Offene Immobilienfonds: Ein Plädoyer gegen die Publikums(presse)stimmung:

Offene Immobilienfonds – nie waren sie wertvoller als heute

Zwei Fragen betreffen derzeit die Zukunft der Offenen Immobilienfonds. Zum einen ist offen, wie sich die Abverkaufsnotwendigkeiten mancher Fonds auf die Märkte auswirken.
Zum anderen geht es um die Zukunft des Modells „Offener Immobilienfonds“. Vorab: Beides sehen wir weit lockerer als die Kollegen der Szene. Schon aktuell nimmt der Markt die meist guten Fondsimmobilien reibungslos auf (siehe auch unten). Der Offene Immobilienfonds bleibt die einzige Möglichkeit, ohne die Volatilität der Börse in ein professionell gemanagtes und gestreutes Immobilienportfolio zu investieren ohne eigenes Management Know how aufbauen zu müssen.

Dennoch macht sich in der Presse bezüglich der Offenen Immobilienfonds Endzeitstimmung breit. Gleiche Denkstrukturen und Informationsquellen sind die Ursache für gleichgerichtete Befürchtungen. Aber auch Insider rätseln im Backgroundgespräch, was passiert, wenn nächstes Jahr weitere Fonds liquidiert werden müssen? Zugegebenermaßen häufen sich jetzt die schlechten Nachrichten. Erwartungsgemäß liquidiert auch Morgan Stanley seinen offenen Immobilienfonds MS P2 Value. Wir hatten Sie darauf vorbereitet.

Die Pressearbeit der Offenen Immobilienfonds, die Bewertungsprobleme und Meinungen von Politik und Öffentlichkeit bis zum bitteren Überraschungsschlag der Abwertungen und der Regulierungsentwürfe ablaufen ließ, rächt sich jetzt. Noch nicht einmal die letzten Wochen, in denen die Liquidationsnotwendigkeiten klar waren und Aufklärung notwendig war, wurden genutzt. Jetzt ist von Liquiditätsproblemen, die in der Öffentlichkeit mit Pleite gleichgesetzt werden, und herben Anlegerverlusten durch „Notverkaufs“-Szenarien die Rede.

Dabei war das Modell der Offenen Immobilienfonds (OIF) nie sinnvoller als heute. Abnehmende Halbwertzeiten der Immobilienlebensdauer machen die kontinuierliche aktive Beschäftigung mit der Immobilie und auch zwischenzeitliche Investitionen notwendig. Die Zeit, in der automatisch steigende Immobilienwerte Aussitzen ermöglichten und Fehler mit der Zeit sanktionierten, ist vorbei.

Damit vollzieht sich ein Paradigmenwechsel der Kapitalanlage, der seit 1994 begann und durch die Internet-Blase beschleunigt wurde. Seit etwa 2003 weisen wir auf den geänderten Rahmen hin. Heute ist er auch für Optimisten nicht mehr negierbar.

Unterstellt man einmal, dass die Immobilie notwendiger Bestandteil privater und institutioneller Kapitalanlage bleibt, bleiben neben der Projektentwicklung für Markt-Optimisten nur wenig Möglichkeiten, mit der Immobilie noch Geld zu verdienen. Die Restrukturierung von abgewirtschafteten Immobilien ist ein Profigeschäft mit breitem Chance-/Risikoraster. Weitere Chancen birgt das Zyklenreiten im hoch geleveragten Immobilienhandel oder die Strategie der renommierten Investmentbanken, über extremes Leverage mit Non Recourse-Finanzierungen in den „Glücksphasen“ zweistellige Renditen für sich und die Anleger zu erzielen und in Abschwungphasen die Anleger mit annäherndem Totalverlust zu konfrontieren und darüber hinausgehende Risiken im Bankensystem und damit in der Volkswirtschaft zu sozialisieren.

Das ist alles nichts für die private Altersvorsorge bzw. institutioneller Altersvorsorgeeinrichtungen oder Family Offices unterhalb eines dreistelligen Anlagevolumens p.a.. Damit bleiben für den Privaten und auch für viele Institutionelle neben Investments in langfristige „Mietverträge mit Wetterschutz“ über geschlossene Fonds und die mehr oder minder vage Hoffnung, dass in 10 oder 15 Jahren eine auskömmliche Anschlussvermietung gefunden wird, nur Direkt-Investitionen in Wohnen, der Kauf von Immobilienaktien mit hoher Volatilität oder eben die Beteiligung an einem Offenen Immobilienfonds.

„Der Immobilienbrief“-Fazit: Natürlich stehen Offene Immobilienfonds an einem Wendepunkt. Aber mit spezifischer, Anlegergruppen orientierter Anlagepolitik ermöglicht der eigenkapitalfinanzierte Offene Immobilienfonds als einziges Vehikel die langfristig orientierte Immobilienkapitalanlage ohne eigenes Know how für den Privatanleger und ohne die Volatilität der Börse und ihre Abhängigkeit von immobilienfremden Einflüssen. Auch der institutionelle Anleger kann sich auf die Auswahl des Asset Managers beschränken, ohne eigene Managementkapazitäten aufbauen zu müssen, die möglicherweise weder verfügbar sind, noch durch das Mengengerüst zu rechtfertigen sind.

Allerdings wird es immer wichtiger, dass nicht nur die Immobilien professionell gekauft und gemanagt werden, sondern auch, dass die Anleger zueinander passen. Die reine Trennung in privat und institutionell reicht da nicht. Der Offene Immobilienfonds kann professionelles Asset Management sicherstellen und die Volatilität gering halten. Allerdings muss zukünftig auch dem Anleger darüber reiner Wein eingeschenkt werden, dass auch der Offene Immobilienfonds nicht gegen den Markt schwimmen kann, sondern im Rahmen klassischer Anlagekriterien ein sinnvolles Vehikel für die Immobilienanlage ist.

Zudem ist klar geworden, dass sich Börsenmodelle nach Schweizer Vorbild oder auch Zweitmarkt-Börsenspekulation nicht mit festen Rückgaberegelungen verträgt. Festgelegte Rückgabezeitpunkte fordern geradezu heraus, auf das Verhalten der Bewerter zu wetten. Das könnte dann eine neue Variante bekannter Wettsysteme für Pferde-, Fußball oder Hundewetten werden. Spekulationsmöglichkeiten machen eine Politik des ruhigen Managements unmöglich.

Zwar besteht bei traditioneller täglicher Rückgabe trotz langfristiger Immobilieninvestitionen ein Fristenkongruenzproblem, aber das spielt bei privaten Anlegern ebenso wenig eine faktische Rolle wie bei institutionellen Anlegern, die eine langfristige Immobilienanlage suchen. Zudem lässt sich das regeln bzw. wird durch neue Regulierung sowieso geregelt. In der Vergangenheit hat sich das expansionsorientierte Management der Branche aber durch Plattformgeschäft, Dachfonds und kurzfristig denkende, institutionelle „Liquiditätsparker“ Kuckuckseier ins Netz geholt. Das dürfte zukünftig beherrschbar sein.