Handelsimmobilieninvestments Kontinentaleuropa

Handelsimmobilieninvestments Kontinentaleuropa

Jeremy Eddy, Head of European Retail Capital Markets bei Jones Lang LaSalle (JLL) blickt mit einem gewissen Optimismus in die nächsten Monate: „Wir erwarten auf den europäischen Transaktionsmärkten einen guten Start in das erste Halbjahr 2010“, lautet seine Einschätzung. Grundlage der Zuversicht ist der Ausklang des Krisen-Jahres 2009: Mit einem Transaktionsvolumen von 4,5 Mrd. Euro in Gesamteuropa lag das 4. Quartal 2009 immerhin um 60% über dem 3. Quartal. Hier wurde ein Transaktionsvolumen von  nur 2,9 Mrd. Euro gemessen.

Erfasst wurden laut JLL bei dieser Betrachtung insgesamt 100 Investments in Shopping-Center, Fachmarktzentren und Factory Outlet Center. Unberücksichtigt blieben dabei aber innerstädtische Geschäftshäuser und Deals unter 5 Mio. Euro.

Die Aufholjagd zum Jahresende bewirkte nach dem Abschmieren des Investmentmarktes in den ersten beiden Quartalen 2009, als das Investitionsvolumen mit gut 4,9 Mrd. Euro sehr deutlich unter dem Wert des 1. Halbjahres 2008 mit knapp 11,9 Mrd. Euro lag, dass sich das Transaktionsvolumen im Gesamtjahr aber noch auf 12,3 Mrd. Euro summierte. Und es lag damit nur noch 32% unter dem Wert von 2008. Damals erreichte das Transaktionsvolumen mit Handelsimmobilien einen Gesamtwert von 18,2 Mrd. Euro. Der Aufwärtstrend ist damit unverkennbar.

Dabei floss 2009 das meiste Geld – rd. 6,9 Mrd. Euro oder 56% des Werts – in großvolumige Shopping-Center. Und das, obwohl sich die Banken bei der Finanzierung größerer Deals immer noch zurückhalten – das ergaben auch die Diskussionen auf der 20. Cimmit Ende Januar.

Bezieht man das wichtige Segment „innerstädtischer Geschäftshäuser“ in die Betrachtung mit ein, summiert sich das europäische Transaktionsvolumen für Handelsimmobilien 2009 sogar auf 19,1 Mrd. Euro. Mit etwa 6,8 Mrd. Euro sind innerstädtische Geschäftshäuser europaweit genauso begehrt wie Shopping-Center.

Beim optimistischen Blick auf 2010 schätzt JLL-Manager Eddy, dass Beteiligungskapital wachsende Bedeutung erlangen wird: So könnten etwa REITs und Immobilienunternehmen „ihre angespannte Eigenkapitalbasis verbessern und die Präsenz auf den europäischen Märkten ausweiten“. Der Blick bleibt aber – im Interesse der Sicherheit – auf „erstklassige Spitzenobjekte“ gerichtet. Preisstabilität ist deshalb vor allem in innerstädtischen Top-Lagen oder guten Shopping-Centern zu erwarten, während die Experten schätzen, dass die Preise für „weniger gut positionierte Handelsimmobilien“ weiter nachgeben werden.

Diese Einschätzung korrespondiert mit der Tatsache, dass auch der Einzelhandel bei der Expansion auf sichere Top-Lagen setzt. „Da bei der Standortwahl in der Regel weiterhin keine Kompromisse eingegangen werden“, bestätigt Christoph Scharf, Bereichsleiter Retail-Vermietung von BNP Paribas Real Estate (BNPPRE), könnten Nebenlagen nicht von den Engpässen in den A-Lagen profitieren.

So vielfältig der europäische Kontinent, so unterschiedlich präsentiert sich auch der Markt für Handelsimmobilien, seit sich nach dem Zusammenbruch von Lehmann Brothers im September 2008 die Finanzwelt verändert und sich die Illusion aus dem Markt verflüchtigt hat. Die Wachstumsmärkte der Zukunft, Osteuropa, haben sich vorerst abgemeldet. Allenfalls in Polen sehen die Experten von GfK Geomarketing und ECE die schnelle Wende zum Besseren. Ansonsten haben die Investoren ihren Blick vor allem auf die Märkte Westeuropas gerichtet.

Aus Sicht von Wolfgang Thoeren, Vice President Retail Europe bei Fossil werden die osteuropäischen Märke nach dem Hype immer noch von „reichlich überhöhten Mieten“ geprägt, die sich mit der Zeit aber normalisieren dürften, nachdem auch der Einzelhandel vorsichtiger expandiert und Projektentwicklungen aufgeschoben oder aufgegeben wurden. Thoeren kann sich auch vorstellen, dass unrentable Flächen vom Markt verschwinden werden.

In diesem Kontext hat sich der deutsche Markt laut Jörg Ritter, Leiter Einzelhandelsinvestment Deutschland bei JLL, „in einem schwierigen Marktumfeld als aktivster Retail-Investmentmarkt in Kontinentaleuropa positioniert“. Deutschland werde auch 2010 an diese Vorgaben anknüpfen, ist er überzeugt. Mit einem Transaktionsvolumen von 1,53 Mrd. Euro entfiel im Vorjahr 21% des kontinentaleuropäischen Investitionsvolumens, das JLL auf 7,3 Mrd. Euro (ohne Geschäftshäuser) beziffert, auf den hiesigen Markt. Bezieht man das wichtige Segment Geschäftshäuser (2009: 993 Mio. Euro) mit ein, dann summiert sich das Transaktionsvolumen in Deutschland auf 2,92 Mrd. Euro. Laut BNPPRE lagen Geschäftshäuser mit knapp 43% des Investmentumsatzes hierzulande eindeutig an erster Stelle vor Shopping-Center mit 29%. Vor allem private Anleger traten als Käufer auf.

