FREIER FALL DES JLL-PRIME OFFICE GEHT LEICHT GEBREMST WEITER

Topqualität mit minus 30% Indexpunkte ohne Berücksichtigung ESG-Nachholbedarf

Der JLL-Victor Prime Office verdeutlicht den freien Fall. Der Immobilienmarkt gleicht in seinem Krisenverlauf dem Fall an einem Bungee-Seil (vgl. Editorial). Jetzt setzt zwar langsam die Bremswirkung ein, jedoch hat der Markt noch einen sich verlangsamenden, aber deutlich Fall vor sich, der am neuen Gleichgewichtspunkt vorbei erst noch den unteren Wendepunkt erreicht, bevor er wieder Richtung Gleichgewicht anzieht. Am unteren Wendepunkt stellt sich dann heraus, wer sich bei (Investitions-) Gewicht oder Seillänge bzw. Timing verrechnet hat.

Bedenken Sie dabei: Jll Prime Office als höchster Qualitätsstandard ist immer zu Marktmieten voll vermietet, immer neu und damit immer energetisch optimal auf aktuellem Anforderungsniveau. Beim Absturz des Prime Office Index muss also im Übertrag auf den Gesamtmarkt noch berücksichtigt werden, dass bei wohl zwei Dritteln der Büroimmobilien noch energetischer Nachholbedarf über den Werteffekt hinaus berücksichtigt werden muss. Und übrigens: Prime Office von vor 5 Jahren ist heute schon von gestern.

Mit Blick auf den Bungee-Zyklus beginnt auch aus „Der Immobilienbrief“-Sicht jetzt die Phase, in der sich liquide Investoren auf den neuen Einstiegszeitpunkt vorbereiten sollten. Je nach Zinsentscheidungen dürfte das Einstiegsfenster sich im 3. Oder 4. Quartal öffnen, sofern der Markt bis dahin wieder liquide ist und Opportunities unterhalb des zinsadäquaten Gleichgewichtspreises möglich sind, die dann noch energetische Anpassungen und Risikomargen des konjunkturellen und digitalen Umfeldes beinhalten. Das ist die Chance der Opportunisten.

Gleichzeitig fängt allerdings der Überlebenskampf der Developer ohne validen Exit oder der sportlicheren Bestandshalter mit spätem Einstiegszeitpunkt oder optimistischen Bewertungen erst an. Über Sekundär-Effekte erreichen deutliche Bewertungskorrekturen auch in einem prinzipiell noch funktionierenden Geschäftsmodell die Liquidität der Unternehmen. Bei Gewerbe beunruhigt aber immer Klippe des Mietvertragsauslaufs, die unaufhaltsam näher rückt. Bei Wohnen ist die Miete zumindest statistisch kontinuierlich. Wer aber nach Kosten nur 1 bis 2% Rendite erzielt, aber mit 4 bis 5% nachfinanzieren muss, kann nur versuchen, irgendwie noch von Runde zu Runde zu kommen. Das führen uns die Immo AG’s vor, vor denen inzwischen auch die DVFA-Analysten vorsichtig warnen

Wie für „Der Immobilienbrief“-Leser nicht anders zu erwarten, hat sich der JLL-Büroperformance-Indikator Victor Prime Office nach dem vorherigen, bereits beispiellosen Absturz im Q4 2023 weiter verschlechtert. Im Jahr 2023 betrug die Wertänderungsrendite bzw. Performance -19,6%. Für 2022, dem Zinswendejahr, war nach dem historischen Höhepunkt im Q1 2022 bereits ein Wertverlust von -11,2% zu verzeichnen. Das entspricht dann einem Bewertungsgesamtminus von -28,6% und nähert sich der anderthalb Jahre alten „Der Immobilienbrief“-Finanzmathematik-Erwartung 2022 von über 30% an. Abzüglich der Mieteinnahmen von 3,3% im Metropolendurchschnitt ergibt sich dann ein Minus beim Total Return von -16,3%. Zum Jahresende habe das Renditeniveau für Büroimmobilien im Schnitt 4,3% gelegen. Hieraus errechnet sich für „Der Immobilienbrief“ eine Bewertung in Höhe der gut 23-fachen Jahresmiete für Prime Office. Das nähert sich dann schon sehr gut der seit Herbst 2022 von „Der Immobilienbrief“ erwarteten Rückkehr zu 5% für gute, langfristig vermietete Büros mit Ausreißern für Landmarks nach oben und alternativ Abschlägen für Lage oder Qualität an. Dass die „Der Immobilienbrief“-Annahmen realistisch sind, bestätigt der Blick auf 2009, als nach der Finanzkrise der Markt wieder ansprang. Damals betrugen lt. JLL  die Nettospitzenrenditen zwischen 5,25% in München und 5,5% in Berlin.

