Geraten Offene Fonds wieder in Trouble

Medien steigern sich in Risiken

Probleme bei Offenen Immobilienfonds (OIF) wie im Gefolge der Finanzkrise oder auch als „Sturm im Wasserglas“ 2005 sind medienwirksam. Derzeit zeigt sich die Ratingagentur Scope kritisch und wird breit, insbesondere von der Immobilien Zeitung und Thomas Daily zitiert. Hinzu kommt, brandaktuell nimmt der österreichische offene Immobilienfonds LLB Semper Real Estate bis auf Weiteres keine Anteile mehr zurück, teilt die LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft mit. Das weckt auf den ersten Blick Erinnerungen an die für Anleger oft verlustreiche Schließung einer Reihe von OIF nach der Finanzkrise.

Allerdings haben sich Zeiten und Gesetze geändert. „Der Immobilienbrief“ bleibt daher verhältnismäßig locker, wie wir auch schon Ende Mai berichteten („Der Immobilienbrief“ Nr. 552 v. 26.5.23). Ein Blick in die Geschichte und die mögliche Vergleichbarkeit der Krisen macht dabei Sinn. In der Historie der OIF bis zur Marktkonsolidierung nach dem Zwischenhoch 2003 hatten sich die OIF, damals noch als Bankentöchter, nach dem Dogma „Es gibt keine Verluste bei Offenen Immobilienfonds“ mit Hilfe des laufenden Cashflow und „glättender Bewertung“ in beide Marktrichtungen immer auf der Sonnenseite gehalten. Damals war es auch noch üblich, dass OIF bei Immobilien, die sie gerade erste teuer zum Marktpreis gekauft hatten, mit „Einwertungsgewinnen“ die Kosten oder auch mehr sofort in die Wertentwicklung einrechneten.

Das verlief unauffällig bis zum Markteintritt von KanAm, die den Schlafmützenmarkt der OIF sportlich aufmischten. Gleichzeitig setzten sich die Fondsbewertungen deutlich von den Marktindizes ab. Ich habe Ihnen einmal eine Folie aus einem Vortrag, den ich im Mai 2005 auf einer Strategiesitzung der DIFA (heute Union Invest) hielt, beigelegt. Während der Bulwiengesa-Gewerbeindex sich von 100 auf Basis 12/1994 auf 78 Indexpunkte in 12/04 zurückentwickelte, hatten die OIF mehr Marktglück und zeigten durchaus Bewertungen über 150 Indexpunkte. Wir nannten das damals „DIFA-Gap“. In der Folge der damaligen Analysen von Stefan Loipfinger mit dem PLATOW- /„Der Immobilienbrief“-Team und aus heutiger Sicht völlig unsinnig, schloss zunächst der Grundbesitz Invest und kurz darauf Kan-Am US-Grundinvest aufgrund „außergewöhnlicher Umstände“ nach Investmentgesetz. Die DIFA mit OIF-Altmeister Jürgen Ehrlich arbeitete sich ganz ruhig aus der Äffäre. Das war alles monetär vergleichsweise harmlos. Die erstmalige Schließung eines OIF, und dann auch noch das Deutsche Bank Flagschiff, stellte aber eine Zäsur.

Schlimm wurde dann die Anlegerflucht in der Folge der Finanzkrise, die zu reihenweisen Aussetzungen der Anteilsrücknahmen führten, so dass auch Rentner nicht mehr an ihre Kapitalanlage kamen. Die waren ihnen von ihren Banken als gut verzinst und „täglich kündbar“ verkauft worden. Aber auch hier war der OIF nicht Auslöser der Krise, wie die Medien darstellten, sondern Opfer der Krise. Sie hatten allerdings in den prosperierenden Jahren des ersten Jahrtausend-Booms der internationalen Investoren den OIF als „Assetklasse“ positioniert. Hohe „Verzinsung“ bei gleichzeitig täglicher Rückgabemöglichkeit ließ große Tickets von Vermögensverwaltern und Institutionellen in OIF fließen. Während der Kleinanleger zunächst stabil blieb und erst durch die Schließungs-Presse mit den üblichen Rentnerbeispielen sensibilisiert wurde, brauchten Vermögensverwalter und institutionelle Anleger durch die Finanzkrisen-Reaktionen ihrer Anleger oder auch aus satzungsrechtlichen Gründen das Kapital schnell an anderer Stelle. Diese daraus resultierende Kündigungswelle war nicht mehr beherrschbar und führte in der Auflösung von Fonds teilweise auch zu herben Anlegerverlusten.