In Deutschland war das Geschäft vor allem im 3. Quartal sehr rege. Dass es zum 4. Quartal etwas abflaute, führen Experten darauf  zurück, dass zum Jahrsende vieles angebahnt aber nicht mehr rechtzeitig abgeschlossen werden konnte und ins Jahr 2010 fallen dürfte.

Bezieht man den gesamten europäischen Markt – also auch den britischen – in die Betrachtung mit ein, dann steht Großbritannien mit einem Transaktionsvolumen von 6,41 Mrd. Euro und einem Marktanteil von 30% jedoch europaweit an der Spitze. Hier konzentrierten sich die Hauptaktivitäten laut Rüdiger Thräne, Geschäftsführer Kemper’s Jones Lang LaSalle Retail GmbH, auf das 4. Quartal mit einem Volumen von 2,46 Mrd. Euro. Auf der Insel erwarten die Einzelhändler, dass der private Konsum langsam wieder anzieht. Von der Neigung der Privathaushalte, beim Konsum zu sparen, profitieren vor allem Discounter wie Poundland, 99p Stores, Home Bargains oder Peacocks. Und auch die Mieter fragen verstärkt nach umsatzabhängigen Verträgen und kürzeren Laufzeiten. Top-Lagen in Top-Städten sind laut JLL jedoch stabil.

Frankreich konnte mit einem Investitionsvolumen von 500 Mio. Euro – u.a. durch den Verkauf eines Portfolios von Decathlon-Stores für 115 Mio. Euro – laut JLL im 4. Quartal ebenfalls stark aufholen. „Der Investmentmarkt hat nach einem schwachen 3. Quartal in den letzten drei Monaten mit mehreren Shopping-Center-Transaktionen wieder deutlich angezogen“, fasst Thräne zusammen: „Insgesamt erzielte Frankreich 2009 mit 1,755 Mrd. Euro nach Großbritannien, Deutschland und Spanien das vierthöchste Einzelhandels-Transaktionsvolumen in Europa.“

Steigende Arbeitslosigkeit dämpft Kauflaune der Franzosen

Auch in Frankreich hält sich der Einzelhandel bei einer moderat einsetzenden Expansion an die exponierten 1A-Lagen und Shopping-Center – und sorgt so für relativ stabile Mieten. Im Fokus der internationalen Filialisten steht vor allem Paris. Die steigende Arbeitslosigkeit drückt derzeit aber noch die Konsumlaune.

Steigende Arbeitslosenzahlen sind auch in Italien, wie Thräne berichtet, ein Thema und wird es auch 2010 noch bleiben, da mit einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaft gerechnet wird. Dennoch habe die Flächennachfrage in den innerstädtischen 1a-Lagen nach einem guten Weihnachtsgeschäft etwas angezogen – vor allem in Mailand und Rom, stellt der Experte fest.

Doch auf dem italienischen Investmentmarkt überwiege nach wie vor die „Wait and see“-Strategie. Zu unsicher scheint die volkswirtschaftliche Lage. Dennoch rangierte Italien 2009 mit einem Transaktionsvolumen von rund 1,4 Mrd. Euro hinter Großbritannien, Deutschland, Spanien und Frankreich auf Rang 5 im Ranking des europäischen Retail-Investmentmarkts.

Mit einem Investitionsvolumen von 1,11 Mrd. Euro folgen die Niederlande. Auch hier ist die Belebung im 2. Halbjahr 2009 unverkennbar. 75% des Transaktionsvolumens wurden laut Thräne in der 2. Jahreshälfte realisiert. Das gibt Hoffnung auch für 2010. Ähnlich wie in Deutschland war in den Niederlanden die Wirtschaft um fast 5% geschrumpft und 2010 wird ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von 5,25% (2009) auf 8% erwartet. Stabilität zeichnet aber auch hier die Lage in den Top-Standorten aus.

Die spanische Wirtschaft ist nach dem Platzen der Immobilien-Blase und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 20% von der Krise sehr hart betroffen. So sind denn Markteintritte neuer internationaler Konzepte in Spanien derzeit die Ausnahme. Dafür sind die inländischen Discounter, die vom Sparzwang der Konsumenten profitieren, laut JLL vergleichsweise expansionsfreudig. Während Top-Lagen immer noch gefragt sind, verläuft die Vorvermietung von Entwicklungsobjekten „sehr schleppend“, weiß Thräne.

Mit einem starken 3. Quartal und einem Gesamttransaktionsvolumen von  etwa 2,15 Mrd. Euro steht Spanien – trotz allem – hinter Großbritannien und Deutschland auf Rang. Thräne: „Anleger suchen Core-Produkte, die allerdings nur in geringem Maß zur Verfügung stehen.“ Ein Großteil entfalle auf Sale & Lease Back-Geschäfte mit Beteiligung des Bankensektors.

Fazit: In den wichtigsten Märkten Westeuropas sind die Belebungs-Tendenzen Ende 2009 unverkennbar und lassen die Hoffnung aufkeimen, dass sich die Lage 2010 stabilisiert. Top-Lagen in der City und in guten Shopping-Centern bleiben gefragt, so dass die Objekte im Top-Segment weitgehend stabil sein dürften. Oder anders formuliert: „Überall, wo der Expansionswunsch des Mieters und die Standortqualität hoch genug sind, gibt es gegenwärtig wieder erfreulich vorwärtsgerichtete Lösungen und Vereinbarungen, die insgesamt stabile Mietpreise erwarten lassen“, bringt es André Langmann, Vorstandschef der GRR AG auf den Punkt.