Insgesamt notiert lt. der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München Ende Dezember 2023 bei 166,6 Punkten, nach 207,1 Punkten im Vorjahr. schon damals die Irrationalität der Preisentwicklung nicht zu deutlich werden zu lassen. Im Maximum im Q1 2022 waren es etwa 235 Punkte. Allerdings hätten sich die Quartalsrückgänge im Jahresverlauf 2023 verlangsamt, so JLL. Im vierten Quartal 2023 betrug die Wertänderung noch minus 2,7% (Q2: minus 4,8%; Q3: minus 7,8%). Alle Top 5 Städte wiesen im Q4 eine negative Quartals-Performance. Dabei erstreckt sich die Spanne von minus 1,2% in der Münchener Innenstadt bis minus 4,4% in der Frankfurter Bankenlage.

Die Wertverluste allein des letzten Jahres belaufen sich für Berlin auf -20,1%, für Düsseldorf auf -19%, für Frankfurt auf -19,5%, für Hamburg auf -19,2% und für München auf -19,9%. Der Gleichlauf der Standorte erklärt sich für „Der Immobilienbrief“ aus der Zinsmathematik, die den gesamten Bereich der Renditeimmobilien, also der von der Mathematik abhängigen Investments, gleichermaßen betrifft. Es ist zu erwarten, dass sich z, B. Wohnportfolios ähnlich entwickeln werden. Es hätten aber doch einige wenige Transaktionen auf überraschend hohem Preisniveau stattgefunden, kommentiert Ralf Kemper, Head of Value and Risk Advisory JLL Germany, die Zahlen. Er lässt aber offen, ob es sich um ein Strohfeuer handele oder ob sich der seit langem ersehnte Preisfindungsprozess langsam einpendele. Das Investitionsvolumen am Büroimmobilienmarkt sei 2023 sei in den Immobilienhochburgen mit rund 2,9 Mrd. Euro bzw. fast -80% historisch niedrig gewesen. Im Q4 hätten die Büroinvestitionen es mit nur rund 0,6 Mrd. Euro gerade bei 14% des Quartalsdurchschnitt der vergangenen sechs Jahre von circa 4,4 Milliarden Euro gelegen.

Insbesondere internationale Investoren hätten mit nur 10% Anteil sehr zurückhaltend agiert. Ihre Rückkehr könnte darunter leiden, dass die jüngsten Renditeanstiege in den deutschen Städten weniger stark ausfielen als in den meisten Nachbarländern. Das mache dortige Büroimmobilien für Investoren interessanter, so JLL. Es sei also durchaus möglich, dass die Renditen 2024 noch weiter steigen würden, wenngleich JLL einer Stabilisierung in der zweiten Jahreshälfte rechnet. Schließlich habe sich die wirtschaftliche Schwäche im Jahr 2023 auch auf das Vermietungsgeschehen ausgewirkt („Der Immobilienbrief“ berichtete).

JLL bilanziert, der Victor befindet sich aktuell auf dem Stand des Jahresbeginns 2017. „Fünf Jahre Wertzuwächse wurden in nur sieben Quartalen korrigiert.“ Allein die Wortwahl „korrigieren“ (berichtigen) macht für „Der Immobilienbrief“ schon deutlich, dass auch die Fachleute von JLL die aktuelle Entwicklung als Fehlerbeseitigung ansehen.