Fonds-Check: Wie ein Relikt aus besseren Zeiten

HTB vertreibt Zweitmarktfonds ohne aktuellen Prospektnachtrag

Der Prospekt zum „HTB Zweite Hanseatische Immobilienfonds“ liest sich wie ein Relikt aus besseren Zeiten. „Der Immobilienmarkt in Deutschland profitiert von der anhaltend positiven Wirtschaftsentwicklung“, heißt es dort. Und: „Die Leerstände bei Büros sind rückläufig.“ Wir wissen, diese Zeiten sind vorbei. Darüber ist sich auch HTB-Geschäftsführer Lars Clasen im Klaren. Doch zu einem Prospektnachtrag kann er sich noch nicht durchringen. „Wir diskutieren darüber, ob der Fonds zum Jahresende geschlossen wird, oder ob wir ihn weiter im Vertrieb lassen“, so Clasen. Seit Ende 2008 hat er gerade einmal drei Millionen Euro zum Kauf von Zweitmarktanteilen an Immobilienfonds eingesammelt. Geplant waren mindestens zehn Millionen.

 

Objekte: Rund die Hälfte des Eigenkapitals hat HTB bereits investiert. Clasen nennt 15 verschiedene Zielfonds, die der Dachfonds zu Durchschnittskursen von 45 Prozent erworben hat. Das ist zehn Prozent günstiger als beim Vorgänger, der insgesamt 16 Millionen Euro in 69 verschiedene Fonds mit Objekten an mehr als 100 Standorten gekauft hat. In seiner Auswahl ist HTB weitgehend frei. Im Vordergrund stehen jedoch Anteile an Bürogebäuden, die noch langfristig vermietet sind.

 

Konzept: „Auch mit nur drei Millionen Euro Eigenkapital gelingt es uns, eine ausreichende Risikostreuung zu gewährleisten“, meint Clasen. Doch obwohl die Zeit für den Einkauf gebrauchter Anteile besser sei als vor einem oder zwei Jahren, kommt der Fonds beim Vertrieb offenbar nicht an. Immerhin ist er seit rund einem Jahr in der Platzierung. Die Anteile sollen bis zum Ablauf der jeweiligen Laufzeit im Portfolio bleiben. Ein Handel der Fonds ist nicht geplant. So will HTB auch das Problem des gewerblichen Grundstückshandels mit seinen steuerlichen Nachteilen vermeiden.

 

Kalkulation: Als reiner Eigenkapitalfonds konzipiert, rechnet Initiator HTB mit einer durchschnittlichen, jährlichen Vermögensvermehrung von sieben Prozent. Nach Steuern sollen den Anlegern jährlich 5,5 Prozent bleiben. Ebenfalls nach Steuern stellt HTB den Zeichnern über die kalkulierte Laufzeit bis Ende 2023 ein Plus von rund 80 Prozent in Aussicht. Bei einem Ankaufskurs von weniger als 50 Prozent und lang laufenden Mietverträgen ist das nicht unwahrscheinlich. Entscheidend ist aber auch bei diesem Angebot, wie die Zielfonds die Zinsen für eine Anschlussfinanzierung verhandeln, ob die Mieten steigen wie prognostiziert, und ob sie die Immobilien verkaufen können wie geplant. Haben Anleger des HTB-Fonds ihren Einsatz zurück bekommen, behält der Initiator 20 Prozent eventueller, weiterer Überschüsse für sich.

 

Weiche Kosten: Sie sind abhängig von der Höhe des eingesammelten Eigenkapitals und nicht fix, betont Clasen. Dennoch ist das Angebot für einen als Blind-Pool konzipierten Zweitmarktfonds nicht gerade ein Schnäppchen. Die Kosten summieren sich auf mehr als 18 Prozent. Alleine für den Vertrieb sind im Schnitt knapp zwölf Prozent inklusive Agio vorgesehen. Das ist viel.

 

Anbieter: Seit 2003 ist HTB auf Zweitmarktfonds spezialisiert, vor allem auf Modelle mit Schiffsbeteiligungen. Insgesamt hat das Emissionshaus Fonds mit einem Nominalkapital von 112 Millionen Euro gekauft. Der erste Immobilienfonds hat 16 Millionen Euro investiert.

 

Steuern: Zeichner erzielen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

 

Meiner Meinung nach… Der Prospekt ist nicht mehr viel wert, aber daraus macht der Initiator auch kein Geheimnis. Zu deutlich weichen die aktuellen Entwicklungen auf den Immobilienmärkten von der Darstellung in den Verkaufsunterlagen ab. Ist dafür ein Prospektnachtrag nötig? Mit allem Aufwand und allen Kosten, die damit verbunden sind? Wohl niemand, der mindestens 20.000 Euro in diesen Fonds anlegt, wird die Immobilien- und Finanzkrise verschlafen haben. Das Problem scheint ein anderes zu sein. Blind-Pools dieser Art kommen bei Vertrieb und Anleger nicht an – auch wenn der Fonds inzwischen bereits zur Hälfte investiert ist.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.