Konjunktur: Vorsichtiger Optimismus im Einzelhandel

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Im vergangenen Jahr hat der private Konsum die deutsche Wirtschaft gestützt und der Einzelhandel kam mit einem relativ geringen Umsatzrückgang von nominal 1,6% durchs Tal der Weltwirtschaftskrise. Die Frage, wie stark die Arbeitslosigkeit – nach Auslaufen des Kurzarbeitergeldes – in diesem Jahr steigt, hat die Prognosen über die Entwicklung der Konsumkonjunktur bislang erschwert. Nun schätzt Aberdeen Research in seinem „Market Outlook Deutschland“, dass die Arbeitslosenquote nur von 8,2% (2009) auf 8,7% (2010) steigen wird – und damit unter dem EU-27-Durchschnitt von 9,7% liegen dürfte. Das lässt auf Stabilität hoffen.

Zum Ende des 1. Quartals 2010 belegt denn auch die Konjunktur-Umfrage des Handelsverbands Deutschlands (HDE), dass der Einzelhandel mit deutlich mehr Optimismus in die Zukunft blickt, als 2009: Die Gesamtzufriedenheit – sie wird mit der „aktuellen Geschäftslage“ des jeweiligen Unternehmens gemessen – ist demnach gestiegen. Ausgehend von einem – allerdings – sehr schwachen Niveau im Vorjahr hat sich die Geschäftslage nach den Worten von HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth „deutlich verbessert“. 41% der befragten Handelsunternehmen bewerten ihre Geschäftsslage besser als im Sommer 2009. Bei 37% waren die Gewinne bereits im 2. Halbjahr 2009 gestiegen, 35% mussten aber Ertragsrückgänge hinnehmen.

Dabei ist der verhaltene Optimismus in allen Branchen zu registrieren. Genth ist überzeugt, dass hier die Erleichterung über die nicht allzu stark spürbaren Auswirkungen der Rezession auf den privaten Konsum mitschwingt und offenbar auch die Hoffnung auf das vermeintliche Ende der Wirtschaftskrise. So konnten Deutschlands Einzelhändler im Januar beim Umsatz laut HDE – bereinigt um die Anzahl der Verkaufstage und deren Lage – immerhin das Niveau des Vorjahres erreichen. Damit ist der befürchtete Abschwung erst einmal ausgeblieben.

Überdurchschnittlich verlief dabei, bedingt durch das kalte Winterwetter, das Geschäft der Bekleidungsbranche. Für das Gesamtjahr erwartet der HDE, dass Deutschlands Einzelhändler den Vorjahresumsatz von 392,1 Mrd. Euro wird halten können. Die hohe Belastung der Bundesbürger durch Steuern und Sozialabgaben lassen aber auch kaum Spielraum für Wachstum. Das zeigte sich schon während der Boomphase 2006/07. Zudem schätzt Aberdeen, dass die Sparquote in diesem Jahr steigen wird. 2009 lag sie bei 11,3% des verfügbaren Einkommens.

Von den 4,5 Mrd. Euro, die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags) in den privaten Konsum fließen werden, wird der Einzelhandel aber nur unterdurchschnittlich profitieren. Denn der Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumausgaben hat mit 27,5% im Jahr 2009 laut Genth einen historischen Tiefpunkt erreicht. Aberdeen Research schätzt, dass die Konsumausgaben in Deutschland 2010 um 0,7% steigen werden (EU 27: 0,9%) und das reale Brutto-Inlandsprodukt um 2,1% (EU 27: 1,6%).

Auch bei den deutschen Konsumenten steigt die Zuversicht, dass sich die Wirtschaft und damit ihre  Einkommen weiter erholen, nachdem der Arbeitsmarkt bislang recht robust geblieben ist, wie die GfK mit Blick auf den aktuellen Konsumklima-Index feststellt. Allerdings hat sich die Anschaffungsneigung (die Bereitschaft, langlebige Konsumgüter zu kaufen) leicht abgeschwächt, auch wenn sie nach wie vor noch ein gutes Niveau aufweise.

Grund sind die zuletzt deutlich gestiegenen Benzinpreise. Das bestätigt laut GfK den starken Zusammenhang zwischen Preiserwartungen und Anschaffungsneigung. Anregungen von Bundespräsident Horst Köhler, der Benzinpreis müsse im Interesse der Umwelt noch deutlich steigen, dürften mit Blick auf die Konsumkonjunktur deshalb kontraproduktiv sein.

Das gilt auch mit Blick auf die finanzielle Lage der Kommunen. „Sollte es hier angesichts klammer kommunaler Kassen zu deutlichen Erhöhungen von Steuern und Abgaben kommen, könne dies die Konsumstimmung belasten“, befürchtet Genth.

