Nachnutzung: Vom Warenhaus zum Shopping-Center

Axel Funke

Axel Funke

Die Insolvenz von Karstadt dürfte so manches Warenhaus freisetzen. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hatte bereits im April angekündigt, dass 11 Filialen aufgegeben werden sollen. Und auch wenn die von Kaufhof angestrebt Lösung einer Fusion zur Deutschen Warenhaus AG realisiert werden sollte, dürften 40 Warenhäuser auf den Markt kommen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wann Warenhäuser in Shopping-Center umgewandelt werden könnten?

Für Axel Funke, Geschäftsführer der Multi Development Germany GmbH in Duisburg (Foto), bilden innerstädtische Warenhäuser und Shopping-Center keineswegs den Gegensatz, der in der Öffentlichkeit immer gern beschworen wird. Am 4. Juli veranstaltete die Deutschland-Tochter des internationalen Shopping-Center-Entwicklers mit niederländischen Wurzeln deshalb demonstrativ einen „Solidaritätstag für und mit Karstadt im Forum Duisburg“, um den Warenhaus-Betreiber zu unterstützen.

Schon bei Eröffnung des „Forums Duisburg“, das u.a. auf der ehemaligen Karstadt-Fläche steht, hatte Funke im vergangenen September sein Bekenntnis für das Warenhaus als wichtigem Magnet-Betrieb innerstädtischer Shopping-Center abgegeben. In einigen seiner Shopping-Center setzt Multi auf die Verbindung zum Warenhaus. So wurde in Duisburg das Karstadt-Haus mit 15 000 qm wieder in das neue Center an der Königsstraße integriert.

Weitere Projekte mit Karstadt als Mieter sind bei Multi in Planung: „Auch in Berlin an der Steglitzer Schlossstrasse bildet ein Karstadt-Warenhaus den ersten Bauabschnitt unseres dort entstehenden Einkaufsquartiers Boulevard Berlin“, erläutert Funke. „In Berlin-Steglitz konnten wir nach einem Teilabbruch der Warenhaus-Immobilie den Rohbau erhalten und haben dann ein neues Haus für Karstadt geschaffen.“

Anders in Dresden: Hier baut Multi Development seine 52 000 qm große „Centrum Galerie“ (Foto) auf dem Gelände des ehemaligen Centrum-Warenhauses. Das zwischen 1973 und 1978 erbaute DDR-Waren-haus galt mit seinen Rolltreppen, der Klimaanlage und guten Arbeitsbedingungen bei der Eröffnung als attraktivstes Objekt in der DDR, wie es in einer Stadtchronik (das neue Dresden) heißt. Nach der Vereinigung wurde das Haus Bestandteil des Karstadt-Konzerns. Dass das Glanzlicht aus DDR-Zeiten – durchaus zum Verdruss vieler Zeitgenossen – 2007 abgerissen wurde, hat zwei Gründe. Zum einen städtebauliche: Das Warenhaus stand nicht in der historischen Straßenbreite der Top-Einkaufsmeile Prager Straße, die die Stadtverwaltung Dresden aber gern wiederhergestellt sehen wollte. „Durch den Zukauf von weiteren Grundstücken konnten wir die Gebäudelinie auf den Maßstab der historischen Prager Straße vorziehen“, erläutert Funke.

Zudem gab es statische Gründe: „Für einen Umbau zum Einkaufszentrum war das Gebäude nicht geeignet, da es nicht den heutigen Anforderungen an die Deckenlasten entspricht“, so der Multi-Development-Geschäftsführer weiter: „Für ein multifunktionales Gebäude, wie es die „Centrum Galerie“ ist, z.B. mit Dachparkplätzen und einem Kindergarten auf dem Dach, sind die Anforderungen an die Deckenlasten viel höher.“

Nach Fertigstellung der Centrum-Galerie im September 2009 wird Karstadt mit einem Sportkaufhaus einziehen in das Prestige-Projekt, das mit seiner modernen Architektur und seinem internationalen Einzelhandelsangebot nach Funkes Überzeugung die Prager Straße zu einem der besten deutschen Einkaufs-Boulevards aufwerten wird.

Auf die Frage, wie er die Umbaufähigkeit von Warenhäusern in Shopping-Center generell einschätzt und welche Voraussetzungen sie mitbringen müssen, stellt Funke fest: „Hier muss im Einzelfall entschieden werden. Wenn die Standorte gut sind, dann wird die Bausubstanz untersucht. Diese ist aber nicht immer geeignet.“ Wie eben auch das Centrum-Warenhaus in Dresden.

Genauso wie andere Entwickler ist auch Multi an weiteren guten Karstadt-Objekten interessiert, da im Zuge des Insolvenzverfahrens, das hatte Arcandor-Chef Karl Gerhard Eick bereits angekündigt, einige Standorte aufgegeben werden. Doch bevor er genaue Größenordnungen nennt, möchte Funke abwarten, wie sich das Insolvenzverfahren weiter entwickelt. Das wird spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anfang September klar sein.