Das unterscheidet sich aber grundlegend von der heutigen Situation. Zunächst positiv: Das KAGB wurde mit Halte- und Kündigungsfristen, die schnelle Publikumsrückgaben sinnlos machen, geändert. Das institutionelle OIF-Geschäft droht heute nicht mehr mit Flucht. Die Fondsliquidität ist sehr sicher. Die Fremdkapitalquoten sind sehr niedrig. Die Bewertungen der BIIS-Fondsbewerter sind den Hype meist nicht voll mitgegangen. Die Vermietungssituation ist noch gut. Indexklauseln haben zu Cashflow-Verbesserung geführt. Gleichzeitig werden bereits seit einer Dekade die Fonds-Portfolios auf ESG und Lebenszyklen geprüft und angepasst. Vermindertes Mittelaufkommen führt auch erstmal zu Ruhe.

Wo da eine Schließungswelle herkommen soll, bleibt aus Sicht von „Der Immobilienbrief“ eher theoretischen Überlegungen überlassen. Natürlich ist ein Windhundrennen bei entsprechender Berichterstattung natürlich niemals zu 100% ausschließbar, wenn im Modell gleichzeitig alles zusammenkommt. Das grundsätzliche Fristentransformations-Problem ist beim Immobilienerwerb fast immer vorhanden. Im Privaten bestehen Anschlussfinanzierungsrisiken. Bei Fonds mit minimalem FK besteht immer das theoretische Risiko eines Runs. Hier müsste aber volkswirtschaftlich vieles zusammenkommen, dass auch die Bankenmütter hilflos werden. Da reicht eine Immobilien-Konsolidierung nicht.

Prof. Karl-Georg Loritz hat aber auf vorsorgliche Anfrage des „Der Immobilienbrief“-Teams schon im Februar darauf hingewiesen („Der Immobilienbrief“ Nr. 545, S.21), dass auch das neue KAGB zwar das Flucht-Problem um einige Jahre verschiebt, aber das Immobilienproblem bei dauerhaftem Wertverfall nicht löst. Im Mai wiesen wir Sie schon darauf hin: „Sicherlich müssen auch bei den Immobilienfonds einige Zahlen überarbeitet werden. Andererseits haben die eher konservativ bodenständigen Bewerter des Bundesverbandes der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS) den zuletzt progressiven Bewertungshype nur schleppend nachvollzogen. Gleichzeitig werden sie auch im Abschwung realistisch und ruhig bewerten und angelsächsische Überzeichnungen in kurzfristig illiquiden Märkten nicht mitmachen.“

Eine „normale“ Mittelzufluss-Beruhigung und auch ein Drehen ins Negative sollte die großen Fonds nicht beunruhigen. In der erfolgreichen 90er-OIF-Jahren war die Zinssituation auch nicht anders als heute. Der Diversifikationscharakter der Immobilie für kleine Leute ändert sich nicht. Und das aktuelle Beispiel der ersten Fondsschließung betrifft Österreich, das die KAGB-Änderungen nicht mitgemacht hat. Natürlich kann das aktuelle Bewertungszahlenwerk nicht spurlos an den OIF-Bewertungen vorbei gehen.

Den worst case rechnen wir Ihnen gleich noch einmal am TRIANON-Beispiel vor. Wir hatten das schon im letzten Editorial kurz skizziert. Wir haben noch etwas recherchiert und gerechnet. Demnach hat sich der Wert des Trianon von gut 600 Mio. Euro als Forward-Deal der ganz frühen 90er bei ca. 75% Inflation in über 30 Jahren auf heute wohl optimistische 300 Mio. Euro nominal halbiert. Dazwischen lag vor allem „Geldwechseln“. Aber die DEKA hat sich schon 2007 glücklich herausgezogen. Der Morgan Stanley Fonds P2 Value war da als Beispiel für sportliche Boom-Fonds bis zu seiner verlustreichen Auflösung sportlicher. „Man muss an den beiden Enden des Marktes kaufen – ganz teuer oder ganz billig“, meinte damals P2-Manager Walter Klug. Ganz teuer, ca. 3%, war das Trianon. Da dürften die OIF-Portfolien heute weit sauberer sein.

Im Fazit sieht „Der Immobilienbrief“ die Szene der klassischen und erfahrenen OIF nach wie vor als stabil. Das muss jetzt nicht heißen, dass wir eine heutige Neuanlage vor Alternativen-Hintergrund und sicherlich noch oft vorhanden Bewertungsaspekten pauschal empfehlen würden. Andererseits bringt eine heutige Rückgabe bei 2-jähriger Mindesthaltefrist, 12-monatiger Kündigung und Auszahlung zum dann gültigen, nicht zum Kurs des Kündigungszeitpunktes auch wenig. Die Schließungsgefahr wird sicherlich medial überinterpretiert.