Bei der Beurteilung der deutschen Wirtschaft innerhalb des EU-Raums geht Aberdeen Research in seinem „Market Outlook“ davon aus, dass das Wachstum innerhalb Europas „von einer vorauslaufenden Kerngruppe, bestehend aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden getragen“ wird. In den peripheren Volkswirtschaften dürfte das Wachstum geringer ausfallen – von Griechenland, Irland, Portugal und Spanien ganz zu schweigen.

Bislang keine Mietverluste in den Metropolen

Beim Blick auf den deutschen Vermietungsmarkt für Handelsimmobilien stellt Aberdeen fest: In diesem „brisanten Jahr“ (2009) wurde die Entwicklung auf dem Einzelhandelsmarkt geprägt von den anhaltenden Expansionsbestrebungen der Modebranche, der Super- und Verbrauchermärkte, der konstanten Nachfrage in den begehrten 1A-Lagen deutscher Metropolen sowie dem Neuauftritt von Mode-Konzepten wie Monki und Weekday.

Dass sich das Interesse von den Top-Lagen in Mittelstädten zurück in die Großstädte verlagert, registriert auch das Osnabrücker Maklerunternehmen Lührmann. Grund ist das verstärkte Streben nach Sicherheit. „Durch das begrenzte Flächenangebot mussten diese stark frequentierten Einkaufsmeilen im Gegensatz zu den Büromärkten noch keine Mietverluste hinnehmen“, stellt Aberdeen dazu fest.

In den 9 Investmentzentren (Berlin, Düsseldorf, Dresden, Köln, Hamburg, Frankfurt, Leipzig, München und Stuttgart) seien die Spitzenmieten – gegenüber 2008 – sogar noch um 2,2% auf eine durchschnittliche Spitzenmiete von 210 Euro bei ideal geschnittenen 100 qm großen Läden gestiegen. Getragen wird der Trend von den Steigerungen in München, (+7%), Dresden (+5%), Frankfurt/M. (+4%) und Stuttgart (+2%). Am teuersten sind München mit 300 und Frankfurt/Zeil mit 260 Euro. In den von Aberdeen betrachteten 58 Regionalstandorten  legten die Mieten dagegen im Mittel nur um 0,5% zu – in den ostdeutschen Städten mit 0,67% – auf Grund des Nachholbedarfs – stärker als im Westen.

Vor dem Hintergrund der Expansion bei Fach-, Super- und Verbrauchermärkten sowie SB-Warenhäusern stiegen laut Aberdeen allerdings auch die Mieten in Stadtteillagen und auf der grünen Wiese. Die durchschnittliche Spitzenmiete liegt bei ca. 10 Euro je qm, die Spanne reicht von 6 bis 12 Euro. „Ein nachhaltiges Mietniveau wird nicht nur in innenstädtischen Top-Lagen erzielt, sondern an allen Standorten, an denen Interesse seitens bonitätsstarker Handelsmieter und gute Nachnutzungsmöglichkeiten bestehen“, stellt Andé Langmann, Vorstandschef der GRR AG aus Erlangen dazu fest: „Überall, wo der Expansionswunsch des Mieters und die Standortqualität hoch genug sind, gibt es gegenwärtig wieder erfreulich vorwärtsgerichtete Lösungen und Vereinbarungen, die insgesamt stabile Mietpreise erwarten lassen.“

In Shopping-Centern seien die Mieten mit einem durchschnittlichen Rückgang von 0,16% dagegen relativ stabil geblieben, so Aberdeen. Allerdings sind die Abweichungen bei Centern je nach Standort, Branchenmix und Flächengröße sehr erheblich.

Beim Ausblick auf  2010 schätzt Aberdeen, dass im Zuge eines kontinuierlichen Arbeitsplatzabbaus und einer Eintrübung der Konsumstimmung die Mieten in den innerstädtischen 1A-Lagen leicht nachgeben könnten. Erste Anzeichen dafür sei die Tatsache gewesen, dass beim Mieterwechsel kein Key Money gezahlt wurde. Hier erwartet Aberdeen aber nur eine phasenweise Delle. Denn im Verlauf der kommenden 5 Jahre dürften die Mieter wieder um durchschnittlich 2,7% steigen.

Relativ stabile Mieten erwarten die Forscher jedoch bei Top-Shopping-Centern und Fachmärkten, da sie auf Grund des Branchen-Mixes anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Der Handelsverband HDE sieht die Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes 2010 auf stabilem Niveau. Es gebe zwar kaum Wachstumsperspektiven, aber auch keine Anzeichen für nennenswerte Umsatzrückgänge.