Auch die Essener mfi AG hat nach Angaben eines Unternehmenssprechers die rund 90 Karstadt-Standorte untersucht und sieht bei insgesamt 20 Objekten grundsätzlich die Chance, sie zum Shopping-Center zu entwickeln. Untersuchungskriterien sind nach seinen Angaben die Einzelhandelssituation des Standorts, d.h. im Umfeld muss eine gute Kaufkraft vorhanden sein. Zudem wurde die Frage geprüft, ob an dem jeweiligen Standort oder in der Stadt ein Shopping-Center benötigt wird.

Weitere Voraussetzungen sind für mfi eine zentrale Lage mit guter Verkehrsanbindung und der Möglichkeit, im direkten Umfeld weitere Grundstücke zu kaufen. Denn die Karstadt-Warenhäuser sind zwar in der Regel sehr groß, doch verteilt sich die Fläche auf 4 – 5 Etagen, Shopping-Center laufen meist nur im Unter-, Erd- und 1. Obergeschoss. Erfahrung hat die mfi mit den Wilmersdorfer Arcaden (Foto links) in Berlin gesammelt, einem ehemaligen Kaufhof-Warenhaus, das entkernt und in das neue Center integriert wurde.

Langjährige Erfahrung mit direkt zum Shopping-Center umgebauten Warenhäusern, die unter der Bezeichnung „City Points“ laufen, hat die Hamburger ECE bei einer Handvoll Objekten gesammelt. Baulich gut geeignet sind per se Warenhäuser, die einen Lichthof haben: Grundvoraussetzung ist laut Olaf Ley aus dem Bereich Objektentwicklung bei ECE, jedoch, dass für die oberen Stockwerke ein starker Mieter gewonnen werden kann: „Wenn man den nicht hat, dann ist das Konzept hinfällig.“ So läuft der ECE-City Point in Kassel (Foto: rechts) „exzellent“, weil hier Saturn in die oberen Stockwerke eingezogen ist. Ley: „Der zieht die Frequenz über alle Ebenen.“ Allerdings ist auch die Grundfrequenz in Kassel schon sehr gut. Zudem hat das Haus den Vorteil, dass sich auf mehreren Etagen z.B. im 1. Obergeschoss, auch Zugänge befinden.

Problematisch sind laut Ley vor allem die Warenhäuser aus den 1970er-Jahren, weil die Decken zu niedrig sind. Um die notwendige Technik unter zu bringen, muss die Deckenhöhe im Shopping-Center bei 5 m liegen. Diese Voraussetzung ist bei den älteren Warenhäusern eher erfüllt. Ein Problem bilden zudem die Stützpfeiler in solchen Warenhäusern, die mehrfach erweitert wurden – also nicht aus einem Guss sind. Hier findet man laut Ley oft unterschiedliche Stützenstellungen, die den Umbau erschweren

Unproblematisch ist es dagegen, Wände für die einzelnen Shops einzuziehen, weiß der ECE-Manager. Dafür seien die Deckenlasten ausgelegt. Im Shopping-Center am Limbecker Platz in Essen auf altem Karstadt-Gelände hat ECE allerdings die Warenhaus-Filiale – wie Multi bei der Centrum Galerie in Dresden – neu errichtet und integriert.

Multi Development Germany hat einschließlich der auf altem Karstadt-Gelände errichteten Objekte in Deutschland bis dato 7 Shopping-Center errichtet. Die Centrum Galerie und der Boulevard Berlin sind noch im Bau. „Darüber hinaus haben wir natürlich diverse Projekte in Planung wie die Arneken Galerie in Hildesheim oder die Königsgalerie in Duisburg“, listet Funke auf.

Um sich im Markt einzuordnen und gegen die Konkurrenz abzugrenzen, verweist er darauf, dass sich „Multi in seinem Selbstverständnis eben nicht als „Erbauer von Shopping-Centern“, sondern vielmehr als „Entwickler von Stadtquartieren“ sieht, die mit vorhandenen Wegestrukturen vernetzt sind und die lokalen Begebenheiten aufgreifen sowie erhaltungswürdigen Bestandsbau integrieren“.

Damit eine Innenstadt lebendig bleibe, benötig sie Handel genauso wie Gastronomie, Wohnraum, Freizeitmöglichkeiten und öffentlichen Raum für Bewegung und Kommunikation, ist Funke überzeugt. Die einzelnen Multi-Projekte werden vom hausinternen Architekturbüro T+T Design nach dem „Design & Development“-Ansatz individuell entworfen. „Das Ergebnis sind offene, vielfältige Projekte, die als Stadtteil und Stadterweiterung wahrgenommen, akzeptiert und gelebt werden“, so  Funke selbstbewusst. Die Center sollten die Innenstadt nicht ersetzen, sondern ergänzen und stärken.

Auf die Frage nach den Auswirkungen der aktuellen Krise auf den Shopping-Center-Markt stellt er fest: „Die Zeit hat sicher besondere Herausforderungen, da wir aber in diesem Jahr alle geplanten Projekte in Bau nehmen bzw. eröffnen, sind wir mit 2009 sehr zufrieden“.