Ist das Ruhrgebiet ein Investitionspuffer?

MEET@RUHR – Ruhrgebiet im Immobilienfokus

Die traditionelle Ruhrgebiets-Immobilienkonferenz, die Dirk Leutbecher, STONY Real Estate Capital, organisiert, fand diesmal in neuem Rahmen in dem Neubau der EBZ Bochum statt, die mit Hightech und Vorlesungssälen den 350 Ruhrgebietsspezialisten Platz für Foren und Gespräche bot. Traditionell standen Foren und Gespräche im Vordergrund. Letztlich dominierten Optimismus und Operationalismus. Viele Schrauben gilt es zu drehen. Die zentrale, wenn auch für die meisten Ruhrgebietsmatadore unverständliche Frage nach der Gefahr, dass sich das Ruhrgebiet als „Investitionspuffer“ herausstellen könnte, wurde nur kurz in der Gesprächsrunde mit „Der Immobilienbrief“-Herausgeber Werner Rohmert gestreift.

Nach einer langen Zeit immer neuer „Bestmarken“ vom Immobilienmarkt, steht die Branche derzeit in schwerer See, wenn nicht bereits am Beginn eines Hurrikans, resümiert Dirk Leutbecher, STONY Real Estate Capital. Doch auch das war ein Resümee der zwei Tage in Bochum: „Bange machen gilt nicht“ und „Den Kopf in den Sand stecken“ auch nicht. Wer dachte, dass Staatssekretäre nur „Politsprech“ können, kennt Daniel Sieveke nicht! Erfrischend offen war seine Analyse der derzeitigen Situation auf dem Immobilienmarkt, so Leutbecher. Inklusive einiger Ideen, wie Problemstellungen tatsächlich angegangen werden können.

EBZ-Vorstand Klaus Leuchtmann brachte die „Statistik der MEET@RUHR“ mit. „Die Arbeitsproduktivität lag im Baugewerbe 2021 um 4,2% unter dem Niveau von 1991“! Richtig gelesen, wir sprechen von MINUS 4,2%. Das muss sich dringend ändern. Die Frage ist nur, wer im Angesicht der Krise den Mut hat zu investieren, anstatt wie in den letzten Jahren nur wieder weiter abzuwarten, fragt Leutbecher

Im Gespräch zwischen Leutbecher und „Immobilienbrief Ruhr“-Herausgeber Werner Rohmert wurde das Themenspektrum erweitert. Das Zusammenspiel zwischen der originären Ruhrgebietssituation als Konjunktur-/Investitionspuffer machte die Zuhörer nachdenklich. Die Foren hatten zuvor eher auf operative Maßnahmen zur Verbesserung der Situation gesetzt. Rohmert präsentierte plakativ die Zinsentwicklung der letzten Dekaden in Zusammenhang mit der Immobilienmarktentwicklung. Zur aktuellen Situation, die von jüngeren Marktteilnehmern noch in die Kategorie Zyklik geschoben wird, verwies Rohmert wie schon oft in „Der Immobilienbrief“ geschildert, auf die 6 unaufhaltbaren Wellen, mit denen die Immobilienwirtschaft konfrontiert ist, von denen lediglich unklar ist, ob sie nacheinander beherrschbar ablaufen oder sich zu einem Kaventsmann türmen. Nach wie vor versteht die Branche aus Sicht von Rohmert nicht die Einzigartigkeit der Zinssituation der letzten Jahre, die es in 5000 Jahren Zivilisationsgeschichte nicht gab. In Bezug auf das Ruhrgebiet sah Rohmert die Gefahr, dass sich die Region als „Investitionspuffer“ herausstellt. Vor 15 Jahren war das Ruhrgebiet auf keiner Investitionskarte präsent. Erst als woanders nichts Rechenbares mehr gab, gingen die Investoren ins Ruhrgebiet. Nullzinsen und so getriebene Preise holten regionale Investoren ins Boot. Es besteht die Gefahr, dass jetzt bei Situationsumkehr institutionelle Investoren wieder lange woanders investieren und regionale Ideen an den Zinsen scheitern.

Rohmert unterscheidet zwischen Zyklik und von dem, was unrevidierbar bleibt (vgl.: „Der Immobilienbrief“ Nr. 555). 1. Konjunktur ist zyklisch aber lästig. 2. Finanzmathematik bedeutet eine Bewertungstormation ohne Rückkehr. Sie betrifft alle Immobilien Assetklassen. 3. Der Klima-Wertberichtigungen treffen 60 bis 80% des Bestandes. Klimaregulierung wird die Freiheit der Investoren beschneiden und derzeit nicht rechenbare Investitionsherausforderungen beinhalten. Das ist eine nicht revidierbare Niveautransformation der Bewertungen. 4. Homeoffice ist seit Corona aus der Nische. Seit 25 Jahren absehbare gesellschaftliche Veränderungen der Arbeit treffen so sicher wie das Amen in der Kirche die Nachfrage, die damit eine Bewertungs-Niveautransformation einleiten wird. 5. Deutschland verschlechtert sich in relativer Wettbewerbsfähigkeit. Die vielen schädlichen „D‘s“ hat Rohmert schon mehrfach vorgestellt: Demographie, Deglobalisierung, Dekarbonisierung bzw. Demobilisierung mit zwangsläufiger Deindustrialsierung, Digitalisierung, Deflations-Irrtum, Demontage der Infrastruktur, Defense mit Verteidigungssonderschulden, Defizite der Staaten oder Destabilisierung der Strukturen durch Künstliche Intelligenz u.v.m.. Das wäre nur durch eine neue AGENDA 2024 revidierbar. Wer soll die machen? 6. Die Wirkungen künstlicher Intelligenz sind noch nicht absehbar. Einen Nachfragedruck für Büros lässt nicht ableiten. Optimistisch weist Rohmert aber noch einmal darauf hin, dass das kein Abgesang sei. Deutschland ist reich und bleibe noch lange reich. Außerdem seien wir „Deutsche“. Wenn es eng wird, setzen wir uns wieder in Bewegung.

Dank Andreas Schulten kennt die Branche jetzt den Hintergrund des Stockholm-Bau-Syndroms, ergänzt Leutbecher in seiner Zusammenfassung. Die Immobilienkrise in Schweden in den 90er Jahren, konnte auch damals schon nicht mit einem Mietendeckel verhindert bzw. bekämpft werden. Leutbecher empfiehlt den gar nicht trockenen Geschichtsvergleich allen Verantwortlichen in der Politik als Pflichtlektüre.

Neue Immobilienköpfe der Metropole Ruhr sind GEBAG-Prokuristin Sandra Altmann  und Greyfield-Gründer Timm Sassen. Mit ihnen wurden zwei Personen ausgezeichnet, die sicherlich auch in Zukunft noch weiter die Immobilien im Ruhrgebiet „bewegen“ werden, blickt Leutbecher in die Zukunft. Michael Schmidt-Russnak, Deutsche Pfandbriefbank AG hielt die Laudationen.