Fonds-Check: Staats-Unternehmen mietet gewaltiges Objekt im Fonds von Hesse Newman

In Frankfurt ist die Bahn beliebt

  In Stuttgart hat die Bahn AG derzeit nicht nur Freunde. Der Protest gegen den neuen, unterirdischen Bahnhof lockt zigtausende auf die Straße. Doch die Bahn hat auch Anhänger. Als Mieter ist das bundeseigene Unternehmen hoch begehrt. Hannover Leasing hat einen Fonds mit der Bahn als Nutzer im Vertrieb, und auch Hesse Newman setzt auf die Attraktivität des staatlichen Mieters. Anleger beteiligen sich mit dem Fonds „Classic Value“ an einem Bürogebäude im Europaviertel Frankfurt.

45.600 Quadratmeter für 1.900 Mitarbeiter. Die Bahn nutzt das Fondsobjekt seit 17 Jahren.

45.600 Quadratmeter für 1.900 Mitarbeiter. Die Bahn nutzt das Fondsobjekt seit 17 Jahren.

 Objekt: Dieses Gebäude ist ein weithin sichtbarer Klotz. Das Hochhaus in der Mitte schraubt sich 17 Stockwerke in die Höhe, umrahmt von kleineren Gebäudeteilen. Die Büros und ein Casino verteilen sich auf 45.600 Quadratmetern, dazu kommen mehr als 200 Stellplätze, die meisten davon in der Tiefgarage. Baujahr des Gebäudes ist 1993. Seitdem hat es ununterbrochen die Deutsche Bahn genutzt. Rund 1.900 Mitarbeiter sind hier in der Verwaltung tätig. Hesse Newman hat 73 Millionen Euro und damit einen Vervielfältiger von 14,2 Jahresmieten gezahlt. Das ist kein Sonderangebot für ein 17 Jahre altes Gebäude. Allerdings liegt die Miete mit 9,05 Euro als Grundlage des Einkaufsfaktors weit unterhalb des Marktniveaus in dem Stadtviertel. Zu teuer sollte das Objekt daher dann doch nicht sein. Verkäuferin ist die Aurelis Asset GmbH, eine Bahn-Tochter und Managerin des Bahn-Immobilienportfolios.

 Lage: Rund um die Fondsimmobilie tut sich eine Menge. Sie befindet sich am Rande des Europaviertels in Frankfurt, nach der Hafencity in Hamburg die zweitgrößte innerstädtische Entwicklungsfläche. Auf dem ehemaligen Gelände für Güterverkehr und Rangieranlagen entstehen Wohnanlagen, Bürogebäude, Grünflächen, Hotels und ein Einkaufscentrum der ECE. Der Leerstand liegt mit 5,3 Prozent weit unterhalb der für Gesamt-Frankfurt derzeit gültigen knapp 14 Prozent. Die übliche Monatsmiete in diesem Viertel gibt Hesse Newman mit einer breiten Spanne zwischen zwölf Euro und 31,50 Euro pro Quadratmeter an.

 Markt: Mit knapp 12 Millionen Quadratmetern liegt die Bürostadt Frankfurt auf Platz vier der Top-Standorte in Deutschland. „Mainhattan“ hat vergleichsweise deutlich unter der Wirtschaftskrise gelitten, was der Abhängigkeit von der Banken- und Finanzbranche geschuldet ist. Außerdem schmerzt die hohe Gewerbesteuer. Sie hat zum Beispiel die Börse veranlasst, in Kürze ins benachbarte Eschborn umzuziehen. Die Durchschnittsmiete in Frankfurt ist nach einem Höhenflug in den 90er Jahren auf ein Niveau um 20 Euro pro Quadratmeter zurückgekehrt, die Spitzenmiete hält sich stabil bei 35 Euro.

 Mieter: An der dauerhaften Finanzkraft der Bahn dürfte ernsthaft niemand zweifeln. Aus diesem Grund ist das staatsnahe Unternehmen als Mieter so gefragt. Der Vertrag im Fondsobjekt läuft bis Ende 2020. Bei einer unterstellten Inflation von zwei Prozent steigt die Miete bis zum Ende der Laufzeit um knapp ein Drittel auf rund zwölf Euro. Ob die Bahn ihre fünfjährige Verlängerungsoption zum 1. Januar 2021 zieht, kann niemand seriös vorhersagen.

 Kalkulation: Die Gesamtinvestition summiert sich inklusive aller Nebenkosten auf rund 88 Millionen Euro. Die Anleger sind ab 20.000 Euro plus fünf Prozent Agio dabei und bringen insgesamt knapp 44 Millionen Euro auf. Der Rest wird über ein Darlehen finanziert. Bei einem Damnum in Höhe von fünf Prozent hat sich Hesse Newman über die Laufzeit von zehn Jahren einen Zinssatz von nominal 3,15 Prozent gesichert. Die Tilgung ist mit 1,15 Prozent pro anno vergleichsweise mager.

 Prognose: Sind alle Kosten beglichen, bleiben Fondszeichnern Ausschüttungen von 6,25 Prozent. Inklusive Verkaufserlös sollen sie innerhalb der Laufzeit von 14 Jahren ein Plus von rund 100 Prozent nach Steuern erzielen. Dabei geht Hesse Newman davon aus, dass die Immobilie zum Preis von 13,7 Jahresmieten einen Käufer findet. Für Revitalisierung und Instandhaltung legt der Fonds bis dahin 15,5 Millionen Euro zurück. Das ist mehr als das Doppelte der dann unterstellten Jahresmiete und viel im Vergleich zu anderen Immobilienfonds. Ein Green Building kann das Objekt allerdings auch mit diesen Reserven nicht werden. Darüber müssen sich alle Beteiligten im Klaren sein.

 Nebenkosten: An Dienstleistungsgebühren, Vergütungen und Provisionen fallen inklusive Agio rund 15 Prozent des Eigenkapitals an. Das sind rund acht Prozent der Gesamtinvestition. Übliche Werte.

 Steuern: Anleger erzielen Einkünfte aus Vergütungen und Verpachtungen, die sie versteuern müssen. Der Verkaufserlös nach zehn Jahren geht am Finanzamt vorbei.

 Anbieter: Hesse Newman ist ein relativ junges Emissionshaus, das sich auf Schiffe und Immobilien spezialisiert hat. Die Vorstandsmitglieder Marc Drießen und Marcus Simon haben vorher in Führungspositionen zum Beispiel bei Dr. Peters, HGA Capital und Lloyd Fonds gearbeitet.

 Meiner Meinung nach… Die Bahn ist pünktlich. Wenn auch nicht in jedem Bahnhof, so doch bei der Überweisung ihrer Miete. Zehn Jahre lang sollten die Anleger daher ruhig mitfahren. Was dann passiert, ist bei diesem Fonds ebenso unklar wie bei anderen Angeboten, die mit einem zahlungskräftigen Mieter werben. Immerhin: Die Objektmiete liegt deutlich unterhalb des Marktniveaus, so dass sich Interessenten finden lassen dürften. Die Rücklagen für die Revitalisierung sind großzügig. Die Lage wird aufgewertet, auch das spricht für das Hesse-Newman-Angebot. Aber mit 46.500 Quadratmetern ist das Gebäude natürlich eine stattliche Nachvermietungsaufgabe.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
Tel.: +49 (0) 221 – 97 58 97 75
E-Mail: redaktion@markusgotzi.de

Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.