VICTOR Prime Office zeigt mit minus 1,5% im zweiten Quartal 2022 zum ersten Mal seit dem Q3 2014 einen Wertrückgang gegenüber dem Vorquartal. Der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der fünf deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München notierte Ende Juni 2022 bei 230,6 Punkten. Damit büßt der Index die Wertzuwächse der vergangenen beiden Quartale wieder ein und liegt nur noch knapp über dem Stand von Q3 2021 (229,4 Punkte). Damit weist der Index der besten Büros an den besten Standorten mit den besten Mietverträgen sogar einen deutlich höheren Verlust aus als 2014 mit minus 0,1%. Auf 12-Monatssicht ist die Wertentwicklung noch positiv, liegt aber nur noch bei 1,5%. Die Entwicklung betraf alle 5 Bürohochburgen gleichermaßen. München übernimmt mit plus 3,3% den Spitzenplatz in der Rangfolge, gefolgt von der Frankfurter Bankenlage mit plus 1,3%. Berlin und Düsseldorf teilen sich den dritten Platz mit jeweils plus 1,1%, Hamburg bildet mit plus 0,3% das Schlusslicht. Aber auch hier gilt aus Sicht von „Der Immobilienbrief“, dass die Entwicklung des immobilienwirtschaftlichen Zahlenwerks zum einen den Stimmungsrückgang noch nicht spiegelt und die schwierige Gesamtgemengelage des Umfeldes in der nachlaufenden Immobilienwirtschaft noch nicht angekommen ist. Den Vermietungen des Q2 dürften regelmäßig längere Verhandlungen vorangegangen sein.
Der Performancerückgang sei den in allen Top-Lagen um 10 Basispunkte gestiegenen Spitzenrenditen geschuldet, kommentiert JLL Bewertungschef Ralf Kemper. Andere Quellen sprechen von 15 bis 20 Basispunkten. Das entspricht dann bei 3% Ankaufsrendite einem Verlust von ca. 1 bis 2 Jahresmieten im Multiplikator. Allerdings sei die Entwicklung nur aus laufenden Verkaufsprozessen abgeleitet. Das ließe sich noch nicht vollumfänglich an realisierten Transaktionen festmachen, relativiert Kemper. Das Transaktionsvolumen am Büroimmobilienmarkt erzielte im Q2 2022 mit lediglich 3,5 Mrd. Euro das niedrigste Quartalsergebnis der vergangenen 8 Jahre. Die Unsicherheit führe aktuell zu einer abwartenden Haltung. Im Q2 seien sowohl Deals zu den alten Top-Preisen wie auch preisangepasste Transaktionen mit höheren Renditen zu beobachten gewesen. Die „noch aktiven Investoren“ überdenken allerdings derzeit die aufgerufenen Preise. Nach „Der Immobilienbrief“-Erfahrungen scheint hier Prime Office dem Markt noch hinterherzulaufen.
Fremdfinanzierte Investoren dürften bei den noch aktuellen Preisen nicht mehr mitkommen. Einige Investmentprodukte würden derzeit von Verkäufern vom Markt genommen, berichtet auch Kemper. Ob das dem Optimismus einer Rückkehr der alten Preise geschuldet ist oder eher zur Vermeidung einer Bewertungskorrektur dient, ist für „Der Immobilienbrief“ offen. Wir haben schon oft darauf hingewiesen, dass nach Berücksichtigung von Kosten und Lebenszyklus die Preisfindung nur bei weiter steigenden Mieten und/oder Multiplikatoren funktioniert. Unverdrossen sagten bis vor wenigen Wochen die Makler den Topimmobilien eine weitere „Renditekompression“ nach. Denkste! Es kam, wie es kommen musste, und von „Der Immobilienbrief“ vorhergesagt war. Aber die Korrektur reicht nicht, um den Anforderungen der Immobilienmathematik gerecht zu werden.
Wenn jetzt zu dem fehlenden Glück positiver Zukunftserwartungen noch das Pech steigender Zinsen bzw. besser verzinster Alternativanlagen dazu kommt, müsste sich das deutlich stärker in der Wertänderungsrendite spiegeln. Und hier bestätigt Kemper, dass sich die Immobilienwirtschaft derzeit in einem Konglomerat aus Herausforderungen, wie wir es noch nie erlebt haben, befände. Bei Bestandsmieten hilft zwar bei der aktuell hohen Inflation die Indexierung, inwieweit sich die Inflation in der Anschluss-/Neuvermietung wiederfindet, dürfte allerdings weniger von der Maklerannahme einer automatischen Weitergabe gestiegener Kosten in die Mietforderungen, sondern eher von der Marktsituation im konjunkturellen Umfeld bei durchaus auskömmlichen Fertigstellungen abhängen.